BLUES PILLS - Blues Pills (Nuclear Blast Records NB 3191-1, 2014)
Inzwischen wurde viel geschrieben über diese neue Supergruppe, die sich den sogenannten Retro Blues-Rock auf die Fahne geschrieben hat. Nicht alles, was man darüber lesen konnte, kann ich nun, nach zweijährigem Anhören bestätigen. Unumstritten ist, dass diese instrumental hervorragende Gruppe tief in den Sounds der beginnenden 70er Jahre verwurzelt ist. Und mit Elin Larsson verfügt die Band über eine einmalige Sängerin, die diesen Sound perfekt herüberbringen kann. Wer jedoch immer gelesen hat, dass die Gruppe mit diesen oder jenen Bands und Musikern aus vergangenen Tagen verglichen werden kann, der hat wohl doch letztlich einige Referenzen zuviel zu hören bekommen. Unüberhörbar sind indes zwei markante Einflüsse, die man auch fast in jedem der 10 Songs auf dem Album heraushören kann, selbst dann noch, wenn man nicht in der Zeit Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre sattelfest ist: Wenn die Blues Pills in Richtung gedämpftem Blues gehen, dann schimmern immer wieder die alten Fleetwood Mac durch, speziell deren Gitarrist Peter Green. Der Blues Pills Gitarrist Dorian Sorriaux muss wohl alle alten Platten von Fleetwood Mac und Peter Green zuhause bei sich im Regal stehen haben. Andererseits hört auch das nicht perfekt geschulte Ohr in den Rock Titeln immer wieder den typischen Gitarren-Stil von Ritchie Blackmore. Dies vor allem dann, wenn Sorriaux zu seinen herzhaften Soli ansetzt. Manchmal könnte man da wirklich ins Schwärmen kommen, und wäre da nicht immer die weibliche Stimme von Elin Larsson, so könnte man bei manchen Titeln durchaus meinen, einen bislang nicht veröffentlichten Rocksong der Phase II von Deep Purple erstmalig zu hören.
Gibt es bei soviel Anlehnung an grosse alte Meister überhaupt noch einen sogenannt "eigenen" Sound auf diesem Album zu hören ? Jein, würde ich sagen. Klar, die Zielgruppe der Musik der Blues Pills sind nicht einfach nur die alten Säcke, die die "gute Zeit" damals noch hautnah miterlebt haben, nicht wie diese relativ jungen Musiker, die das höchstens noch von ihren Eltern und deren Plattensammlung kennen. Nein, inzwischen sind auch viele jüngere Rock- und Bluesfans auf diesen Retro-Zug aufgesprungen, nicht nur Musiker, sondern auch schlicht die Musikhörer, denen dieser ganze moderne Mist einfach nicht mehr passt. Irgendwann braucht es einfach wieder dieses gute, alte Rock- und Blues-Gefühl, und das vermitteln die Blues Pills derzeit wie kaum eine andere Gruppe. Viel wurde schon geschrieben, weshalb ich hier eigentlich nicht mehr grossartig etwas über die Band schreiben möchte. Einzig über die Stimme von Elin Larsson möchte ich noch einige Zeilen schreiben: Also irgendwelche Vergleiche mit Janis Joplin finde ich doch eher weit hergeholt. Elin Larsson hat eine sehr eigene, klare und unglaublich kraftvolle Stimme, die sich aber nie in irgendeinem Kreischen ergiesst. Vielmehr behält sie auch in dynamischen Titeln die Klarheit in ihrer ausserordentlich kräftigen Stimme, und man wird aufgrund der souligen Modulationen, mit denen sie immer wieder mal spielt, öfters mal an die deutsche Sängerin Inga Rumpf erinnert. Ausserdem dürfte die aus dem schwedischen Örebro stammende Sängerin durchaus auch schon Platten der dänischen Savage Rose gehört haben, denn in den eher bluesig-verhaltenen Passagen erinenrt ihre Stimme schon auch mal an die grandiose Savage Rose-Sängerin Annisette Koppel.
