Jul 29, 2016


STOMU YAMASHTA'S GO - Go Live From Paris (Island Records ISLD 10, 1976)

Der japanische Musiker und Komponist Stomu Yamashta, als Yamashita Tsutomu im Jahre 1947 geboren, spielte auf seinen ersten Alben, die er ab 1972 veröffentlichte, zumeist Keyboards und Schlagzeug. Mit dem ab 1976 ins Leben gerufenen Projekt GO strebte er eine Fusion mit Musikern aus unterschiedlichen Richtungen an, um darin deren individuelles Können an diversen Instrumenten oder als Vokalisten zu einer musikalischen Symbiose zu verschmelzen. Dieses Experiment ist ihm mit dem sich auf insgesamt drei wunderbare Veröffentlichungen erstreckenden Projekt mehr als gelungen. Er konnte auf den Studio-Platten von 1976 und 1977 eine illustre Runde von Interpreten der Rock-, Soul-, World- und New Age-Musik bis hin zum Jazz-Genre zusammenführen, um mit ihnen insgesamt 36 Titel einzuspielen. Dabei ist die im Jahre 1976 bereits als Studio-Produktion erschienene "GO One" dann am 12. Juni 1976 im Rahmen eines Konzerts im Pariser "Palais Des Sports" mitgeschnitten und anschliessend als Doppel-LP veröffentlicht worden.

Die erste Platte beginnt mit dem toll sphärischen und sehr schwebend arrangierten "Space Song", der vor allem von den geheimnisvollen Synthesizerklängen der Elektronik-Ikone Klaus Schulze lebt. Wie der Titel schon zutreffend aussagt, wabern sphärische Klänge für einen kurzen Abschnitt durch den Raum, ehe mit der konkreten Nummer "Carnival" ein knapp einminütiges Intermezzo von Klaus Schulze's "Space Machine", dem Bass von Jerome Rimson und einem - eher zart - eingleitenden Schlagzeug von Michael Shrieve folgt, das den experimentellen Charakter des Projektes schon eindrücklich erahnen lässt. Mit "Winspin", einem funky-jazzigen Stück, gesellen sich die Gitarren der Spezialisten Al Di Meola und Pat Thrall sowie Conga-Rhythmen des hervorragenden Musikers Brother James hinzu. Ein exzellent vorgetragener Funky-Bass sticht bei dem über 9-minütigen Titel besonders hervor. Den Abschluss bildet die "Ghost Machine ", bei der sich erneut der Synthesizer und das wunderbar gespielte Piano von Stomu Yamashta, unterstützt von Steve Winwood in der Rolle des Keyboarders und Sängers als die herausragenden instrumentalen Elemente auszeichnen.

Die zweite Seite der ersten LP enthält die Stücke "Surfspin", das wiederum durch jene längst zur Grundausstattung gehörenden Tasteninstrumente bestimmt wird, gefolgt vom fast magischen und wunderbar schwingenden "Time Is Here", einem 9 Minuten langen Titel, der durch den von der Background-Sängerin Karen Friedman prägnant vorgetragenen Refrain erheblich aufgewertet wird, und der Komposition "Winner Loser" aus der Feder von Stevie Winwood, die er selbst mittels seiner unverwechselbaren Stimme vorträgt.

Auf der zweiten LP finden sich "Solitude", ein Intro, gefolgt von "Nature", bei welchem Steve Winwood sein gesangliches Können leider nur kurz unter Beweis stellt. Die nachfolgende Doppelnummer, bestehend aus dem von Stomu Yamashta vortrefflich und herrlich atmosphärisch gespielten Synthesizer-Stück "Air Voice" und dem anschliessenden Paradestück "Crossing The Line" darf als einer der vielen Höhepunkte dieses Auftritts angesehen werden. Hier treffen die beiden hervorragend gespielten Gitarren von Al Di Meola und Pat Thrall aufeinander. Beide Gitarristen spielen ihren ganz eigenen Stil und ergänzen sich hier auf wunderbare Weise, indem Al Di Meola herrlich frisch und angenehm soliert, während Pat Thrall mit seinem wuchtigen Rock-Gitarrensound für ein absolut passendes und ergänzendes Konträr sorgt. Das ist schon eine enorm Spannung erzeugendes Duo. Dazu kommt noch der stahlhart einfallende Bass des Jerome Rimson, und die Nummer schaukelt sich konsequent hoch durch Stomu Yamashta's und Michael Shrieve's Schlagzeugspiel, dem der sehr schöne und melodische Gesang von Steve Winwood voran geht. Dieses muskulöse und sehr dynamische Schlagzeug-, Gitarren- und Bass-Inferno findet sein Ende relativ abrupt nach gut fünf Minuten, worauf die milden, wärmenden Stimmen von Steve Winwood und der Background-Sängerin Karen Friedman zu einer von Winwood's virtuosem Klavierspiel getragenen Melodielinie dieses atemberaubende Stück und gleichzeitig die Seite 1 dieser zweiten LP ausklingen lässt.

