JASPER WRATH - Jasper Wrath (Sunflower Records SNF-5003, 1971)
Eines der vielen Merkmale der Rock Revolution, die ab 1967 einsetzte und der Kreativität keine Grenzen mehr setzte war der Umstand, dass es zahlreiche Bands und Musiker gab, die kaum je in den Genuss einer Plattenveröffentlichung kamen. Ebenso viele Interpreten erhielten die Chance, eine Single oder gar ein Album eufzunehmen, das dann oft sang- und klanglos unterging. Und schliesslich gab es diese grossen Lichtblicke: Alben, denen irgendwelche Kritiker-Orakel eine grosse Zukunft verhiessen, letztlich aber doch nicht reüssieren konnten, obwohl eigentlich alles perfekt zu sein schien: Tolle Musiker, hervorragende Songs und ein Top-Produkt. Die Gruppe Jasper Wrath aus New Haven, Connecticut, gehörte zu diesen verheissungsvollen Bands. Sie wurde im Jahre 1969 ins Leben gerufen. Die vier originalen Gründungsmitglieder Jeff Cannata (Schlagzeug), Michael Soldan (Keyboards), Robert Giannotti (Gitarre) und Phil Stone (Bass) schafften es schon ein Jahr später, einen Plattenvertrag beim Label MGM Records zu ergattern. Zwei Jahre später erschien dann auf deren Unterlabel Sunflower Records das selbstbetitelte Debütalbum der Gruppe. Auf diesem Album spielte die Band einen noch in den späten 60er Jahren verwurzelten Psychedelik Rock, der sich gar nicht so sehr von der Musik unterschied, die in jener Zeit und etwas früher an der amerikanischen Westküste, wie zum Beispiel von Jefferson Airplane gespielt wurde.
Bisweilen herrlich laidback und gefühlvoll groovy rockten die Titel, die von den Arrangements her sehr einnehmend gestaltet waren und vor allem von der spielerisch abwechslungsreichen Gitarre, den geschmackvollen Keyboards (zumeist dem Klavier) und dem auffälligen mehrstimmigen Chorgesang bestimmt wurden. Streckenweise finden sich auch dezent progressive Klänge in ihrer Musik, die dann bisweilen auch jazzige Gitarrenlinien aufweisen, Quer- und Blockflöteneinlagen (mitunter auch elektrisch verstärkt und verzerrt - man höre "Odyssey"), elektronische Rhythmuselemente (in "Drift Through Our Cloud"), klassikinspirierte Pianoausflüge und umfangreichere, durchaus komplexe Jam-Abschnitte (in den längeren Stücken). Insbesondere die zweite Seite der LP (ab "Did You Know That") macht richtig Spass und bietet einen abwechslungsreichen angejazzt-psychedelischen US-Proto Prog, der wirklich gut unterhält.
Auf dem Cover der LP tauchten die vier Musiker (bis auf Michael Soldan) übrigens aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen unter Pseudonymen, respektive mit nicht ganz korrekt geschriebenen Namen auf. Jeff Cannata hiess dort Christopher Hawke, Robert Giannotti firmierteals Robert Gennette und Phil Stone als Philip Stoltie. Hier ist vielleicht ein schönes Stpck spekulative Mystik verborgen, die sich heute wohl nicht mehr aufklären lässt.
Nach dem Erscheinen des Albums, als sich die Band eigentlich für einer US-Tournee vorbereiten sollte, verliess überraschend der Gitarrist Robert Giannotti die Gruppe, die sich, da offenbar kein passender Ersatz gefunden werden konnte, in der Folge abrupt auflöste. Cannata und Soldan versuchten daraufhin ihr Glück zwischenzeitlich in Europa, wo sie unter anderem in Spanien (auf Mallorca) und in England eifrig neue Songs komponierten und bisweilen auch in unterschiedlichen Besetzungen hin und wieder live auftraten, jedoch ohne einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Als die Musiker dann 1973 recht frustriert wieder zurück nach Connecticut kamen, hatten sie allerdings ein Mellotron im Gepäck und diverse Konzerte britischer Progressive Rock Bands erlebt. Die erneut ins Leben gerufene zweite Inkarnation der Gruppe Jasper Wrath bewegte sich musikalisch daher in weitaus progressiveren Gefilden, als sie das auf ihrem Debütalbum präsentierte. Die reaktivierte Band gab etliche Konzerte, war an der amerikanischen Ostküste auch einige Zeit lang recht populär, veröffentlichte auch noch eine Single, löste sich aber 1976 erneut und diesmal endgültig auf, ohne dass noch ein weiteres Album worden wäre, obwohl alleine der Umstand, dass Jasper Wrath zusammen mit nur einer Handvoll weiterer Progressive Rock Bands weltweit im Besitz eines Mellotrons war, das einen orchestralen Sound erzeugen konnte und den neuen Musikstil der Gruppe ziemlich bereichern konnte.
