Nov 5, 2016

METRO - Metro (Transatlantic Records TRA 340, 1976)

Die Popgeschichte ist voll von grossartigen Platten, deren Macher niemals den verdienten Erfolg erleben durften. Metro's erstes Album von 1976 ist ein Musterbeispiel für dieses Phänomen. Traurig, aber wahr. Als David Bowie das musikalische Duo um Duncan Browne und Peter Godwin im Jahre 1983 mit seiner Version ihres wundervollen Songs "Criminal World" ehrte, war es für Metro bereits zu spät, da sich die Band längst aufgelöst hatte. Aber so bekamen diese beiden brillianten Musiker wenigstens noch die Tantiemen, die sie schon vorher verdient gehabt hätten. Das selbstbetitelte Album von Metro ist ein perfekt arrangiertes Glam Pop-Meisterwerk. Die Songs sind allesamt überwältigend schön. Ich höre mir diese Platte schon seit Erscheinen immer wieder an, und sie hat sich bis heute überhaupt nicht abgenutzt. Die acht Titel des Albums sind absolut zeitlos, elegant und von einer ganz eigentümlichen Entrücktheit. Metro waren zwar musikalisch letztlich unvergleichlich, aber ganz sicher kann man sie mit Cockney Rebel, 10cc, David Bowie und Roxy Music, vielleicht auch mit Al Stewart vergleichen. Bereits 1978 verliess Duncan Browne die Gruppe und nahm sein wunderbares erstes Solowerk "The Wild Places" auf. Er verstarb im Mai 1993. Metro veröffentlichten ohne ihn noch zwei weitere Alben, die aber nicht an die Qualität der ersten Platte heranreichten. Nach der Auflösung von Metro versuchte auch der zweite kreative Kopf der Gruppe, Peter Godwin, eine Solokarriere, doch sie war, wie auch seine Band Metro, letztlich wenig erfolgreich. Das erste Metro-Album aber ist eine schimmernde Perle, deren magische Wirkung nie nachlässt und bis heute wirkt.

Musikalisch war die Gruppe wohl einfach einige Jahre zu früh, respektive ihrer Zeit voraus, je nachdem, wie man es betrachten will. Typische Merkmale des Metro-Sounds war eine eigentümlich distanzierte Kühlheit, die aber auch einen leicht mystischen Touch in sich trug, weshalb sie sehr faszinierend fremdartig wirkte. Unterkühlte Sachen waren damals, im robusten Zeitalter des Punk daher kaum gefragt. Selbst filigrane und warme Sounds wie zum Beispiel von einer damals neuen Band namens Dire Straits dargeboten, hatte es anfänglich nicht leicht, einen Plattenvertrag zu ergattern. Dennoch konnte man die Kompositionen auf dem Metro-Debutalbum als absolut hochkarätig bezeichnen. Duncan Browne hatte seinen künstlerischen Höhepunkt schon erreicht, bevor er überhaupt eine Platte hat veröffentlichen können. Dass die Stpcke auf dem Album aus dem Jahre 1976 heute noch so frisch wirken, immer noch faszinieren und nichts von ihrer Faszination verloren haben, spricht da absolut für sich. Metro ging an sich als Trio an den Start, waren aber nach aussen hin vor allem die beiden Musiker Godwin und Browne. Als Dritter im Bunde steuerte auch Sean Lyons kompositorisch einiges bei, viele der Songs sind im Dreier-Verbund geschrieben und arrangiert worden. Zu dem Trio gesellten sich ausserdem noch der Bassist John Dearie Giblin, der weltberühmte Schlagzeuger Simon Phillips, der nicht weniger bekannte Violonist Graham Preskett, sowie der Gastsänger Barry Husband, der mit seiner hohen Stimme als Chorsänger und für die mehrstimmigen Lead-Vokalsätze eingesetzt wurde. Die Arrangements der Songs peppten die Musiker stellenweise mit einem Streicherarrangement auf.

Als Highlights dürften sicherlich das auch als Single erschienene "Criminal World" und das Paradestück "Flame" aus der Feder von Peter Godwin genannt werden, letzteres inklusive einleitender Overture insgesamt achteinhalb Minuten lang und sehr beeindruckend in seiner Eleganz und Musikalität. "Criminal World" indes war eine Vorwegnahme des späteren typischen New Wave Sounds, allerdings ohne deren, besonders ab der ersten Hälfte der 80er Jahre eingesetzten und bis zum Erbrechen missbrauchten synthetischen Instrumental-Verkleisterungen. Stattdessen wies der Song trypische Mitt-Siebziger Art Rock-Elemente auf, was sich ganz besonders auch im instrumentalen Arrangement bemerkbar machte, das an mehr als einer Stelle an die Musik beispielsweise von Be Bop Deluxe erinnerte. Waren die Genannten jedoch im Gegensatz zu Metro schon fast bodenständig in ihrer Art zu musizieren, so waren Metro die Art Rock (oder eben Art Pop)-Träumer, die ihren Songs immer einen mysteriösen Schleier verpassten. Ihre Songs klangen immer mindestens einen halben Meter ab Boden und trotzdem nie abgehoben. Es ist einfach dieses nicht Greifbare, irgendwie Nebulöse, was die Stücke von Metro ausmachten und immer noch ausmachen.

Mit dem schon fast leicht verdaulichen "Black Lace Shoulder" setzten sie der eleganz in ihrer Musik dann die Krönung auf. Dieses instrumentale Arrangement konnte beides vermitteln: Grenzenlose Romantik und gleichzeitig eine schöne, greifbare Grundatmosphäre. Mit Textzeilen wie "I'm not tired, I'm not sleeping, I'm not thinking - uninspired I'm just wasted on your love" verliehen sie dem Song geradezu eine himmlisch romantische Grandezza. Am treffendsten mit ihrer ganz eigenen Sichtweise betrachtet, beschrieben sich Metro wohl im Song "Mono Messiah", wo sie zu folgender Selbstanalyse kommen: "I'm not your Hollywood Scarlatti or your Rock'n'Roll Rossetti or the magazine cover of your gypsy-jade lover, I'm not the screen-apparition or the teenage physician - I'm the Mono Messiah of your stereo desire". Ist das nicht ganz wundervoll poetisch erklärt ? Auf dem Stück setzt Gastmusiker Graham Preskett mit seinem Violinen-Solo den Glanzpunkt, welches sehr nahe an David LaFlamme's Geigenfeeling in dessen Band It's A Beautiful Day heran reicht.

Die zu mondänen Stadtgockel aufgebrezelten, Verzeihung stilvolle Bohémians getrimmten Musiker duncan Browne und Peter Godwin auf dem Plattencover verkörpern perfekt die Musik, die auf ihrer Platte geboten wird: Elegante Kompositionen voller mondäner Flüchtigkeit, zurückgehalten allerhöchstens von einer schleppend vorbeiziehenden Wolke (mindestens der Kategorie 'Nummer 7'), dargeboten von Musikern, die vermutlich selbst unter härtesten Arbeitsbedingungen im Tonstudio auf ihr elegantes Sakko nicht verzichten mochten. Musikalisch stellt die erste Metro-LP zweifellos eines der schönsten und in ihrer Art leicht entrückten alternativen Meisterwerke der 70er Jahre dar, das es unbedingt wert ist, auch heute noch entdeckt zu werden.





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