Aug 29, 2017


JOHNNY GUITAR WATSON - Ain't That A Bitch (DJM Records DJLPA-3, 1976)

Schon als Teenager trat der am  3. Februar 1935 in Houston, Texas geborene Johnny "Guitar" Watson in Texas mit aufstrebenden Blues-Musikern wie Albert Collins und Johnny Copeland auf. Im Alter von gerade einmal 15 Jahren zog er nach Los Angeles, wo er in der Band von Chuck Higgins an den Keyboards sass. 1953 spielte er erste Aufnahmen als Young John Watson ein, immer noch am Piano, doch bereits im folgenden Jahr machte er als Gitarrist mit dem avantgardistischen Titel "Space Guitar" auf sich aufmerksam. 1955 hatte er mit der Single "Those Lonely Lonely Nights" einen ersten Hit. Nach 1960 experimentierte das musikalische Chamäleon Watson mit verschiedenen Spielarten des Jazz und spielte ein Klavier-Album ein, das vollständig auf den Einsatz von Gitarren verzichtete. In den folgenden Jahren tourte der experimentierfreudige Texaner dann mit seinem Kollegen Larry Williams durch Grossbritannien, veröffentlichte mehrere Alben und landete im Zuge dessen 1967 in Europa einen Hit mit der aus der Feder des Jazzmusikers Joe Zawinul stammenden Komposition "Mercy, Mercy, Mercy". Danach hielt er sich zunächst mit weiteren Veröffentlichungen zurück.

Zurück in den Vereinigten Staaten, änderte Watson im Laufe der frühen 70er Jahre dann seinen Stil und auch sein Image radikal und wandte sich nun, inspiriert durch das selbstbewusste Auftreten schwarzer Soulstars wie Marvin Gaye oder Curtis Mayfield, gezielt einem wesentlich Soul-lastigeren Rhythm & Blues zu. Auf den 1973 und 1975 veröffentlichten Alben "Listen" und "I Don’t Want To Be A Lone Ranger" kombinierte Watson den traditionellen Blues mit Rock'n'Roll, Motown Soul und P-Funk, integrierte eigene Ideen zu Rap und Street Speech und destillierte daraus im Laufe der Jahre einen eigenständigen, positiv klingenden Westcoast Rhythm'n'Blues. Spätestens mit dem 1976 erschienenen Album "Ain’t That A Bitch" wurde der mittlerweile immerhin bereits 41 jährige Musiker schliesslich zu einem der Wegbereiter des Funk, den er fortan konsequent weiterentwickelte. Das Album wurde in die Wireliste The Wire’s "100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)" aufgenommen. Der Albumtitel "Ain’t That A Bitch" bezog sich auf den damals gängigen Slang-Ausdruck für 'so ein Mist'.

Johnny "Guitar" Watson spielte auf diesem Album alle Instrumente bis auf die Bläsersätze und das Schlagzeug selbst ein, produzierte das Album und komponierte auch alle Songs der Platte selbst. Nur bei der Entstehung der Komposition "Superman Lover" wurde er von Reynaldo Rey unterstützt. Auf dem ziemlich provozierenden Plattencover-Foto im sogenannten 'Pimp Style' sass Watson in einem weissen Anzug auf einem Sofa, neben ihm ein Hund, zu seinen Füssen liegend zwei Damen mit Hundeleinen um den Hals. Watson konnte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits auf eine 25-jährige Karriere als Blues-Musiker zurückblicken, die jedoch ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg geblieben war. Das Album war das erste kommerziell erfolgreiche Album von Watson und enthielt einige der bekanntesten Funk-Kompositionen, die er jemals schrieb. Die Veröffentlichung verhalf Johnny "Guitar" Watson sogar zu einer Grammy-Nominierung als 'Best New Vocalist'. Das Werk wurde in Amerika mit einer Goldenen Schallplatte für mehr als eine halbe Million verkaufter Exemplare ausgezeichnet.

Das Musikmagazin Mojo bezeichnete das Album als 'Essential funk-blues-soul-R&B-jazz album by one of the great under-sung and under-sold characters of US music'. Die Stücke "Superman Lover" und "Ain’t That A Bitch" wurden später von diversen Rap-Musikern wie Dr. Dre, Jay Z, Mary J. Blige, Redman, Montell Jordan und anderen gecovert. Die Nummer "I Need It" war ein schnelles, rhythmisches Discostück. Das Album enthielt drei Balladen, "Since I Met You Baby", "We’re No Exception" und "I Want To TaTa You Baby", alles typische Liebeslieder ("We fell in love so fast, anyone could tell, this kind o’ love has gotta last"). Der Titeltrack "Ain’t That A Bitch" war ein sehr eingängiges Stück über die Schwierigkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten, zum Beispiel die eines Angestellten, der Computer programmieren kann, Buchhaltung und Psychologie versteht, japanisch spricht und nach zwei Jahren die erste Woche bezahlten Urlaub bekommt und trotzdem kaum genügend Geld verdient, um damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. "Superman Lover" und "Won’t You Forgive Me" waren typische Funkstücke, wie sie Johnny "Guitar" Watson später immer wieder realisierte.