Sängerin Elin Larsson beschreibt den Stil ihrer Band als harten Bluesrock mit souligem Gesang, was es meiner Meinung nach auch gut trifft, wenn man sich dieses tolle Album anhört. Der Bassist Zack Anderson sieht die Blues Pills wiederum eher als Psychedelic Soul Band, die ihre Wurzeln im Blues hat. Auch davon hört man auf dem Album so einiges. Der Sound der Gruppe wurde als eine Art Jamsession von Aretha Franklin mit der Band Led Zeppelin beschrieben. Auch dieses Statement kann man grade noch so einigermassen gutheissen. Sicherlich ist es interessant, dass die einzelnen Bandmitglieder auf so unterschiedliche Art und Weise ihr gemeinsames Projekt beschreiben. Das bedeutet letztlich auch, dass die Gruppe an sich sehr flexibel und uneingeschränkt musizieren kann, ohne sich in irgendwelchen vorgefertigten Manierismen zu verheddern. Es gibt stets zig Möglichkeiten, die Soundrichtung der Gruppe immer wieder zu hinterfragen und neu auszurichten. Das hat in jedem Fall Zukunftspotential.
Als Haupteinflüsse der Band nennt Elin Larsson klassische Rockbands wie Free, Fleetwood Mac, Grand Funk Railroad, Frumpy, November und Cactus, aber auch zeitgenössische Gruppen wie Graveyard oder Kadavar. Der Bass- und Gitarrensound der Band wird von Muskexperten häufig mit dem von Ten Years After verglichen. Natürlich ist auch das nicht ganz falsch. Wobei ich noch immer denke, dass es vor allem die Peter Green-Phase von Fleetwood Mac auf der einen, und der ungestüme Hardrock der früheren Deep Purple sind, die hier die meisten Reminiszenzen erfahren. Die hauptsächlich von Elin Larsson und Zack Anderson verfassten Songtexte handeln häufig von persönlichen Gefühlen und Erlebnissen, die in den Songs verarbeitet werden. Ferner geht es in den Texten um die Suche nach der Seele, dem Sinn des Lebens aber auch um die Familien und Freunde der Musiker. Laut Anderson entstehen die meisten Texte spontan. Dies wiederum entspricht auch genau dem Vorgehen, das man von der Gruppe auch in punkto Musik spürt. Die Blues Pills wirken deshalb so frisch und ungestüm, weil sie einem oft das Gefühl geben, man wäre hier direkt an der Entstehung eines grossartigen Werks beteiligt. Diese Rohheit in ihrer Musik, die durch die nicht von allen Kritikern gôutierte, irgendwie nachlässige Klangqualität noch zusätzlich unterstütz wird, wirkt in der Tat so, als würde man sich diese fabelhafte Platte im viel zu lauten Proberaum der Blues Pills anhören. Also ich finde das, zurückhaltend ausgedrückt, affengeil.
Ich möchte hier auch bewusst keine Songs nennen, die mir am besten gefallen. Die 10 Songs des Albums sind allesamt erstklassig zu nennen. Sie verströmen einerseits genau den Charakter, den diese Art von Musik braucht, andererseits würde es den anderen Titeln nicht gerecht werden, würde ich nur einige aus dem Album als favorisierte Stücke benennen. Aber natürlich gibt es auch auf diesem Album, das ich als Meilenstein guter Musik bezeichnen möchte, einen Song, der mir besonders gut reinkommt. Es ist der Opener "High Class Woman". Aber vermutlich nur deswegen, weil er mich brutal in die Welt der Blues Pills reisst. Denn alles, was danach kommt, begeistert mich im Grunde genauso. Aber dieser Einstieg, Mannohmann, das ist schon wirklich bemerkenswert. Im August erscheint das offizielle zweite Album der Band, "Lady In Gold". Da bin ich schon sehr gespannt drauf.
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