Jul 4, 2016


WAYLON JENNINGS - Dreaming My Dreams 
(RCA-Victor Records APL1-1062, 1975)

Waylon Jennings wurde 1937 als Sohn von William Albert und Lorene Bea Jennings auf einer Farm in der Nähe der Kleinstadt Littlefield in Texas geboren. Der Name auf seiner Geburtsurkunde war Wayland, doch änderte dessen Mutter die Schreibweise nach seiner Taufe. Später zog die Familie nach Littlefield, wo sie mit zwölf Personen in einer Zweizimmer-Hütte wohnte und einen Laden besass. Um den Lebensunterhalt zu sichern, arbeitete Jennings schon seit frühester Kindheit auf den Baumwollfeldern. Im Alter von acht Jahren lernte er von seiner Mutter Gitarre spielen; mit zwölf erhielt er bei einem kleinen lokalen Radiosender einen Job als DJ. 1954 zog er nach Lubbock in Texas, wo er erneut als DJ bei einem Radiosender arbeitete. 1958 traf er den Rock ’n’ Roll-Star Buddy Holly. Holly hatte sich gerade von seiner Begleitband, den Crickets, getrennt und suchte neue Bandmitglieder. Als Holly erfuhr, dass Jennings Bass spielte, nahm er ihn in seine neue Band auf. Zusammen mit Holly tourte Jennings nun durch den Süden der USA. Holly war, wie Jennings es beschrieb, eine Art Mentor für ihn. Er produzierte 1958 Jennings erste Aufnahme "Jole Blon", bei der Holly auch als Gitarrist tätig war.

Am 2. Februar 1959 charterte Buddy Holly eine Beechcraft Bonanza, um zum nächsten Auftritt in Moorhead zu fliegen, während einige der Tour-Mitglieder mit dem Bus nachkommen sollten. Weil es mit dem Tourbus Probleme mit der Heizung gab und der Musiker The Big Bopper Anzeichen einer Grippe zeigte und deshalb nicht fahren wollte, überliess ihm Jennings, der eigentlich für den Flug vorgesehen war, seinen Platz im Flugzeug. In der Nacht geriet die Maschine in ein Unwetter und stürzte ab; mit Bopper kamen auch Holly, Richie Valens und der Pilot ums Leben. Als Jennings vom Tod seiner Freunde und Bandmitglieder erfuhr, war er am Boden zerstört. Er fühlte sich schuldig, da seine letzten Worte zu Holly waren: "I hope your ole plane crashes". Es dauerte lange, bis Jennings sich wieder der Musik widmete. Später nahm Jennings Richardsons Song "White Lightnin'" auf, der in der Version von George Jones schon damals ein Hit wurde.

Nachdem Jennings für kurze Zeit wieder beim Radio in Texas gearbeitet hatte, zog er nach Phoenix, Arizona. Dort gründete er seine Band THE WAYLORS und trat mit ihnen regelmässig in der Bar "JD’s" auf. Hier entwickelte sich sein typischer Klang. Er mischte Rock’n’Roll, Folk und Country und verwendete bis auf das Schlagzeug nur elektrische Instrumente. Bei den A&M Records in Los Angeles veröffentlichte er sein erstes Album "Waylon Jennings At JD's", das weitestgehend aus Coverversionen damals erfolgreicher Musiker wie Roy Orbison ("Crying", "Dream Baby"), Buck Owens ("Love’s Gonna Live Here Again") oder Bob Dylan ("Don't Think Twice, It's All Right") bestand, sowie seine erste Single nach dem Tod Hollys, "Four Strong Winds". Eines Tages kam der Countrysänger BOBBY BARE in die Stadt und hörte Jennings spielen. Darauf rief er seinen Produzenten CHET ATKINS in Nashville an. Da Jennings bei A&M unter Vertrag war, musste RCA ihn aus dem Vertrag herauskaufen, danach erhielt er einen Plattenvertrag bei RCA. Seine erste Single dort erschien am 16. März 1965. Kurz danach zog Waylon Jennings nach Nashville. Dort teilte er sich ein Apartment mit JOHNNY CASH. Die beiden wurden schnell Freunde und waren bald bekannt als THE HELLRAISERS. Auch anderweitig hatte Waylon Jennings nun Erfolg, wie in dem Film "Nashville Rebel", in welchem Jennings die Hauptrolle spielte. Seine nächsten beiden Platten, "The Chokin’ Kind" und "Only Daddy That’ll Walk The Line", kamen beide in die Top Ten der Billboard Charts, letztere bis auf Platz zwei. Seine Zusammenarbeit mit den KIMBERLEYS brachte ihm einen Grammy für den gemeinsamen Titel "McArthur Park" ein. Einen seiner ersten grossen Fernsehauftritte hatte Waylon Jennings in der Johnny Cash Show.

