HANDS - Hands (Shroom Productions SP-96001, 1996 - Originalaufnahmen von 1977)
Die Gruppe Hands war eine kurzlebige symphonische Progressiv Rock Band aus Texas, dessen Sound jenem von Gentle Giant, Jethro Tull und Happy The Man ähnelte, auch kann man ihren Sound mit den frühen Werken von Kansas durchaus vergleichen. Zusätzlich noch etwas lockere Camel-Sounds plus das symphonische Verständnis besonders der italienischen Symphonic Rock Bands der 70er Jahre und fertig ist die interessante und anspruchsvolle Mélange. Die Hands waren eigentlich ein Ableger des obskuren und eher wenig bekannten Projektes Prisma, einer Fusion-Band, die ebenfalls zu den leider nur wenig bekannten Geheimtipps aus den 70er Jahren zählt. Die Formation Hands arrangierte ihre Songs mit einer Vielzahl von typischen Orchesterinstrumenten, einschliesslich verschiedenen Streichern und Holzbläsern, und ihre Songs wurden von langen Instrumentalpassagen dominiert, erhielten einen speziellen Charakter durch die relativ spaceartig inszenierten Gesänge. Live erinnerte die Band dann allerdings bisweilen auch an Johnny Winter oder die Allman Brothers, denn auf der Bühne deckten sie ein noch weitaus grösseres musikalisches Feld ab, indem sie etwa auch Southern Rock-Elemente und etliche Bluesversatzstücke zum besten gab. Auch live jedoch liessen sie sich am ehesten mit den frühen Kansas vergleichen. Wie viele andere progressive amerikanische Bands der ausgehenden 70er Jahre tourten auch Hands ausgiebig und schafften es, auf einem kleinen Independent Plattenlabel ein wundervolles und abwechslungsreiches, professionell eingespieltes Album mit exquisiten Studioaufnahmen zu veröffentlichen, das aber leider nicht viel Aufmerksamkeit erhielt und praktisch sang- und klanglos in der Fülle der Veröffentlichungen unterging. Die Gruppe löste sich in der Folge, still und unbemerkt auf, als das Jahrzehnt zu Ende ging.
Erst fast 20 Jahre später veröffentlichte das Plattenlabel Shroom Records eine Sammlung der frühen Aufnahmen der Gruppe auf CD, welche erneut von Kritikern gefeiert wurde, aber wiederum vom Publikum ignoriert wurde und ebenfalls ohne grössere Wirkung verpuffte. Einzig im Mittleren Westen der USA konnten passable Stückzahlen verkauft werden, der Heimat der Band. Aufgrund dieser erneuten Veröffentlichung und dem wiedererweckten lokalen Interesse an der Gruppe, reformierte sie sich mit kleinen Lineup Änderungen und begann, Konzerte zu geben und schliesslich auch ein neues Studio-Album mit neuem Material einzuspielen (2001, "Twenty Five Winters"). Die Band existierte ab dieser Reunion länger als damals die Originalformation und ab Herbst 2006 wurde mit der Produktion eines dritten Studioalbums begonnen ("Strangelet"). Die Gruppe Hands verdient es eigentlich sehr, entdeckt zu werden aufgrund ihres hohen musikalischen Wiedererkennungswertes, denn ihre besondere Mixtur aus progressivem Rock und einem eigentümlichen, teils schrägen Folk-Sound ganz im Stil von Gentle Giant war sehr interessant und unterhaltsam, bisweilen auch etwas sperrig und fordernd, aber nie billig kopiert, sondern sehr eigenständig und äusserst spannend anzuhören.
