JOHN JONES - Collage (BASF Records 20 29065-4, 1971)
Gute Musiker werfen ihre Schatten oftmals voraus. Im Falle dieser wunderschönen Singer/Songwriter-Platte aus dem Jahre 1971 waren dies die beiden Musiker Alan Tarney und Trevor Spencer, später zuerst als Duo äusserst erfolgreich, danach separat jeder für sich als Produzent (Alan Tarney, unter anderem für A-Ha) und Studiomusiker (Trevor Spencer). Hier wurden sie vom damals bereits sehr vielbeschäftigten und tollen Studiomusiker John Evan-Jones angeheuert. Ein verlockendes Angebot erhielt dieser Mitte 1970, als er mitten in Studioarbeiten steckte von Rory Gallagher's Management. Dieses war auf der Suche nach einem Tourgitarristen, der sowohl für Rory Gallagher, als auch für die Gruppe Anno Domini auf einer gemeinsamen spielen würde. Jones sagte zu und nach Beendigung dieser Tour erhielt er die Offerte, als festes Mitglied bei Anno Domini einzusteigen. Damit verbunden war auch die Möglichkeit, ein eigenes Soloalbum einzuspielen, weshalb der versierte Gitarrist zusagte. Wenn man bedenkt, dass damals die Singer/Songwriter-Aera gerade losging, erachtete es Jones als ein absolutes Privileg, gleich einen Vertrag für zwei Alben angeboten zu kriegen - eines mit Anno Domini sowie ein Soloalbum.
Kurz darauf begann John Evan-Jones mit den Arbeiten an seinem Soloalbum, was einer Mammut-Aufgabe gleichkam, da er zeitgleich auch mit Aufnahmen als Studiomusiker unter anderem für King Crimson und Roxy Music beschäftigt war. Er rekrutierte den Bassisten Alan Tarney, die beiden Schlagzeuger David Potts und Trevor Spencer, sowie Jimmy Kaleth für die Keyboards, der neben Klavier und Orgel auch das Mellotron beherrschte, ein Instrument, das erst gerade salonfähig wurde: Jones' Album "Collage" war eine der ersten Platten, bei der Mitte 1970 das Mellotron zum Einsatz kam. Eswar damals revolutionär, weil man damit orchestrale Sounds reproduzieren konnte.
Die Aufnahmen zogen sich über einen längeren Zeitraum hin, da alle beteiligten Musiker ja auch als Studiomusiker arbeiteten, die ausserordentlich viel gebucht wurden, Jones inklusive. Die Songs für dieses Album schrieb der Musiker zwischen 1968 und 1970, und auch die Aufnahmen dauerten letztlich bis ins Frühjahr 1971. Von einer erstaunlich ausgereiften Qualität waren seine Songs, und die Platte wurde viel im Radio gespielt, was der Reputation von Jones als Studiomusiker noch zusätzlichen Auftrieb gab. Interessanterweise spielten die Radiostationen nicht ausschliesslich dieselben Stücke, sondern wählten durchwegs willkürlich fast alle Songs des Albums aus. Das führte dazu, dass das Album relativ gut verkauft wurde, obschon - damals eigentlich üblich - keine Single daraus gezogen wurde. Heute im nachhinein betrachtet fast nicht nachzuvollziehen, denn es hätten sich etliche Titel der Platte zu einer Single-Auskopplung geeignet und wer weiss, ob darunter nicht vielleicht die eine oder andere Nummer gewesen wäre, die sich als Hit hätte entpuppen können.
Jones steckte auf dem Album "Collage" stilistisch ein relativ breites Feld ab. Ergreifende Pop-Balladen wechseln sich ab mit kräftig rockenden Nummern, und auch leicht folkig-anpsychedelisierte Titel finden ich auf der klangtechnisch äusserst brilliant klingenden Platte. Songs wie "Oh What A Pity", "That's Alright By Me" und "Smiling Eyes" hatten durchaus Hit-Potential, während vor allem das heftig rockende "Live In 2" am Ende der Platte noch einmal so richtig zu überraschen wusste. Hier spannte Jones den musikalischen Bogen schon so weit in Richtung angeproggtem Rock, dass sein zukünftiges Projekt Jonesy schon zum Greifen nahe war.
Das Jahr der Veröffentlichung seines Soloalbums "Collage" wurde dann zu einem grossen Teil von Aufnahmen und Konzerttourneen der Band Anno Domini bestimmt. Anfang 1972 spielte John Evan-Jones ein zweites Album ein, das den Titel "Just A Few Changes" trug, jedoch nie veröffentlicht wurde. Die originalen Mastertapes dieses zweiten Albums sind bis heute verschollen, auch der Musiker selber hat keine Ahnung, wo sie abgeblieben sind. Danach gründete er die Progressive Rock Band Jonesy und spielte mit dieser Band vier Alben ein. Im Jahre 1974 erhielt er für das dritte Jonesy Album "Keeping Up" den Montreux Diamond Award für das beste Rock Album 1974. Nach dem Ende von Jonesy schloss er sich dem Moody Blues Musiker Ray Thomas an und arbeitete für diesen auf zwei Alben. Danach arbeitete Jones als Produzent, Arrangeur, Komponist und Session Musiker. In dieser Eigenschaft hat er schliesslich auf nicht weniger als 450 Alben unterschiedlichster Künstler und Bands mitgespielt und dabei insgesamt 44 Gold-, Silber- und Platin Awards eingeheimst. Das alles begann 1971 mit dieser exzellenten und vielfältigen Singer/Songwriter Platte.
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