WORLD PARTY - Goodbye Jumbo (Ensign Records CDP 32 1654-2, 1990)
Inhaltlich ausserordentlich reif wie ein Alterswerk von Bob Dylan, aber musikalisch frisch wie eine Morgendusche präsentierte sich das zweite Werk von Karl Wallinger, dem ehemaligen Musiker der Gruppe THE WATERBOYS. Dessen Liebe zu den Beatles, sowie seinen immensen Fundus an Ideen und Vorstellungen, was er alles machen könnte, wenn man ihn denn nur liesse, trieb der Wunderknabe hier bei dieser wundervollen Platte auf die Spitze. Karl Wallinger gehört in die Kategorie "Hochgeschätzte Musiker, die immer unter Wert verkauft wurden" und sowohl bei den Waterboys, als auch später solo kam ihm nie die Ehre zuteil, die er verdient gehabt hätte. Wallinger erkrankte im Jahre 2000 an einem Gehirn-Aneurysma, erholte sich davon nur langsam und in Folge dessen hörte man danach auch musikalisch längere Zeit nichts von ihm. Sein zweites Werk "Goodbye Jumbo" ist eines dieser absolut zeitlosen Poprock-Werke, die dank ihrer musikalischen Vielfalt niemals an Aktualität verlieren. Die Platte wirkt wie ein altmodisches Singer/Songwriter-Album mit grossem Anspruch. Es präsentiert herrlich vielfältige Songs, die auf den Pfaden eines Ray Davis (The Kinks) genauso wandeln wie auf den folkrockigen Wegen des 70er Jahre Bob Dylan, als dieser mit seiner Begleitgruppe THE BAND Lieder für die Ewigkeit geschrieben hat.
Auf "Goodbye Jumbo" erhält Karl Wallinger Unterstützung von Mitgliedern seiner früheren Band, den Waterboys, sowie Sinead O'Connor. Gespielt wird eine melodiöse, leicht verdauliche und dennoch intelligente Mischung aus Pop/Rock, fein durchwoben mit Elementen aus Folk, Funk, Rhythm'n'Blues und Soul. Eingängige und clevere Melodien und Refrains, die zum mitsingen einladen, finden sich massig auf der Platte. Ausserdem versteht es Wallinger ausgezeichnet, hausbackene Arrangements mit modernen Stilmitteln zu verbinden, sodass sich imgrunde gegensätzliche Instrumentierungen nicht stören, nachzuhören schon im Opener "Is It Too Late", wo klassischer Rocksound auf elektronisches Percussion-Spiel trifft. Dabei wirkt seine Musik weder antiquiert, noch zeitgeistig oder gar trendy. Vielmehr versteht es der Musiker, die Welt von "Goodbye Jumbo" als eine universelle Welt zusammenzuhalten, die sich bein typischen Stilelementen von Mitte der 60er Jahre bis in die Neuzeit bedient, ohne dabei unzusammenhängend zu wirken.
Ausgefeilte Arrangements zeigen beispielsweise der Schunkler "When The Rainbow Comes" und das mit viel Hitcharakter ausgestattete "Put The Message In The Box", die sich beide auf unterschiedliche Art und Weise beim Country Rock der 70er Jahre bedienen und unverschämt schöne und eingängige Melodien präsentieren, während ein waschechter Psycho-Blues mit Falsett-Stimme in "Ain't Gonna Come Till I'm Ready" das typische End-60er Jahre Psychedelic Soul-Feeling eines Curtis Mayfield einfängt.
Textlich zeigt sich Karl Wallinger auf diesem Werk als gedankenschwerer Philosoph. Er stellt Endzeit-Reflektionen über das Sterben der Natur und damit zwangsläufig auch des Menschen an. Selbst ein vermeintlich betulicher Walzer wie "Sweet Soul Dreams" gerät mit Wallinger's ungekünstelter Stimme und dem archaischen Zusammenspiel von Orgel, Klavier, Gitarre und Akkordeon zu einem Kabinettstück britischer Pop-Kunst, das durchaus an vergleichbare musikalische Momente eines Van Morrison erinnert, wie an Songs der Beatles zu Zeiten der LP "Revolver". Gerade bei diesem tollen Stück glänzt auch Sinead O'Connor mit ihrem Background Gesang.
"Goodbye Jumbo" ist eine exquisite Zusammenstellung von tollen Liedern, welche die besten Eigenschaften der erwähnten Bands und Musiker vereinigt. Aber Karl Wallinger schafft es locker, damit eine ganz eigene Stimmung und Atmosphäre zu kreieren. Dezente Rock-Akzente, beschwingter Soul, psychedelische Versatzstücke, manchmal fast hypnotisch wirkende Gesangsarrangements und das Beste aus Vergangenheit und Aktualität in punkto Instrumentierung. Ein wilder Cocktail, den man allerdings als sehr süffig empfindet und alles andere als schwerverdaulich erlebt. Herrlich antiquarisch und trotzdem seltsam unnostalgisch: Naivität, durch musikalischen Farbenreichtum aufeine höhere Ebene transponiert. Dieses abwechslungsreiche Werk eignet sich mit seinem breiten musikalischen Spektrum eher zum hinhören als zum tanzen. Es ist randvoll mit Ideen und vorgetragen mit jener souveränen Leichtigkeit, die man bei anderen Musikern wie Ian Broudie (The Wild Swans, The Lightning Seeds) oder Stephen Duffy (The Lilac Time) auch schon mal zu hören bekommt. Ein ziemlich urbritisches Poprock-Album, das über sämtliche Zutaten eines grossen Werks verfügt und viel Wärme, Melodie und Zauber verbreitet.
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