KEVIN PEEK - Awakening (Ariola Records VPL 6557, 1981)
Der australische Gitarrist Kevin Peek war sowohl von der Rockmusik, als auch von der klassischen Musik beeinflusst. Beide Musikstile, so unterschiedlich sie auch sein mögen, spielte der Gitarrist im Laufe seiner Karriere entweder strikt, oder aber auch in Verschmelzung miteinander. Am besten bekannt ist er wohl noch heute für seine Arbeit als Gitarrist der Progressive Rock-Band Sky.
Peek erfuhr eine streng klassische Ausbildung, erlernte Rhythmik und klassische Perkussion am renommierten Adelaide Conservatorium of Music, bevor er sich der Ausbildung und dem Studium der akustischen (und später der elektrischen) Gitarre widmete. Ab 1967 geriet auch Kevin Peek in den Sog des psychedelischen Pop und Rock, nutzte eine Chance, nach England zu ziehen, um unter anderem mit James Taylor zusammenzuarbeiten, der mit seiner Band The Flying Machine dem Trend folgte und den britischen Beat psychedelisieren wollte. Da daraus jedoch nichts Konkretes erwuchs, kehrte Peek schon im Mai 1968 wieder nach Adelaide in Australien zurück, wo er die Rockband Quatro gründete, mit der er allerdings trotz eines Plattenvertrages mit Decca Records künstlerisch erfolglos blieb.
Dies sollte sich jedoch nach und nach ändern, als Kevin Peek erneut nach London zog, diesmal zusammen mit seinen musikalischen Freunden, dem Gitarristen Terry Britten, dem Bassisten Alan Tarney und dem Schlagzeuger Trevor Spencer. Sie arbeiteten vorderhand mehrheitlich als gebuchte und gut bezahlte Sessions- und Studiomusiker und ihre Arbeit umfasste auch Engagements etwa für die Top-Stars The New Seekers, Cliff Richard oder auch Mary Hopkin, die alle in England äusserst erfolgreich musizierten. Peek, der nicht nur mit seinen Freunden zusammen Engagements in denselben Backing Formationen oder für dieselben Solokünstler agierte, arbeitete auch mit Manfred Mann, Lulu, Tom Jones, Jeff Wayne (Krieg der Welten) und Shirley Bassey. Zu dem Zeitpunkt hatte er auch schon damit begonnen, Songs zu komponieren und diese anderen Musikern und Bands zur Interpretation zu überlassen, was in Ermangelung eines eigenen Plattenvertrages durchaus Sinn machte. So wurden die aus seiner Feder stammenden Lieder trotzdem bekannt und zog weitere Interessenten an, für die er bald darauf Stücke schreiben konnte.
Im Jahre 1979 trat er dem klassischen Progressive Rock Quintett Sky bei. Während seiner langjährigen Partnerschaft mit dem klassischen Gitarristen John Williams, dem Keyboarder Francis Monkman, dem Bassisten Herbie Flowers und dem Schlagzeuger Tristan Fry, spielte Peek auf insgesamt sieben Studio-Alben der Band mit, bevor er diese Gruppe 1985 verliess. Als Solokünstler begann er nun, seine eigene Musik zu machen und schaffte es, auf vier verschiedenen Labels vier Platten zu veröffentlichen, von denen er zwei unter seinem eigenen Namen veröffentlichte ("Guitar Junction" 1978 und "A Touch Of Class" 1980). Je eine LP veröffentlichte er zusammen mit dem Jazz Pianisten Steve Gray ("Country Folk" 1979), sowie mit dem amerikanischen Gitarristen Buddy Merrill ("Guitare Guitare" 1980), bevor er 1981 ziemlich überraschend ein weiteres Album präsentierte, das den Geist der aufkeimenden New Wave in sich trug. Der inzwischen gern gebuchte und vielbeschäftigte Sessionmusiker wurde neben seiner eigenen Arbeit nunmehr auch von solch illustren Musikern wie Olivia Newton-John, Kiki Dee, Sally Oldfield, dem Alan Parsons Project und dem London Symphony Orchestra (in Zusammenarbeit mit Francis Monkman und dessen Symphonik Rock Projekten) aufgeboten. Auch die Namen von Leo Sayer oder Tom Jones standen auf Peek's musikalischem Kalender und nebenbei scharte Peek drei hervorragende Musiker um sich, um mit ihnen gemeinsam sein Album "Awakening" einzuspielen. Mit von der Partie waren der grossartige Ron Aspery am Saxophon (er spielte bei der Gruppe Backdoor mit), der Keyboarder Nick Glennie-Smith, den Peek von der Gruppe Wally kannte und der später mit dem Pink Floyd Musiker Roger Waters in dessen Bleeding Heart Band zusammenarbeitete, sowie der Sänger David Reilly, der das Album auch produzierte.
Das Album reiht Höhepunkt an Höhepunkt und wirkt als Ganzes einmalig schön und berauschend. Das romantische Pastorale "City On The Water" präsentiert den Maestro ausdrucksstark und präzise: die glatten Linien, die Tiefe der Phrasierung, der verträumte Gesang und die wunderbar fluffige Gitarre bieten einmaligen Hörgenuss. Das Stück "Sidewinder" könnte durchaus als Werk der Gattung Fusion in Betracht gezogen werden, wenn nicht über dem ganzen Stück dieser seidenweiche Pop-Appeal wie ein erfrischender Sommermorgen schwebt. Herrlich verspielt auch die klassikinspirierte Etüde "Spanish Blues", sowie das recht kommerziell arrangierte Pop Rock Stück "Manitou", das dem Album eine zusätzliche stilistische Richtung gibt. Das leicht introvertierte, ruhige und elegante akustische Stück "Sailplane" mit seinem neoklassizistischen Arpeggio, trägt den Zuhörer schwerelos davon und beschliesst diese wunderbare erste Seite der Platte.
Die zweite Seite des Albums bildet eine einzige und einzigartige in sich geschlossene Suite mit dem Titel "Starship Suite", bestehend aus vier Teilen, von denen der erste mit dem Untertitel "Faster Than Light" als anspruchsvoller Art-Rock geschickt phantasievolles Gitarrenspiel mit dezenter Synthesizer-Elektronik kombiniert. Das Zwischenspiel "Infinite Dreams" überzeugt mit seine zarten Gitarrentupfern, während der dritte Teil "Arrival" wiederum viel Fläche für an die Band Sky erinnernde Synthesizer-Klänge bietet, zu welchen Kevin Peek eine extravagante Gitarre beisteuert. Das finale kurze "For Those We Left Behind" verkörpert ein perfektes Beispiel für eine stimmige Traum-Elegie, die den Zuhörer sanft und vorsichtig wieder von seiner akustischen Wolke hinuntergleiten lässt. Hätte der britische Folkmusiker John Martyn Anfang der 80er Jahre vielleicht mit ein bisschen weniger Elektronik experimentiert, wäre er dem Sound von Kevin Peek schon ziemlich nahe gekommen. Was die Platte "Awakening" sicherlich auch ausmacht, ist der dezent vorhandene Klassik-Approach, der natürlich der klassischen Ausbildung Peek's geschuldet ist. Insgesamt ist das ein wunderbares akustisches Dokument eines grossen Talents, das zwar grosses Ohrenkino bietet, jedoch ohne übertriebenes Pathos und irgendwelchen Ansprüchen an ein vermeintliches Genie auskommt.
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