In den Jahren bis 1981 brachte er für das Label DJM Records unter seinem eigenen Namen in rascher Folge sieben Studioveröffentlichungen heraus und hatte mit Songs wie "A Real Mother For Ya" und "Booty Ooty" veritable Charts-Erfolge. Zudem spielte Watson 1978 und 1979 zwei Alben mit seinem 'Watsonian Institute' ein, auf denen seine Begleitmusiker im Mittelpunkt standen. Watson's Markenzeichen war nun neben (Moog-)basslastiger Hook-Line, treibender Snare-Drum und den unverzichtbaren Blues-Gitarrensoli von hohem Wiedererkennungswert vor allem der breite Gesangsstil, in dem er bisweilen auch sozialkritische Songtexte humorvoll und selbstironisch vorzutragen wusste. Trotz stilistischer Konzessionen blieb Watson stets entschieden im Blues verwurzelt. Beispielsweise veröffentlichte er seinen Klassiker von 1958 "Love Bandit/Gangster Of Love", das später von Steve Miller erfolgreich gecovert wurde, 1962 sowie 1978 erneut. Ähnlich verfuhr er mit anderen Kompositionen, wie dem 1975 erstmals eingespielten "Lone Ranger", der in einer wesentlich grooviger eingespielten Version auch auf seinem 1980er Album "Love Jones" zu hören war. Die Werke dieser Periode zwischen 1975 und 1981 bildeten gleichsam das Rückgrat der zahlreichen verfügbaren Best Of-Zusammenstellungen, obschon diese nur einen Bruchteil von Watsons Schaffen widerspiegelten.

In den 80er Jahren wurde es dann ruhiger um den Musiker. Nach einem Labelwechsel zu A&M Records brachte Watson Ende 1981 das Album "That’s What Time It Is" (Executive Producer: Herb Alpert) auf den Markt, das bei Kritikern wie Anhängern einen zwiespältigen Eindruck hinterliess. Anschliessend legte er eine Schaffenspause ein, die bis 1985 anhielt, wiewohl der texanische Entertainer auch in dieser Zeit beinahe pausenlos durch die Clubs der Welt tourte. Dem Album "Strike On Computers" folgte dann eine neuerliche Wartezeit bis zur Veröffentlichung seiner letzten Studioarbeit "Bow Wow", für die er 1994 eine Grammy-Nominierung für das beste Rhythm'n'Blues-Album erhielt. Auch diese Phase war geprägt durch ausgedehnte Tourneen rund um den Globus. Watson hatte erheblichen Einfluss auf andere Grössen der Rock- und Popmusik. Legendär ist die Antizipation des Gitarrenspiels per Mund, die Jimi Hendrix ein Jahrzehnt später zu seinem Markenzeichen perfektionierte. Manche seiner Alben, insbesondere "Johnny Guitar Watson And The Family Clone", spielte Watson nahezu vollständig im Alleingang ein. Dem in dieser Hinsicht ähnlich vielseitigen Frank Zappa freundschaftlich verbunden, gastierte er auf dessen Alben "One Size Fits All" und "Them or Us". Frank Zappa gab an, dass das Watson-Stück "Three Hours Past Midnight" ihn inspiriert habe, Gitarrist zu werden. Etliche der Songs von Johnny "Guitar" Watson dienten später der Hip Hop-Szene als Sample-Vorlagen. 1996 erhielt er gemeinsam mit Bo Diddley, Bobby Womack und den Isley Brothers den Pioneer Award der Rhythm & Blues Foundation.

Johnny "Guitar" Watson starb im Mai 1996 im Alter von 61 Jahren auf offener Bühne während einer Tournee durch Japan im Blues Café, Yokohama, an Herzversagen. Watson wurde in Glendale in Kalifornien bestattet. 2008 wurde er posthum in die Blues Hall of Fame aufgenommen. "They called Elvis 'The King', but the sure-enough king was Johnny "Guitar" Watson" sagte die Blues-Queen Etta James einmal über den Musiker. Im Jahre 2006 wurde Watson's Song "Gangster Of Love" als Titelsong für eine AXE-Werbung benutzt. Während die europäische Version mit Ben Affleck besetzt war, sah man in der amerikanischen Version Nick Lachey in der Hauptrolle.





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