Aug 8, 2017


CHICKEN SHACK - O.K. Ken ? (Blue Horizon Records S 7-63209, 1969)

"O.K. Ken ?" war das zweite Studioalbum der Bluesband Chicken Shack ('Hühnerstall'), veröffentlicht im Februar 1969. Das Album erreichte einen respektablen Platz 9 in den englischen Albumcharts und stieg somit drei Plätze höher als der Vorgänger, das Debutalbum "40 Blue Fingers, Freshly Packed and Ready to Serve" ein Jahr zuvor. Es war gleichzeitig auch Christine Perfect's letztes Album als Mitglied von Chicken Shack. Sie wechselte danach zu Fleetwood Mac, heiratete deren Bassist und hiess später Christine McVie.

Chicken Shack entstanden aus Stan Webb's vormaliger Gruppe Sounds Of Blue, welche der Gitarrist 1964 gegründet hatte. Zu den damaligen Mitgliedern gehörten die Pianistin Christine Perfect, der Bassist Andy Silvester und der Saxophonist Chris Wood, der später in der Band Traffic mit von der Partie sein sollte und sehr bekannt wurde. Den Namen Chicken Shack gab der Gitarrist und Bandleader Stan Webb seiner Gruppe dann 1965 und wählte dafür einen Song gleichen Namens von Bluesveteran Willie Dixon. Einer anderslautenden Version zufolge soll der Bandname aus dem geflügelten Wort 'Chicken Coup' abgewandelt worden sein, das aus  der Gegend von Kidderminster stammte, wo die Gruppe ihre Wurzeln hatte. Chicken Shack sammelten erste Erfahrungen bei Auftritten in kleineren Clubs und hatten ein festes Engagement im legendären Star Club in Hamburg. In dieser Frühphase bestanden Chicken Shack aus Stan Webb, Andy Sylvester, Alan Morley und Al Sykes, welcher jedoch schon bald von Dave Bidwell abgelöst wurde. 1967 kehrte die Band zurück nach England. Der Produzent und Blues-Talentscout Mike Vernon hörte sich die Gruppe bei einigen Konzerten an und verpflichtete sie schliesslich für sein Label Blue Horizon Records. Als Christine Perfect ihre Ausbildung als Kunstlehrerin beendet hatte und begann, als Schaufensterdekorateurin zu arbeiteten, heuerte sie bei Stan Webb als Pianistin an

Das einsetzende 'British Blues Revival' bedeutete im Jahre 1968 auch den Durchbruch für Chicken Shack. Sie traten beim Windsor Jazz & Blues Festival gemeinsam mit Fleetwood Mac, Ten Years After, John Mayall und Jeff Beck auf. Es folgte kurze Zeit später die Veröffentlichung ihrer ersten LP mit dem Titel "Forty Blue Fingers Freshly Packed And Ready To Serve" und damit der Aufstieg zu den grössten und populärsten Vertretern der neu lancierten britischen Bluesszene. Der Nachfolger "O.K.Ken ?" präsentierte dann mit der Single "I’d Rather Go Blind" eine Etta James Cover-Nummer, die es in die Top 20 schaffte. Die Band, die sich hier als kompaktes und homogenes Quartett mit zahlreichen Gastmusikern präsentierte, bestand aus Stan Webb und Christine Perfect, sowie den späteren Savoy Brown-Musikern Andy Silvester und Dave Bidwell. Mit Walter "Shakey" Horton kam ein bekannter Bluesharper hinzu und eine sechsköpfige Bläsergruppe, zu welcher auch Johnny Almond (Ex-John Mayall's Bluesbreakers und Mark-Almond) gehörte, rundete die Truppe ab. Die Platte wies als humoristische Besonderheit zwischen den Stücken eingestreute Witze und Zoten auf, bei welchen Stan Webb jeweils die Stimmen der damals angesagten britischen Comedians, Promis und Moderatoren imitierte, so etwa den legendären DJ John Peel oder den TV-Moderator Hughie Green (der Vater von Paula Yates), den Comedian Max Wall, die Schauspieler Kenneth Williams und Chris Wood oder den Labour Party Politiker Premierminister Harold Wilson.

Blieb der Ursprung der Floskel "O.K. Ken ?" letztlich unbestimmt, so liess sich in jedem Fall sagen, dass Stan Webb ein ausgesprochenes Faible für Comedy hatte und wohl auch in diesen Bereich eingestiegen wäre, hätte er nicht über eine tolle Stimme und ausgesprochen solide Gitarrenkenntnisse verfügt. Einen Teil seiner humoristischen Fähigkeiten bewahrte er sich allerdings auch als Musiker, so etwa, wenn er zumeist grimassenschneidend seine hervorragenden und bisweilen exaltiert wirkenden Gitarrensoli zum besten gab. In diesen Momenten war er unwiderstehlich und sein Publikum liebte ihn für solche scherzhaften Einlagen. Ausserdem konnte Stan Webb ausgezeichnet die Stimmen Prominenter nachahmen, was er live auch immer in sein Set einbaute und was für gute Unterhaltung im Publikum sorgte. Musikalisch war "O.K. Ken ?" zwar nicht ganz so engagiert und musikalisch anspruchsvoll ausgefallen, dafür fing das Werk die typische Live-Atmosphäre er Band perfekt ein. Die meisten Songs wurden denn auch zumeist live im Studio eingespielt mit nur wenigen Overdubs, die dann zumeist von der Bläsergruppe hinzugefügt wurden.

