Nov 12, 2016


JOHN KONGOS - Kongos (Elektra Records EKS-75019, 1972)

Im Frühjahr 1972 konnte man überall im Radio, und schliesslich auch in der Hitparade, einen tollen Stomper hören mit dem Titel "Tokoloshe Man" von einem hierzulande bis dato ziemlich unbekannten Musiker namens John Kongos. Da diese Single beim kleinen Label Fly Records erschien, auf welchem auch Marc Bolan mit seinen T. Rex ihre überaus erfolgreichen Singles "Hot Love" und "Get It On" herausgebracht hatte, fand auch John Kongos ziemlich rasch ziemlich grosse Beachtung. Seine erste Single, im Mai 1971 auf Fly Records erschienen, hiess "He's Gonna Step On You Again" und knackte bereits die Top 5 in England, und der im Januar 1972 nachfolgende "Tokoloshie Man" konnte diese Marke ebenfalls knacken. Dabei hatten es beide Singles absolut verdient, zu Hits zu werden, denn sie waren beides exzellente Kompositionen eines Musikers, der letztlich so unbekannt gar nicht war. Jedenfalls hatte er bereits eine lange musikalische Biographie vorzuweisen, die zwar auch von vielen Misserfolgen geprägt war, jedoch auch den einen oder anderen finanziell zählbaren Erfolg abwerfen konnte. Nach nur einer einzigen LP und noch ein paar Singles, die zwar allesamt recht bekannt wurden, aber keine Hits mehr abwarfen, zog sich John Kongos relativ schnell wieder aus dem aktiven Musikerleben zurück, denn er sah sich selbst ohnehin nie als Popstar im Rampenlicht, sondern wollte von Beginn weg viel lieber als Songschreiber und Produzent arbeiten. Auch die Tontechnik war sein bevorzugtes Terrain. Der kommerzielle Erfolg seiner beiden ersten Singles liessen es immerhin zu, dass er sich ein Tonstudio einrichten konnte, um fortan Aufnahmen zu machen und andere Künstler und Bands zu promoten und produzieren.

John Kongos stammte aus Johannesburg in Südafrika, wo er im Jahre 1946 das Licht der Welt erblickte, und er wuchs in den 50er Jahren auf mit all den britischen und amerikanischen Rock'n'Roll- und Popstars, die ihn seit frühester Jugend faszinierten und früh sein Interresse weckten, selber ebenfalls im Bereich Musik Karriere machen zu wollen. Die Initialzündung war dann ein Konzert von Tommy Steele in den späten 50er Jahren, das ihn so begeisterte, dass er eine ernsthafte musikalische Karriere in Angriff nehmen wollte. Tommy Steele war so etwas wie der erste echte britische Rock'n'Roller, der dem musikalischen Stil der amerikanischen Topstars in England ziemlich erfolgreich nacheiferte. Steele war auch international bekannt, besonders in Südafrika, wo er auch mit einigen Singles in der Hitparade vertreten war. John Kongos begann bereits ab Ende der 50er Jahre in kleinen Clubs und Coffee Houses zu spielen. Als Allround-Entertainer mimte er dabei den Rock'n'Roll-Star, legte aber auch Platten auf als DJ und war sehr beliebt beim Publikum, weil er auch über eine grosse Portion Humor und Fröhlichkeit verfügte.

Nachdem Kongos den Shadows-Gitarristen Hank Marvin live erlebt hatte, der zu jenem Zeitpunkt mit dessen Band den Topstar Cliff Richard begleitete, begann John Kongos selbst, Gitarre zu spielen und suchte sich Musiker, um eine eigene Gruppe zu gründen. Von dauerhaften Engagements jedoch war der umtriebige Sänger und Gitarrist noch weit entfernt, und so bedurfte es erst einiger Erfahrungen in diversen mehr oder minder erfolglosen Bands, bis seine Popularität kontinuierlich wuchs. Als er jedoch 1963 einen Kontakt zum Produzenten Mickie Most in London aufbauen konnte und die Beatlemania in der Welt ausbrach, siedelte er nach London um. Leider konnte er aber auch dort nicht den erhofften Erfolg finden, und so ging er wieder zurück nach Südafrika, wo er eine weitere Band mit dem Namen John Kongos And The G-Men gründete. Diese Band erlangte allerdings grosse Popularität in seiner Heimat, und weil er nachwievor der Meinung war, in England sehr viel besser arbeiten zu können und vielleicht auch international die besseren Möglichkeiten zu erhalten, machte er sich 1966 erneut nach London auf. Nun veröffentlichte John Kongos einige Singles in England, kurioserweise einige unter seinem eigenen Namen, einige auch unter dem Bandnamen Scrugg, die aber allesamt kaum wahrgenommen und verkauft wurden. Diesmal liess er sich jedoch nicht entmutigen und blieb in England, versuchte aber nicht mehr in erster Linie, als Musiker zu reüssieren, sondern verlagerte sein Arbeitsgebiet auf das Schreiben von Songs und Texten für andere Künstler.


