ROSE TATTOO - Rose Tattoo (Albert Productions APLP-032, 1978)
Das im November 1978 erstmals in Australien veröffentlichte Debutalbum der bluesgetränkten Hardrocker ROSE TATTOO war ein Dampfhammer erster Güte und ein weiterer schlagkräftiger Beweis dafür, dass Australien nach AC/DC eine weitere fette Rock-Sensation bereit hielt, die ihren Siegeszug um die Welt antreten würde. Rose Tattoo wurden 1976 von dem Musiker Peter Wells in Sydney gegründet. Sänger seit Anbeginn ist Gary "Angry" Anderson, dessen markante Stimme einen Teil des Wiedererkennungswerts der Band ausmacht. Prägend für Rose Tattoo ist ausserdem der Einsatz einer Slide-Gitarre. In den späten 80er Jahren löste sich die Band auf. Erst 1993 schaffte sie ein Comeback, nachdem ihnen die Gruppe Guns'N'Roses in Australien die Möglichkeit des Support Acts auf ihrer dortigen Tour gaben. Im Jahr 2005 spielten Rose Tattoo beim "Vaya Con Tioz"-Abschlussfestival der Böhsen Onkelz auf dem Lausitzring vor 120'000 Zuschauern, was bis dato ihren grössten Auftritt bedeutete. Der Anfang jedoch war nicht ganz so spektakulär, wie etwa im Falle der stilistisch ähnlichen AC/DC, die praktisch von Beginn weg weltweit durchstarten konnten. Die ersten vier Alben von Rose Tattoo wurden vom Produzentengespann Harry Vanda und George Young produziert, welches auch für AC/DC tätig war.
Peter Wells, der vormalige Bassisten der Gruppe BUFFALO startete Rose Tattoo zusammen mit dem Rhythmus-Gitarristen Mick Cocks. Ausserdem gehörten die vormaligen Buster Brown-Mitglieder "Angry" Anderson und Dallas "Digger" Royal zur Besetzung. Da sich Wells fortan mit einer Slide Gitarre beschäftigen wollte, wurde der Bass von Ian Rilen (vormals "Band Of Light") übernommen, der sich das Spielen des Instruments während eines Gefängnisaufenthaltes angeeignet hatte (!), was dem "Bad Boys" Image der Gruppe bestimmt noch zusätzlich zuträglich war. Nach kurzer Zeit entwickelte das Quintett ein kompromissloses Hardrock-Konzept nach dem Vorbild ihrer Landsleute von AC/DC. Der wesentliche Unterschied zu Angus Young und dessen Band bestand darin, dass die Gruppe um den kahlköpfigen "Throat" Angry Anderson, der seinem Nickname alle Ehre machte, anders als die meisten Heavyrocker auch eine Slidegitarre als oftmals dominierendes Instrument einsetzte, was dem harten Rocksound von Rose Tattoo stets eine bluesige Note verlieh.
Mit ihrem ersten Album "Rose Tattoo" konnten die harten Jungs von Beginn weg überzeugen und begeistern. Die Gruppe intonierte kraftstrotzende Songs, die meist vom Team Anderson / Cocks komponiert worden waren. Hierbei wurden intellektuelle Musikalität und extrovertierte Soli gegenüber einem dichten Powersound ohne Tempobegrenzung zurückgestellt. Im Londoner "Marquee Club" wurden sie als lauteste Band seit Led Zeppelin gefeiert. Dennoch gab es mit dem längeren Titel "The Butcher And Fast Eddy" einen, wenn auch harten, Blues mit dramatischem Songtext. Die Musik auf dem ersten Album war einerseits stark von den rauhen 60er Jahre-Sounds der Rolling Stones geprägt, aber auch von den kernigen Stücken der FACES und natürlich von der Härte von AC/DC, die ihnen letztlich auch diese Platte via das gemeinsame Management Albert Productions ermöglichte. Die Debut-Single "Bad Boy For Love", komponiert von Ian Rilen, schoss auf Platz 19 in den australischen Charts. Trotzdem verliessen nacheinander sowohl Rilen wie auch dessen Nachfolger, der Bassist Chris Turner (Ex-Buffalo) die Gruppe, bis schliesslich mit dem ehemaligen Buster Brown-Bassisten Geordie Leach der Richtige in der Band war, und auf dem ersten Album mitspielte.