Das Songwriting teilten sich wie beim Debutalbum Stan Webb und Christine Perfect, wobei hier Stan Webb für den Löwenanteil der Songs besorgt war. Auch Klassiker waren eingebaut worden: "Tell Me" von Chester Burnett (alias Howlin' Wolf), "Mean Old World" von Walter Jacobs (alias Little Walter) oder das bekannte "Sweet Sixteen" aus der Feder von B.B. King, das Chicken Shack hier in einer ausladenden, fast 6 1/2 Minuten langen Variante zum besten gaben. Interessant aber waren die Eigenkompositionen, die sehr erdig, sehr einfach und mit sehr viel Bauch überzeugen konnten, wie etwa das geniale "Pony And Trap" oder "The Right Way Is My Way", beide aus der Feder von Stan Webb. Dazu dann die Nummern, die Stan Webb zusammen mit Christine Perfect geschrieben hatte und die durch die Mitarbeit von Perfect beim Songwriting vor allem auf Klavier-Dominanz ausgelegt waren, wie "Get Like You Used To Be" und "A Woman Is The Blues", letzteres auch gemeinsam von Christine Perfect und Stan Webb gesungen. Ein "I'd Rather Go Blind" wie auf dem erst einige Monate zuvor veröffentlichten Debutalbum war zwar nicht dabei, was allerdings der Qualität der Platte als Ganzes überhaupt nicht schadete. Die Nummern passten alle hervorragend zueinander, die Platte wirkte wie aus einem Guss - nie zu zwingend, nie verhalten, sondern konsequent stoisch, erdig und ungemein einfach in der musikalischen Umsetzung, was zweifellos auf die minimale Besetzung zurückzuführen war: Eine Gitarre, ein Klavier, Bass und Schlagzeug und gelegentlich eine Bluesharp, dazu bei einigen Songs die Gast-Bläsersätze.

Die Platte wurde erneut von Mike Vernon produziert, der zu jener Zeit einige Top-Acts unter seinen Fittichen hatte, von denen nicht wenige auch sehr populär waren und später auch grosse Erfolge feiern konnten, wie Otis Spann, John Mayall's Bluesbreakers, Fleetwood Mac, Champion Jack Dupree, The Artwoods (mit Jon Lord, Keef Hartley und Art Wood, dem Bruder von Ronnie Wood), Eddie Boyd, Savoy Brown, David Bowie, Ten Years After, Duster Bennett und viele weitere. Die Chicken Shack Sängerin Christine Perfect beispielsweise stieg nach diesem zweiten Album mit Chicken Shack aus der Band aus und wechselte zu Fleetwood Mac. Sie war ein Fan von Fleetwood Mac und es kam häufig vor, dass Chicken Shack und Fleetwood Mac in den gleichen Clubs spielten. Schliesslich entschloss sie sich zu diesem Bandwechsel und heiratete John McVie, den Fleetwood Mac Bassisten.

Ein würdiger Nachfolger für die ausgeschiedene Christine Perfect wurde im Keyboarder und Gitarristen Paul Raymond gefunden. Der Stil von Chicken Shack wurde zunehmends bluesrockiger, nachzuhören auf dem Nachfolger-Werk "100 Ton Chicken" und noch stärker auf "Accept". 1970 folgte das vorläufige Ende von Chicken Shack. Paul Raymond, Dave Bidwell und Andy Sylvester liessen Stan Webb in seinem Hühnerstall alleine und schlossen sich Kim Simmonds und Savoy Brown an. Andy Sylvester arbeitete damals bereits mit Chris Youlden und Danny Kirwan zusammen, während Paul Raymond sich später UFO und der Michael Schenker Group anschloss. Stan Webb pausierte eine Weile, formierte Chicken Shack aber im Frühjahr 1971 neu. Mitspieler diesmal waren John Glascock und Paul Hancox. Als Power Trio konnten sie mit der Single "Poor Boy", einer Auskoppleung aus dem Album "Imagination Lady" einen kleineren Hit verbuchen. Als Glascock Chicken Shack verliess, trat Bob Daisley seine Nachfolge an. Auf dem Album "Unlucky Lady" halfen keine Geringeren als Tony Ashton und Chris Mercer (Juicy Lucy, Keef Hartley) aus. Bald darauf lösten sich Chicken Shack aber erneut auf. Das Name des Live Albums "Goodbye Chicken Shack" war Programm: Bei dem Auftritt am 26. Oktober 1973 in der Brunel University spielten Chicken Shack in der Besetzung Stan Webb, Alan Powell, Rob Hull und Dave Wilkinson. Danach arbeitete Stan Webb bei verschiedenen Projekten mit, wie zum Beispiel bei Savoy Brown und deren LP "Boogie Brothers", welche 1974 erschien, aber auch mit Miller Anderson, Broken Glass und Canned Heat.









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