Jun 9, 2017

JESTOFUNK - Love In A Black Dimension (Irma Records IRMA 480390-1, 1994)

Jestofunk waren von Anfang an drei italienische DJ's, die für ihre Studiosessions und Live-Auftritte verschiedene Gastmusiker engagierten. Das musikalische Konzept entsprach dem der Besetzung: House- und Dance-Grooves kombiniert mit Soul und Funk. Jestofunk galten als Vertreter des Genres Acid Jazz. Zu Beginn der 90er Jahre trafen sich die drei bereits in der italienischen House-Szene bekannten DJs Glaudio 'MozArt' Rispoli, Francesco Farias und Blade in ihrer gemeinsamen Heimatstadt Ravenna. Ihr Konzept war, die Ursprünge des House mit der zu dieser Zeit aktuellen Musik zu kombinieren. Zunächst erschien 1992 die Single "I'm Gonna Love You", die nicht nur in italienischen Clubs, sondern auch in England sehr erfolgreich war. In den darauf folgenden Jahren veröffentlichten die Italiener mit "Say It Again" und "Can We Live" noch zwei weitere Singles, die ebenfalls sehr guten Anklang fanden.

Durch den Erfolg dieser drei Singles ermutigt, entstand die erste LP, welche 1994 erschien. Ebenso wie die drei Singles zuvor war "Love In A Black Dimension" ein voller Erfolg. Das Besondere an der Platte und ganz allgemein ihrer Musik war, dass sie zu jeder Zeit organisch klang, nicht nach Synthetik und ein Merkmal waren auch die ausgesuchten Arrangement-Spielereien, die von kompetenten Musikern beigesteuert wurden. So setzten beispielsweise Fred Wesley mit seiner Posaune, Ce Ce Rogers mit seinem markanten und absolut wunderbar-souligen Gesang und vor allem auch der Perkussionist, Congas-Spieler Asero bemerkenswerte Akzente. Die Musik von Jestofunk klang durch diese 'echten' Instrumente ausserordentlich amerikanisch, wie so manch andere Acid Jazz-Band, wie etwa die Brand New Heavies, welche ebenfalls zu den bedeutendsten und bekanntesten Vertretern dieses Musikstils gezählt werden.


Nach einem leicht verwobenen und mysteriös anmutenden "Intro" legten Jestofunk los mit dem Titel "Can We Live", der mit einem treibenden Beat und einem ausgezeichneten Soulgesang von Ce Ce Rogers brillierte. Von dieser Nummer, die als Single für die Dancefloors in verschiedenen Remix-Varianten und Extended Play-Versionen aufbereitet wurde, gab es in der originalen Album-Version knappe sechseinhalb Minuten pure Bauchmusik ohne elektronische Gimmicks, die vor allem später auf mehreren Extended Versionen angereichert wurden. Auch "Fluid" und insbesondere "Find Your State Of Mind" überzeugten durch ihre musikalische Finesse. Bei diesen beiden Nummern zeigten die DJ's und Musiker insbesondere ihren Hang zu jazzigen Elementen, und auch die eingesezte Bläsergruppe - Fred Wesley, Maurizio Caldura, Vonn Washington und James Thompson - überzeugte mit gut ausgearbeiteten Bläser-Arrangements. Das wieder vorwärts treibende "Say It Again" war nach einem ähnlichen Muster wie "Can We Live" gestrickt: Ce Ce Rogers' souliger und warmer Gesang zog sich angenehm durch diesen Song, wobei das Schwergewicht nicht auf einem explizit erzählerischen Moment aufbaute, sondern auf dem bedingungslosen Groove, variantenreich unterstützt durch die zusätzlichen Instrumente, wobei sich Ce Ce Roger's Rolle als Zulieferer einer Stimmbeilage eher beschränkt präsentierte, nicht durchgehend einer Erzählung folgte. Dies wirkte allerdings sehr gut in diesem Song.

Es gab auch weniger Dancefloor-taugliche Kost bei Jestofunk, und das war auch gut so, denn dadurch blieb die Gruppe von Beginn weg nicht an üblichen Tanz-Beats hängen. Ihr varianenreiches Programm bestätigte nur die Offenheit der DJ's und der Musiker, und ihre musikalischen Vorstellungen waren äusserst breit aufgestellt. "Straight To You", "Fly Love Song", "For Your Precious Love" und "Moai Message" überzeugten durch variantenreiches Spiel insbesondere der Bläser, und deckten ein relativ weites stilistisches Feld ab: Mal souliger, mal wieder eher jazzig arrangiert, klangen diese Stücke alle sehr homogen und hielten die Platte trotz zahlreicher elektronischer Spielereien, die sich jedoch nie in den Vordergrund drängten (wie zu der Zeit bei vielen anderen vergleichbaren Acts durchaus üblich) stets angenehm zusammen. Mit dem Coversong "The Ghetto" wählten Jestofunk einen Klassiker des Dancefloors aus: Die von Donny Hathaway im Jahre 1970 erstmals veröffentlichte Nummer klang in der Version von Jestofunk sehr zeitgemäss, hielt sich aber dennoch weitgehend am Original.

Nach dem Debutalbum "Love In A Black Dimension" folgte zuerst ein Album mit ausschliesslich neu aufbereiteten Stücken unter dem Titel "Remixes", bevor dann erst Anfang 1998 erstmals ein weiteres Album mit eigenem Songmaterial unter dem Titel "Universal Mother" folgte. Als besondere Gäste waren auf diesem zweiten Werk erneut der Sänger Ce Ce Rogers und der Posaunist Fred Wesley zu hören. Ausserdem konnte die Gastsängerin Jocelyn Brown überzeugen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends verabschiedete sich Ce Ce Rogers aus der Band und Wendy Lewis, die zunächst nur für einige wenige Gastspiele vorgesehen war, arbeitete für längere Zeit mit Jestofunk zusammen. Für das im Jahre 2003 und erschienene Album "Seventy Miles From Philadelphia" konnten Jerry Dugger und mit Hubert Tubbs ein ehemaliger Tower of Power-Sänger gewonnen werden.

Der Stil von Jestofunk wurde letztlich mit den beiden Alben "Remixes" und "Universal Mother" klar definiert. Er bewegte sich zwischen sehr stark am House orientierten Beats und fast schon traditionellem Funk. Zum einen war eine durchlaufende Bassdrum, zum anderen eine sich das ganze Stück nicht verändernde treibende Bassline zu hören. Der Anteil der elektronisch gesteuerten Elemente war teilweise recht gross und zusätzlich waren meist auch Instrumente von Gastmusikern in Form von Solos, Perkussions oder auch deren Gesang zu hören. Weiters wurden von und für Jestofunk auch spezielle Remixes produziert, bei denen zumeist Solos zerlegt und neu eingesetzt wurden. Bei den Funk-Stücken waren die Anteile durch die Gastmusiker sehr gross, wobei auch hier oft elektronisch speziell nachbearbeitet wurde. Die Grooves waren oft langsamer, enthielten mehr Synkopen und so war es auch passend, beispielsweise die Funk-Legende Fred Wesley an die Posaune zu bitten. Gelegentlich waren noch weitere musikalische Einflüsse zu erkennen. So wurden vereinzelt auch Trip Hop-Grooves mit esoterischen Jazz Rock-Akkorden kombiniert oder Offbeat-Reggae-Gitarren hinzugefügt. Dass Jestofunk und ihre Gastmusiker es auch verstanden, ihre Musik auf der Bühne zu präsentieren, unterstrichen sie nicht nur mit ausgedehnten Tourneen, sondern auch mit der Veröffentlichung ihres Albums "Live".





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