Trotz seiner Erfolge war Jennings nicht zufrieden. Vor allem die typische Verfahrensweise der Plattenfirma machte ihm zu schaffen. RCA wählte aus, welche Titel er sang und mit welchen Musikern er diese einspielte. Nach und nach erhielt er jedoch mehr Freiheit, wählte seine Songs selber aus, produzierte selber und spielte mit den Waylors zusammen. 1969 heiratete er nach verschiedenen gescheiterten Ehen die Country-Sängerin JESSI COLTER, mit der er einen Sohn, Shooter Jennings hat, der ebenfalls Country-Musiker wurde. Wegen seiner eigenwilligen Methoden und seiner unangepassten Musik ordnete die Presse Jennings und einige andere Künstler bald der sogenannten "Outlaw"-Bewegung zu. Seine Alben "Lonesome, On'ry And Mean" und "Honky Tonk Heroes" wurden grosse Erfolge. Auch seine folgenden Singles "I’m a Ramblin’ Man" und "Are You Sure Hank Done It This Way ?" verkauften sich gut. Seinen ersten Nr. 1-Hit hatte er 1974 mit der Single "This Time". 1975 wurde er von der Country Music Association zum Sänger des Jahres gewählt. Seinen grossen Durchbruch hatte Jennings 1975 mit der Single "Good Hearted Woman", ein Duett mit Willie Nelson. Das dazu erschienene Album "Wanted: The Outlaws", das er mit Nelson, seiner Frau Jessi Colter und Tompall Glaser veröffentlichte, beinhaltete jedoch sonst älteres Material. Es war das erste Country-Album, das sich mehr als eine Million Mal verkaufte. In der Folge feierte Jennings weitere Erfolge, unter anderem 1977 mit den Singles "Luckenbach, Texas" und "Mamas, Don’t Let Your Babies Grow Up To Be Cowboys" zusammen mit Willie Nelson, letzteres gewann gar einen Grammy für das beste Duett.

Noch bevor er diesen Durchbruch schaffte, kündigte sich dies schon in dem Anfang 1975 erschienenen Album "Dreaming My Dreams" an, einem märchenhaft ruhigen und schönen Werk, das gerade wegen seiner unspektakulären Songs zum besten gehört, das Jennings je veröffentlicht hat. Nicht nur griff er dank seiner Plattenfirma erneut auf die Crème de la Crème der Studiomusiker zurück, er wählte erneut fabelhafte Songs aus und konnte auch zum erstnmal mit einem eigenen Song die Hitparaden erklimmen ("Are You Sure Hank Done It This Way ?"). Mit von der Partie waren unter anderem die Gitarristen John "Buck" Wilkin, Joe P. Allen, Johnny Gimble, Billy Ray Reynolds, Randy Scruggs, Merle Watson und Larry Whitmore. Jennings selbst steuerte zu allen Tracks die Leadgitarre bei. Weitere sehr populäre Sessionmusiker waren etwa der Schlagzeuger Kenny Malone, der Geiger Buddy Spicher, der Mundharmonikaspieler Charlie McCoy und der Steel Gitarrist Ralph Mooney.