1968 unterzeichnete er einen Anstellungsvertrag bei Essex Music als Songschreiber und Texter, nachdem er seine zuletzt erfolglose Band aufgelöst hatte. Dieses Engagement erwies sich relativ schnell als richtige Entscheidung. Der erste grosse Erfolg kam für ihn, als er sein Stück "Won't You Join Me ?" als deutsche Version, gesungen von Daliah Lavi unter dem Titel "Oh Wann kommst Du ?" in Deutschland bis ganz zuoberst in die Hitparade brachte und ihm sehr grosses Ansehen verlieh. Fortan war er sehr begehrt als Songschreiber, sowohl in England, als auch in Deutschland. Daliah Lavi's "Oh Wann kommst Du ?" wurde zu einer der erfolgreichsten Singles in Deutschland im Jahre 1969. Im Zuge dieses Erfolges produzierte Kongos eine weitere eigene Platte, und zwar seine erste eigene LP mit dem Titel "Confusions About Goldfish", die auf dem Plattenlabel Dawn Records veröffentlicht wurde, aber kaum Resonanz zeigte, worauf er sich einmal mehr frustriert der Tontechnik und dem Schreiben für Andere widmete. Er richtete sich ein für damalige Verhältnisse sehr innovatives 8 Spur-Studio ein und experimentierte für sich selber nur noch im Stillen, ohne dem Anspruch, neues Songmaterial zu veröffentlichen. Ein Manager von Essex Music indes erhielt einige Stücke von John Kongos, die er nicht für andere Musiker schrieb, zu hören und schaltete den renommierten Produzenten Gus Dudgeon ein.: Ein wohlbekannter Name, der für Produktionen von Ten Years After, Tea & Symphony, Bakerloo, David Bowie, Magna Carta, Marsha Hunt, Elton John und Al Stewart stand. Dudgeon wählte einen von John Kongos' stärksten Songs aus, um ihn als Single zu veröffentlichen: "He's Gonna Step On You Again". Als B-Seite für diese Single wurde Sometimes It's Not Enough" gewählt, ein Titel, der auf dem späteren zweiten Album nicht berücksichtigt wurde und auch auf Kongos' Debutalbum nicht zu hören war.

Die Single "He's Gonna Step On You Again" erschien im Mai 1971 und erreichte den Platz 4 in den britischen Charts. Entscheidend war die Wahl des Plattenlabels: Auf Fly Records gab es damals zeitgleich Singles von T. Rex, aber auch von Joe Cocker, The Move und Procol Harum, und alle erwiesen sich als sehr erfolgreich. Dagegen war John Kongos' Single eher ein sogenannter 'Nebenher'-Erfolg, der im Zuge der Veröffentlichungen der weitaus berühmteren Künstler des Label einfach mitbeworben wurde, nicht ohne Erfolg, wie man feststellen konnte. die Single war auch in Amerika recht erfolgreich, sie erschien dort auf dem Label Elektra Records, wie auch die spätere LP "Kongos". Das Stück "He's Gonna Step On You Again" wurde im Jahre 1990 von den Manchester Raverock-Superstars Happy Mondays gecovert und noch einmal in die Top 5 in England gebracht, was absolut für die Qualität dieser Komposition spricht.