Beginnend mit dem Track "Zombieroch" startet die Gruppe ihre LP in allerbester Gentle Giant-Manier, instrumental und leicht vertrackt. Man könnte fast schwören, das Stück stammte von deren LP "Octopus" - ein klasse Einsteiger in diese Platte. Die meisten der Songs sind übrigens instrumental. Von den wenigen Songs mit Gesang ist "Antartica" letztlich mein Favorit. In der Tat ist es der einzige Song, der fast am eigenständigsten klingt. Hier spielen sie einen ganz eigenen Sound, der vielleicht etwas fremd anmutet, dadurch aber äusserst spannend wirkt. Der Track "Dreamsearch" ist dann eher ein Hybrid aus vielen bekannten Ingredienzen des klassischen Symphonic Rocks und bietet zahlreiche versteckte Reminiszenzen an diese Art von Musik. Beginnend mit einer unglaublich furiosen Einleitung nimmt das Stück auf beeindruckende Art und an die klassischen italienischen Symphonic Prog Bands Fahrt auf, bietet vier Minuten pure Dynamik und schaltet gar noch einen Gang höher, indem sich diese klasse Nummer zu einem flammenden Gentle Giant Boogie steigert, um schliesslich wieder auf die Symphonic Prog-Schiene zurückkehren. In Momenten wie diesen klingt die Gruppe meisterhaft.
Doch es gibt natürlich auch die andere Sichtweise. Der eine oder andere Hörer mag vielleicht an ein Plagiat denken, wenn er die grossen Vorbilder der Band kennt. Dies würde dem Können der Musiker allerdings nicht gerecht. Sie waren und sind allesamt grosse Könner und brauchen sich vor ihren grossen Vorbildern nicht zu verstecken. Natürlich ist jeder Musiker auf die eine oder andere Weise von irgendetwas oder Irgendjemandem beeinflusst, und Teile dieser Einflüsse fliessen auch immer in die eigene Musik. Aber gerade die Gruppe Hands versteht es auch grossartig, ihrer Musik immer wieder einen persönlichen Stempel aufzudrücken, etwa durch die Wahl der Instrumente bei den Song-Arrangements, oder ganz einfach bei der sehr individuellen musikalischen Umsetzung ihrer Eigenkompositionen. Ich kann die Musik von Hands daher gut als hervorragende kreative Ergänzung zu meiner Gentle Giant-Plattensammlung verstehen. Ich denke aber sowieso, dass dieses Album für den progressiven Musikfan nahezu einfach unverzichtbar ist und grundsätzlich einen echten Meilenstein im Genre US Prog darstellt, der leider nie die Anerkennung erhielt, die er verdient gehabt hätte. Besonders ihre Hingabe, die einzelnen Stpcke mit zusätzlichen Instrumenten wie Viola, Violine, Cello, Vitar, Quarto, Holzbläsern und Mandoline anzureichern, respektive zu arrangieren, machen die Band höchst interessant. Dieser durchaus wilde Mix aus symfonischen und dem klassischen Rock entlehnten Formen weiss jederzeit zu gefallen. Das Gesamtergebnis ist ein schön abwechslungsreiches Album mit einigen wunderbar eingängigen Songs, die man nicht müde wird, sich anzuhören.
Eigentlich ist es immer sehr traurig, wenn man sich überlegt, wie diese 70er Prog-Bands unzählige Stunden damit verbracht haben zu komponieren, zu üben, und ihre Musik zu fördern , um schliesslich vom breiten Publikum ignoriert zu werden. Dies war der Fall bei der texanischen Band Hands. Diese Truppe von begabten Musikern, die alle ursprünglich aus derselben Kleinstadt stammten, musste letztlich aufgeben, nur wegen des Mangels an Interesse. Dabei hätte ihre Musik alles gehabt, was viele Zuhörer begeistern würde: Jedes Lied verfügte über mehrere Abschnitte, über unterschiedliche Stile, die vom Gitarre-geführten Riffing zum Barock, zu dissonant-progressivem Funk, weiter zu sanfter Flöte und wundersamen Mellotron Intermezzi reichten. Die Vocals, die ein bisschen an John Wetton erinnerten. Die grandiosesten Momente der Platte sind abschliessend wohl die Folklore Studie "Greansoap", der raffinierte Ästhetizismus à la Führs & Fröhling im Werk "I Want One Of Those" und das traurig-schöne und von Flöte, Violine und Gitarre in Szene gesetzte "The Tiburon Treasure", das dieses traumhaft schöne Werk beschliesst.
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