THE RENEGADE SAINTS - Fear Of The Sky
(River Road Records RRR61190-2, 1994)
Die Renegade Saints kamen aus Oregon. Leider brachte es die Band nur auf eine einzige Veröffentlichung, und die stammte aus dem Jahre 1994 und ist natürlich längst nicht mehr regulär erhältlich. Die lohnt sich aber in jedem Falle zu suchen, denn es ist eine wundervolle Platte aus dem musikalischen Bereich des Southern Jam Rock. Die Renegade Saints bestanden aus Dave Coey (Bass und Gesang), Andy Mitchell (Schlagzeug), John Shipe (Gitarre, Mundharmonika und Gesang), Alan Toribio (Gesang und Gitarre) und Michael J. Walker (Keyboards).
Ein kleines Independent Plattenlabel aus Minneapolis, genannt River Road Records, war erst kurz zuvor gegründet wurden, und das Debutalbum "Fear Of The Sky" der Renegade Saints war die erste darauf veröffentliche Platte. Zum Zeitpunkt ihres Erscheinens wurden sowohl das Album wie auch die Band zwar überall in den höchsten Tönen gelobt, doch nahm leider kaum Jemand davon nachhaltig Notiz. Die hervorragenden Musiker blieben auch nach der Veröffentlichung ihres einzigen Albums das, was sie auch vorher schon waren: Lokalmatadore. Vielleicht war auch das erst kurz zuvor neu etablierte Plattenlabel nicht finanziell stark genug, genügend Promotion sowohl für das Album, wie auch die Gruppe zu machen, wer weiss.
Tatsache ist, dass hier eine ganz formidable Platte produziert wurde, die einen Platz auf dem Rock Olymp verdient gehabt hätte. Das Album geriet äusserst abwechslungsreich, und spielerisch waren die Musiker auf einem ziemlich hohen Niveau. Es fiel mir schon beim ersten Anhören damals schwer zu glauben, dass dies ein Erstlingswerk sein sollte, denn sämtliche Songs wirkten sehr reif, hervorragend durchkomponiert und liessen den Eindruck erwecken, dass hier gestandene Musiker seit vielen Jahren schon ausgesprochen gute Komponisten und Arrangeure waren.
Der leidenschaftlich rockende und vorwärtspreschende Opener "Psychotic Sex Fire" blies schön heftig und man freute sich sofort, sich inmitten eines musikalischen Gebräus aus Molly Hatchet, Lynyrd Skynyrd und Blackfoot zu befinden. Beim zweiten Song, betitelt "Delivered" wurde den Allman Brothers gehuldigt und hier zogen die Renegade Saints auch schon von der Songlänge her (6 1/2 Minuten) erstmals Jam-Saiten auf. Der Song floss unendlich groovy und laidback, ohne dabei je Müdigkeit oder Trägheit zu versprühen. "Window" und "Thin Layer" waren echte - und letztlich leider unentdeckt gebliebene - Perlen des Southern Rocks. Da war in der Tat alles vorhanden, was einen perfekten Sound ausmachte: Eine Mandoline wechselte mit Slide-Einlagen, kehliger Leadgesang wurde unterstützt von hervorragend gefühlvollen Backing Vocals, und beim Hauer "Million Dollar Smile" kam sogar noch richtiges Sleaze-Feeling auf. "Tara" war eine akustische Kleinodie, wie sie zum Beispiel auch die Southern Jam-Rocker Widespread Panic manchmal zwischen ihre rockigen Stücke geschoben hatten. Hier fügte sich diese Ballade ebenso nahtlos in die gerockte Umgebung ein, und wirkte quasi wie eine gewollt reduzierte Power, war auch an der genau richtigen Stelle im Album platziert, um dem Zuhörer eine kurze Verschnaufpause zu lassen.
Eine Band, die dann beim letzten Song, nach 11 meisterlichen Tracks, noch einen Titel wie "Deep End" mit 8 Minuten Marshall Tucker-Feeling und einer sich gleich im Ohr festkrallenden Melodie aus dem Hut zaubern konnte, kann aus meiner Sicht durchaus als kompetent bezeichnet werden. Schade, dass es bei dieser einen Platte blieb. Ich wundere mich selbst immer wieder darüber, wie viele vergessene Perlen es doch noch immer zu entdecken gibt. Einige Musiker dieser hervorragenden Gruppe waren auch nach dem Unternehmen Renegade Saints weiterhin aktiv. So spielte John Shipe einige Platten unter seinem eigenen Namen ein. Shipe wollte neue musikalische Wege gehen. Auch die anderen Mitglieder blieben aktiv und ihre Namen fanden sich später auf dem einen oder anderen Album wieder. Der Bassist Dave Coey und der Gitarrist Alan Toribio fanden sich in der Gruppe Kerosene Dream wieder, welche drei Platten veröffentlchte. Deren Musik wies allerdings nur geringe Parallelen zu den Renegade Saints auf und war stärker im Roots Rock und Americana verwurzelt.
Später fanden sich die Renegade Saints kurzzeitig wieder zusammen und veröffentlichten im Jahre 2010 das Konzertdokument "Mercy Saints Alive!". Auf dieser Live-CD waren neben zwei Songs ihres Albums "Fear Of The Sky" 11 weitere Titel zu hören, welche teils neu, teils aber auch aus dem Solobestand der anderen Bandmitglieder stammten. Wie lange die Band danach noch existierte, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Renegade Saints waren letztlich eine dieser vielen leider völlig untergegangenen Bands, die ein hervorragendes Rockalbum eingespielt und veröffentlicht hatten, das leider ziemlich unbeachtet blieb.
No comments:
Post a Comment