Nun war der Weg frei für das nächste Projekt: Die zweite LP "Kongos". Die nachfolgende Single "Tokoloshe Man" geriet zum Radio-Hit allüberall und bewies Kongos' sicheres Händchen für gute Melodien einerseits, aber auch für eine qualitativ perfekte Produktion und ein tolles Songarrangement. Beide Hit-Singles waren auf dem Album enthalten und es verkaufte sich entsprechend gut, und zwar sowohl in Amerika, wie auch in Europa. In England konnte das Album auch die Hitparade erklimmen, wenn auch nicht so hoch wie die beiden Singles daraus. Das Problem war allerdings, dass John Kongos sich nicht dazu aufraffen konnte, wieder monatelang auf Tournee gehen zu wollen, und so geschah es, dass eine dritte Single, "Great White Lady" von der Plattenfirma nicht mehr veröffentlicht wurde. Einerseits, weil die Verantwortlichen zu wenig Promotionswillen seitens des Künstlers sahen, aber auch, weil Fly Records eingestellt und zu Cube Records mutierte. Cube Records mochte diese dritte Single dann aber nicht veröffentlichen ohne entsprechende Live-Konzerte des Künstlers. Das Stück "Great White Lady" war nicht auf dem originalen Album "Kongos" zu finden und ist somit als Promo Only-Single sehr gesucht. Alelrdings kann man das Stück auf der im Jahre 1998 wiederveröffentlichten CD-Version des Albums "Kongos" (auf Snapper Records) als Bonus Track wiederfinden.

Der aufkeimende Glam Rock führte dazu, dass John Kongos sich danach wieder ausschliesslich auf das Komponieren und Texten von Songs für andere Künstler konzentrieren wollte, denn er sah sich selber nicht in der Rolle des schillernden Glitzerstars, der auf ein äusserliches Erscheinungsbild mehr Wert legt als auf künstlerisches Schaffen. Er veröffentlichte trotzdem in der Folge noch ein paar Singles, die auch ordentlich verkauft werden konnten, aber keine Chartsplatzierungen mehr einbrachten. Eine dieser Singles, "Ride The Lightning", war in seiner eigenen Version kein Erfolg, wohingegen die französische Künstlerin Sylvie Vartan den Song in ganz Europa zu einem Hit machte. Zu den ganz starken Momenten zählt auch seine Single "Higher Than God's Hat", ein druckvoller harter Rock mit tollem Orgelfeeling, der aber leider komplett unterging. John Kongos wirkte danach auch als Musiker auf Platten von Ralph McTell oder Mike D'Abo mit, erschien auf Def Leppard's Erfolgsalbum "Pyromania" als Programmierer des auf dem Werk der Hardrocker eingesetzten Fairlight Synthesizers und hatte sich letztlich ausschliesslich auf das Produzieren von TV-Themen, Jingles und Werbemelodien spezialisiert.

John Kongos' Meisterstreich blieb letztlich dieses zweite Album, auf welchem der Sänger, Songschreiber und Musiker zehn hochklassige Songs präsentierte, die von einer ausgesuchten Top-Truppe aufgenommen wurden. Produziert von Gus Dudgeon, dem quasi 'Haus'-Produzenten von Elton John zum damaligen Zeitpunkt spielten auf der Platte gleich drei Musiker der Band Hookfoot mit, nämlich der brilliante Gitarrist Caleb Quaye, der Bassist Dave Glover und der Schlagzeuger Roger Pope. Quaye und Pope spielten auch auf Elton John's Platten mit. An der akustischen Gitarre war auch der bekannte Folkmusiker Ralph McTell zu hören ("Streets Of London"), der Perkussionist Ray Cooper und der Saxophonist Lol Coxhill. Die damals vielbeschäftigten weiblichen Chorsängerinnen Sue (Glover) und Sunny (Leslie) rundeten die Studio-Mannschaft mit hervorragenden Gesangsarrangements ab. John Kongos ist heute zumindest als Musiker nicht mehr viel mehr als eine Fussnote im Rock'n'Roll Biz, aber als Produzent, Songschreiber und Arrangeuer hat er viele Spuren im Musikzirkus hinterlassen. "Kongos" ist noch heute eine Entdeckung wert: die zehn Songs des Albums sind auch aus heutiger Sicht noch immer wesentlich stärker und zeitloser als so manch andere Stücke, die damals gemeinhin zu hören waren. Vor allem sind Kongos' Songs nachhaltiger und wirken und beeindrucken bis heute.










John Kongos' letzte Singleveröffentlichung "Higher Than God's Hat", die in Deutschland auf dem Sammler-Label Pan Records erschienen war, erachte ich persönlich als einen seiner besten Songs. Darauf versuchte er, sich dem Zeitgeist zu nähern und mit der Single gelang ihm eigentlich ein treffsicherer Titel, der viel vom typischen T. Rex Sound hatte, aber auch Anleihen an Mott The Hoople und noch stärker an Roy Wood's Wizzard aufwies. Leider konnte Kongos auch mit diesem Titel nicht punkten. Die Single wurde kaum verkauft.

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