Die musikalische Grundstruktur der vierten LP-Seite bleibt im Grunde ähnlich, ohne jedoch qualitativ auch nur ansatzweise an Grandezza zu verlieren. Auch hier und bis ganz zum Schluss dieses Doppelalbums bleibt das qualitative Level durchgängig hoch. Schon das Stück "Man Of Leo", mit einer Lauflänge von 15:30 Minuten erneut ein ausufernder Longtrack, demonstriert erneut die grosse Virtuosität aller Beteiligter: Die wiederum hervorragende Kombination aus gesungenen Passagen, dargeboten von Steve Winwood und Karen Friedman und dem unnachahmlichen Solo-Gitarrenspiel von Al Di Meola, gepaart mit dem schon bekannten Funky-Bass und eher dezent eingestreuten Perkussions-Figuren. Auch dies ist wieder eine dieser tollen rhythmisch-melodiösen Nummern, in welcher erneut die individuelle Klasse der Protagonisten unter Beweis gestellt wird. Es folgt ein kurzes Intermezzo, "Stellar" betitelt. Den Abschluss dieser vierten LP-Seite und somit des ganzen Doppelalbums bildet "Space Requiem", das erneut von Klaus Schulze's elektronischem Equipment beherrscht wird.

"GO Live From Paris" lässt sich als sehr gelungene Variante der sogenannten Fusionmusik hören, mit exzellenten Interpreten, die damit längst nicht mehr vorhandene musikalische Grenzen überschreiten. Dem Japaner Stomu Yamashta war es perfekt gelungen, all die international renommierten Musiker wie Steve Winwood, Al Di Meola, Michael Shrieve und Klaus Schulze in einer sehr kreativen Phase ihres Schaffens zu vereinen und ihnen nicht minder gute Studiomusiker zur Seite zu stellen. Ein Ohrenschmaus für alle undogmatischen Musik-Liebhaber. So sahen es damals auch die Konzertbesucher in Paris und spendeten warm-herzigen Applaus.

Zeitlich vor und nach diesem bemerkenswerten und denkwürdigen Konzert lagen die Studioalben "GO" (1976) und "GO Too" (1977), welche beide ebenfalls absolut empfehlenswert sind, wobei die erste Studioplatte vielleicht dahingehend interessanter ist, da sie Stücke in ihren Studiovarianten präsentiert, welche die Musiker dann in Paris auch live aufführten. Auf dem Werk "GO Too" war Steve Winwood aufgrund seiner eigenen Soloaktivitäten nicht mehr mit dabei, auch Pat Thrall und Jerome Rimson waren weg. An deren Stelle kamen dafür mit Jess Roden ein toller Sänger, und mit dem Bassisten Paul Jackson jener Bassmann, der zusammen mit Herbie Hancock die Headhunters gegründet hatte und auf Hancock's ebenso beeindruckendem wie bekanntem Werk "Head Hunters" mitspielte. Paul Jackson begleitete Herbie Hancock auch bei dessen Auftritten unter dem Namen V.S.O.P. und liess sich schliesslich 1985 in Japan nieder.

Für den interessierten Musikhörer gibt es nicht nur in Form des originalen Live-Doppelalbums einen echten Schatz zu entdecken. Im Jahre 2005 wurde beim australischen Plattenlabel Raven Records eine remasterte Doppel-CD veröffentlicht, welche beide Studio-Werke, sowie das komplette Paris-Konzert auf zwei Silberlingen klanglich restauriert vereint und sehr zu empfehlen ist. Titel: "The GO Sessions" (Raven Records RVCD-182).










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