 Trotz der umfangreichen Schar an hochkarätigen Musikern gelang es dem Produzenten Jack Clement, ein wunderbar zurückhaltendes Werk zu schaffen, das die ruhige Seite des "Outlaws" Waylon Jennings zeigte und damit einhergehend seine fabelhafte Stimme in den Vordergrund stellte, weshalb viele Fans des Musikers diese Platte als eine seiner Schönsten bezeichnen. Aufgrund seiner verschiedenen Engagements in jenen Tagen, auch mit den Outlaws, die in der Oeffentlichkeit viel stärker wahrgenommen wurden, geriet dieses Album ein bisschen in den Hintergrund, was sich kommerziell bemerkbar machte. Das Album war nicht sonderlich erfolgreich, auch wenn darauf mit den brillianten Nummern "Waymore's Blues", "I Recall A Gypsy Woman", "Bob Wills Is Still The King" und "The Door Is Always Open" Stücke zu finden sind, die Jennings danach jahrelang im Live-Repertoire einen Stammplatz erhielten. Der Countryrocker "High Time (You Quit Your Lowdown Ways)" markiert auf dem Album den einzigen rockigen Ausreisser auf diesem ansonsten recht intimen und gemütlichen Album, auf welchem Jennings mit seinem selbst komponierten "Waymore's Blues" auch mal dezenten Country-Blues präsentierte. Das letzte Stück der Platte, "Bob Wills Is Still The King", ebenfalls eine Jennings-Nummer, war live und stammte von einem Konzert im September 1974. Aufnahmen dieses Konzertes zusammen mit Songs von weiteren Auftritten im Herbst 1974 erschienen später als offizielles Live-Album "Waylon Live".

Bis Mitte der 80er Jahre erreichte Jennings immer wieder die Spitze der Charts, wie beispielsweise mit "I’ve Always Been Crazy", "Amanda", "I Ain’t Living Long Like This", "Rose In Paradise" und "Lucille". Zudem wirkte er in der Fernsehserie "Ein Duke kommt selten allein" mit, für die er den Titelsong schrieb und sang und als Erzähler fungierte. 1983 unternahm er eine Konzerttournee durch Deutschland. Ausserdem holte Jennings seinen Schulabschluss nach, denn er hatte die Schule in der zehnten Klasse abgebrochen. Da seine Plattenverkäufe rückläufig waren, verlor er seinen Plattenvertrag bei RCA. Er unterzeichnete zuerst bei MCA, danach bei Epic Records. Zusammen mit seinen langjährigen Freunden Johnny Cash, Willie Nelson und Kris Kristofferson gründete er die Band THE HIGHWAYMEN. Ihre Single "Highwayman" erreichte Platz 1 der Charts; zwei weitere Alben folgten. Auch als Schauspieler engagierte er sich wieder verstärkt, beispielsweise als Gast in der US-Sitcom "Eine schrecklich nette Familie". 1986 trat er mit Cash, Nelson und Kristofferson im Fernsehremake von John Ford's "Stagecoach" als Spieler Hatfield auf.


Nachdem er seinen Plattenvertrag bei RCA wiederbekam, veröffentlichte er weitere Alben. 1991 brachte er zusammen mit Willie Nelson, mit dem er nicht nur musikalische, sondern auch soziale Projekte realisiert hatte, das Album "Waylon And Willie: If I Can Find a Clean Shirt" heraus. Gesundheitliche Probleme zwangen Waylon Jennings im Jahre 1997 zur Aufgabe seiner Tourneen. Im Jahre 2001 musste ihm infolge vseiner langjährigen Diabetes ein Fuss amputiert werden. Im selben Jahr wurde er in die Country Music Hall of Fame aufgenommen. Bei der Aufnahmezeremonie konnte er jedoch aufgrund seiner schweren gesundheitlichen Probleme nicht selbst anwesend sein, stattdessen nahm sein Sohn Shooter Jennings die Auszeichnung in Empfang. Waylon Jennings starb am 13. Februar 2002 im Alter von 64 Jahren in seinem Haus in Chandler, Arizona.


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