Jul 12, 2016


BLONDIE CHAPLIN - Blondie Chaplin (Asylum Records 7E-1095, 1977)

Der Gitarrist Blondie Chaplin, geboren am 7. Juli 1951 in Durban, Südafrika als Terence William Chaplin war zwischen 1972 und 1973 ein Bandmitglied der Beach Boys und sorgte dort mit seinem feinen Gespür für versierte Gitarrenläufe einerseits, aber auch durch seine Fähigkeiten als Komponist für nachhaltig gute Kritiken. Chaplin wuchs in einer musikalischen Familie auf und lernte sehr früh das Gitarrenspiel. Als Teenager wurde er Bandmitglied bei THE FLAMES von Ricky Fataar und dessen Brüdern. Nach zwei Nummer 1 Hits verliessen die Flames wegen der Einschränkungen durch das Apartheidsregime Südafrika und zogen nach London, wo sie in kleinen Clubs auftraten. Dort wurde die Band von den Beach Boys-Musikern Al Jardine entdeckt und von Carl Wilson nach Los Angeles zu Aufnahmen für Brother Records eingeladen.

Nach zwei Alben von THE FLAME, wie sich die Gruppe inzwischen nannte, war Feierabend und die Band löste sich auf. Chaplin und Fataar kamen dann zu den Beach Boys, die neue Mitglieder brauchten, nachdem Bruce Johnston aus der Band ausgestiegen war und Dennis Wilson sich schwer an seiner Hand verletzt hatte. Chaplin und Fataar steuerten einige Songs auf den Beach Boys Alben "Carl And The Passions – So Tough" und "Holland" bei und sorgten für einen wesentlich Rhythm'n'Blues-lastigeren Sound der Beach Boys. Blondie Chaplin wurde 1973 während eines Konzertes in New York gefeuert, da er sich mit Stephen Love (Mike Loves Bruder), dem Manager der Beach Boys, überworden hatte.

Erst gut vier Jahre später meldete sich Blondie Chaplin zurück, als er 1977 sein erstes Soloalbum "Blondie Chaplin" präsentierte und mit den Songs des Albums auf Tournee ging. Auf diesem tollen Werk wurde der Musiker von einer Armada von Topmusikern begleitet, welche dazu verhalfen, dem Werk ein hohes Qualitätslevel zu verpassen. So spielten beispielsweise die Musiker Garth Hudson von THE BAND mit, ausserdem mit den Sängerinnen Clydie King und Venetta Fields jene weiblichen Chorstimmen, die bereits für die Rolling Stones auf deren Erfolgsalbum "Exile On Main Street" gesungen hatten. Dazu gesellten sich der Pianist David Mason aus der Band von Joe Walsh, der Pianist und Organist Richard Tee, eine sehr bekannte Grösse vor allem aus dem Jazz-Bereich, der auch langjähriges Mitglied der Gruppe STUFF war, ausserdem dem Saxophonisten Steve Lawrence aus der Band von Buddy Miles und einige weitere hochkarätige Musiker. Am Schlagzeug spielte erwartungsgemäss Chaplin's früherer und langjähriger Weggefährte Ricky Fataar.

Das von Rob Fraboni knackig und druckvoll produzierte Werk überraschte vor allem durch seine grosse stilistische Vielfalt, die einerseits dem traditionellen amerikanischen Rock'n'Roll Lebensgefühl folgte, was schon die Plattenhülle richtig in Szene setzte. Blondie Chaplin verstand es aber auch grossartig, seine bisherigen musikalischen Erfahrungen in das Album einfliessen zu lassen, indem er mit einigen urtypischen Amerikanismen spielte. So bekamen einige seiner Kompositionen einen unüberhörbaren Country Rock-Touch verpasst, der an die Gruppe THE BAND durchaus erinnerte, andererseits präsentierte er grosse Gefühle, wie etwa in der sich nach und nach in einen kernigen Rock hineinsteigernden Ballade "Riverboat Queen", dem meiner Meinung nach besten Song auf diesem Album, das mit forschen und wieder zurückgenommenen Stimmungsbögen perfekt spielt.

Das in seiner Grundstimmung einem Soul Rock am nächsten kommende, sehr groovige "Bye Bye Baby", das den perfekten Einstieg in das Album bietet, lebt vor allem vom ausgezeichneten Chorgesang der Gastsängerinnen Clydie King und Venetta Fields. Der Chor wurde hier um Daniel Moore, Matthews Moore, Carol Holmes und Rita Jean Bodine erweitert und erhielt eine grossartige Fülle. "Can You Hear Me" war ein wiederum toll groovender Poprock mit prägnanter Klavier-Linie und einem ebenso tollen Gesangsarrangement. Auch den Rock'n'Roll packte Blondie Chaplin aus: Die beiden lospreschenden Rocker "Be My Love" und "Gimme More Rock'n'Roll" setzte der Musiker jeweils an den Schluss von Seite A und B der Platte und setzte damit beiden Seiten der LP einen Höhepunkt an Dynamik an den Schluss, eine ebenso stimmige wie schlüssige Lösung, bedeutete sie doch eine Steigerung der Dynamik auf beiden LP-Seiten.

Eine Zusammenarbeit mit David Johanson von den NEW YORK DOLLS brachte Blondie Chaplin später nach New York City. Dort spielte er in der Band SKOLLIE zusammen mit Keith Lentin und Anton Fig und freundete sich mit Keith Richards an, zog aber wieder zurück nach Los Angeles. Aufgrund der Freundschaft mit Richards spielte er zuerst auf dessen Album mit den WINGLESS ANGELS sowie danach auf dem Werk "Bridges To Babylon" der Rolling Stones. Er tourte auch mit den Stones und ist daher auf deren Live-Album "No Security" aus dem Jahr 1998 zu hören. Bei den Aufnahmen für "Forty Licks" war er ebenso präsent wie während der dazugehörigen Tournee, auf der das Album "Live Licks" aufgenommen wurde. Auch bei der "A Bigger Bang"-Tournee stand Blondie Chaplin mit den Rolling Stones auf der Bühne.

Der umtriebige Musiker war eigentlich all die Jahrzehnte hindurch ein typischer sogenannter "Sideman", der viele Top-Bands und Musiker teils über viele Jahre begleitete. Sein zweites Soloalbum "Between Us" erschien erst 2006, also fast 30 Jahre nach dem Debutalbum. Weiterhin spielte er als Sessionmusiker für THE BAND, für JOE WALSH, BONNIE RAITT und das CHARLIE WATTS/JIM KELTNER PROJECT im Jahre 2000. Zusammen mit Anton Fig spielte er am 29. Juni 2013 in der Begleitband von Beth Hart und Joe Bonamassa im Koninklijk Theater Carré in Amsterdam, und auch mit Brian Wilson und Jeff Beck spielte er im selben Jahr live. 2015 war er denn auch auf Brian Wilson's Album "No Pier Pressure" zu hören.







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