Das Album, produziert von Vanda & Young, erreichte trotz ihrer zweiten Single "Rock'n'Roll Outlaw", die recht erfolgreich war in Australien, nicht einmal die Top 50, ein Umstand, der heute kaum mehr nachvollzogen werden kann, wenn man bedenkt, welchen Kultstatus dieses tolle Werk heute unter Rockfans in aller Welt geniesst. Es ist auch bis heute das beste Werk der Band geblieben. Der nun definitive Bassist Geordie Leach verliess die Gruppe auch bald nach den Aufnahmen zur LP wieder, weshalb erneut ein Neuer dazukam: Lobby Loyde, eine wahre Legende der australischen Rockszene. Aber uach er blieb nicht für lange. Doch zu den Songs auf dem Album:
Schon der Opener "Rock'n'Roll Outlaw" war ein erdiger, toller Bluesrock, der von der kehligen und aggressiven Stimme von Angry Anderson lebte. In Helen Schneider's zivilisierterer Version "Rock'n'Roll Gypsy" sollte dieser Song im Jahre 1982 sogar die Top10 in Deutschland und gar Platz 1 der Schweizer Charts erreichen. Die ebenfalls auf dem Album lospreschenden Stücke "Nice Boys", "One Of The Boys", "Remedy" und "Bad Boys For Love" sind längst zu Klassikern geworden. Der Rocker schlechthin war aber das letzte Stück "Astra Wally", eine wahre Highspeed-Rock'n'Roll-Orgie, die über fast 6 Minuten Laufzeit eine wahre Tour De Force bot, die noch heute selbst von AC/DC unerreicht blieb. Trotz all dieser hervorragenden Songs schafften Rose Tattoo den ganz grossen Durchbruch jedoch in der Folge nicht. Zwar spielte die Gruppe länger als die meisten Bands, hatten immer wieder mit Personalproblemen zu kämpfen, doch am Ende blieben sie stets das, was sie seit Anbeginn waren: die leider nur "kleinen" AC/DC, die zwar bald jeder Hardrock-Fan kannte, die es aber dennoch nie ganz zuoberst aufs Treppchen schafften. Im Rock-Olymp allerdings stehen sie wie eine Bank seit vielen Jahren, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie mit viel Durchhaltewillen und konstantem Lärmpegel an Konzerten stets zu begeistern wussten.
Fünf ehemalige Mitglieder sind mittlerweile leider verstorben: Dallas Royall (Krebs, 1991), Peter Wells (Prostatakrebs, 2006), Ian Rilen (Blasenkrebs, 2006), Lobby Lloyde (Lungenkrebs, 2007) und Mick Cocks (Leberkrebs, 2009). Rose Tattoo feierten ihren 35. Geburtstag im Jahre 2011. Bis dahin hatten in der Band nicht weniger als 27 Musiker mitgespielt, einzige personelle Konstante blieb am Ende lediglich der Sänger "Angry" Anderson. Trotz mehrerer Andeutungen hinsichtlich einer Auflösung von Rose Tattoo (unter anderem auf der Webseite der Band und in einem Interview) gab die Band Ende März 2016 auf ihrer Homepage die Unterzeichnung eines neuen Plattenvertrags mit Golden Robot Records bekannt. Dieser Vertrag beinhaltet eine Neuauflage des Studioalbums "Blood Brothers" von 2007, die Veröffentlichung eines Konzerts von 1983 in Form eines Livealbums sowie die Veröffentlichung eines neuen Studioalbums. Dieses soll noch 2016 erscheinen und möglicherweise den Titel "Blood Sweat And Beers" tragen.
"Angry" Anderson ist im übrigen Träger des "Order Of Australia", eines von Queen Elizabeth II. eingeführten Ordens für besondere Verdienste. Das erste Werk von Rose Tattoo ist bis heute eines der überzeugendsten und nachhaltigsten Debutalben der Rockmusik.
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