Der ehemalige Band Promoter John Dubuque erinnerte sich später: "Ich hatte Christopher Hawke für eine Outdoor-Show in Milford gebucht. Tatsächlich trat dann eine Band namens, Jasper Zorn auf. Ich glaube, es war ihr erstes Konzert. Obwohl für mich überraschend und unerwartet, spürte ich schon, sobald die Band zu spielen begann, dass sie grosses Potential hat. Ich ermunterte die Band, seine Handvoll Songs in den nächsten sechs bis acht Monaten zu schreiben und ein paar Demos einzuspielen. Innerhalb von ein paar Wochen weckten diese Demos dann das Interesse der Plattenfirma MGM Records, worauf auch umgehend Verträge ausgehandelt wurden und Jasper Wrath ihren ersten Plattenvertrag in der Tasche hatten". Aufgenommen in sechs Wochen in Phil Ramone's A & R Studio in New York, hatte die Gruppe danach ihr selbstbetiteltes Debütalbum eingespielt und veröffentlicht.
Leider kam es innerhalb der Band schon kurz nach der Veröffentlichung der finalen Single aufgrund mangelnden kommerziellen Erfolges erneut zu musikalischen Differenzen, was den Musikstil der Gruppe betrifft, und so gingen die Mitglieder von Jasper Wrath letztlich getrennte Wege. James Christian, Phil Stone und Jeff Batter gründeten mit der Gruppe EYE eine andere Band, die vor allem in Connecticut sehr populär war, bevor James Christian zu den Glam-Metallern HOUSE OF LORDS wechselte. Jeff Cannata und Michael Soldan gründeten später die Band ARC ANGEL, bevor Cannata eine Solokarriere anstrebte. Scott Zito wiederum spielte auf ausgezeichneten Alben etwa von Grace Slick und Michael Bolton mit. Er schrieb auch die meisten Songs auf Grace Slick's 1981er Album "Welcome To The Wrecking Ball", bei welcher auch Bandkumpel Phil Stein den Bass spielte.
Das kleine Independent Label Dellwood Records veröffentlichte später noch zwei Alben mit bislang unveröffentlichtem Studio-Material von Jasper Wrath. Leider ziemlich irreführend war allerdings, dass diese beiden Alben nicht unter dem eigentlichen Bandnamen Jasper Wrath erschienen, sondern unter den fiktiven Namen COMING HOME und dem Titel "Arden House", während die andere als das unbetitelte Debüt-Album von ZOLDAR & CLARK in Verkehr gebracht wurde.
1996 veröffentlichte der Musiker Jeff Cannata in Eikgenregie eine zwei Alben umfassende Anthologie mit Jasper Wrath Material. Das Set enthielt die Stücke der ursprünglichen Debüt-LP, der nachfolgenden Single, ausserdem einige Titel aus den beiden Alben, die unter den mysteriösen Namen Arden House und Zoldar & Clark posthum erschienen waren, plus bisher unveröffentlichtes Live-Material. Jasper Wrath feierten für kurze Zeit eine Wiedervereinigung, die jedoch lediglich ein einziges Reunion-Concert in New Haven am 13. Juni 2010 umfasste. Diie Performance bestritten die Original-Mitglieder Jeff Cannata, Robert Gianotti, Michael Soldan und Jeff Batter sowie zwei neue Musiker an Gitarre und Bass.
Wenn der Band auch lediglich eine äusserst kurze Karriere beschieden war, so bleibt Jasper Wrath letztlich eine der angesehensten und einflussreichen Bands ihrer Zeit aus Connecticut.
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