Jun 14, 2017

ANATHEMA - A Fine Day To Exit (Music For Nations CDMFN260, 2001)

Anathema (griechisch für 'das Gottgeweihte', 'die Verfluchung', 'der Kirchenbann', 'das Anathema') ist eine britische Band, die sich vom atmosphärischen Death Doom und dem Gothic Metal zu einer sehr eigenen Form des melancholischen Alternative Rock entwickelt hat. Gegründet wurden Anathema unter dem Namen Pagan Angel im Jahre 1990 als Death Doom Band von Vincent und Danny Cavanagh zusammen mit dem Sänger Darren White, dem Bassisten Duncan Patterson und dem Schlagzeuger John Douglas in Liverpool. In dieser Zusammensetzung entstand im Jahre 1991 das erste Demo "An Iliad of Woes". Besonders im Vorprogramm bekannter englischer Death Metal Bands wie Bolt Thrower und Paradise Lost erlangten sie lokale Bedeutung, die sich durch das zweite Demo "All Faith Is Lost" noch erhöhte. Die nachfolgende Single "They Die" erschien bei dem kleinen Plattenlabel Witchhunt Records in der Schweiz und erregte die Aufmerksamkeit der Plattenfirma Peaceville Records, welche die Band Anathema danach unter Vertrag nahm. 1992 erschien Anathema's "Lovelorn Rhapsody" auf dem einem Peaceville Records Sampler, einen Monat später die EP "Crestfallen". Danach spielten Anathema als Vorgruppe bei der Death Metal Band Cannibal Corpse. 1993 veröffentlichten Anathema dann ihr erstes Album "Serenades", das gute Kritiken erhielt. Auf diesem Album war zumeist tiefes Death Metal-ähnliches Shouting zu hören. Mit Keyboard-Passagen und weiblichem Gesang wies es die später für den Gothic Metal als prägend bezeichneten Elemente auf. Das Video zum Titel "Sweet Tears" wurde auch bei MTV's 'Headbangers Ball' gespielt. Es erschlossen sich für die Band Tourneeaktivitäten mit Cradle Of Filth, Pyogenesis und My Dying Bride.

Anfang 1995 folgte mit "Pentecost III" eine weitere EP der Band, im Mai 1994 aufgenommen, die aber mit einer Gesamtspielzeit von über 41 Minuten LP-Länge aufwies. Im gleichen Jahr stieg der Sänger Darren White aus und gründete The Blood Divine, Gitarrist Vinnie Cavanagh übernahm auch diesen Part. Ohne White wurde im selben Jahr das Album "The Silent Enigma" aufgenommen. Der Gesang war auf diesem, wie auch auf der vorangegangenen EP, teilweise als höheres Shouting angelegt, teilweise auch monoton gesprochen. Die Musik war aber immer noch am Doom Metal und mit einigen orchestralen Keyboard-Einsätzen und etwa dem weiblichen Gesang bei "Alone" deutlich am Gothic Metal orientiert. Das 1996 erschienene Album "Eternity" ging einen deutlichen Schritt weiter. Zwar enthielt es noch zum Teil die typischen Gothic Metal Elemente, aber nun erstmals klaren Gesang, die Keyboards dominierten nun die Musik. Eine Tournee mit Trouble und Massacra folgte. Mit "Vision Of A Dying Embrace", einer Sammlung von Videos sowie einem kompletten Konzertmitschnitt, erschien 1997 eine Videokassette. Im selben Jahr verliess John Douglas die Gruppe, kehrte jedoch bereits ein Jahr später, jedoch erst nach den Aufnahmen zu "Alternative 4", zu Anathema zurück. In der Zwischenzeit wurde er durch den früheren Solstice Schlagzeuger Shaun Steels ersetzt. Nach den Aufnahmen von "Alternative 4" verliess auch der Bassist und Songschreiber Duncan Patterson die Band und widmete sich in den folgenden Jahren vorrangig seiner neu gegründeten Band Antimatter. Ersatz für das ausgestiegene Gründungsmitglied fanden Anathema in Dave Pybus. Nach dem Album "Judgement" wechselte Keyboarder Martin Powell, der gerade erst bei My Dying Bride ausgestiegen war und bei Anathema begonnen hatte, zu Cradle of Filth, von diesen stiess dafür Les Smith zu Anathema.

Auf dem folgenden Album "A Fine Day To Exit" entwickelten Anathema ihren Stil weiter. Die Songs wurden immer atmosphärischer und die Songstrukturen etwas weniger komplex. Akustische Gitarren und Keyboardeinsätze zeichneten die melodischeren Lieder aus, in die nur gelegentlich kraftvollere Passagen eingestreut wurden. Die nun zugänglicheren Songs erinnerten teilweise eher an Pink Floyd als an die Anfangstage der Band. Dave Pybus blieb bis nach den Aufnahmen zu "A Fine Day To Exit" und wechselte dann ebenfalls zu Cradle of Filth, bald darauf ging auch Gründer Danny Cavanagh und wechselte kurz zu Antimatter, kehrte jedoch wieder in die Band zurück. Produziert wurde dieses Album von Nick Griffith, der auch Pink Floyd und Mansun produziert hatte. "A Fine Day To Exit" war das inzwischen sechste Studioalbum der Gruppe. Es wurde am 9. Oktober 2001 beim Label Music for Nations veröffentlicht. Das Album, mit Nick Griffiths in Liverpool und Lincolnshire aufgenommen und von Colin Richardson abgemischt, war ein Album, das mit der Metal-Vergangenheit der Band nicht mehr in Verbindung zu bringen iwar. Stattdessen dominierten meist ruhige, melodische und atmosphärische, nur selten, wie bei "Panic", durch höheres Tempo unterbrochene Stücke. Einflüsse wurden bei britischen Bands wie Radiohead, Pink Floyd und den Beatles gesehen. Das letzte Stück "Temporary Peace" endete nach sechs Minuten mit dem Geräusch von Wellen, die auf einen Strand rollen. Nach weiteren zwei Minuten waren Schritte zu hören, es begann ein Monolog einer Person, die leise offenbar zu sich selbst sprach. Auch eine andere Stimme war zu hören. Danach folgte ein drei Minuten langer versteckter Song im Country-Stil (!), der auf dem Album nicht betitelt war.

Das Album erreichte in Deutschland Platz 95 in den Charts. Alex Henderson von Allmusic schrieb, die Band habe ihre Faszination für die dunkle Seite nicht verloren. Das Album sei nicht das, von dem Headbanger träumten, aber ein zufriedenstellendes Kapitel in der Geschichte von Anathema. Er vergab drei von fünf Sternen. Breda Massmann schrieb im Magazin Rock Hard, Anathema's dicht gewobene Soundscapes schienen auf der Platte noch zerbrechlicher als auf dem Vorgänger "Judgement". Die Band habe ihren Stil sehr detailliert verfeinert und die Intensität ausgebaut. Sie vergab 8,5 von zehn Punkten. Das Plattencover, das laut Booklet von Travis Smith nach einem Konzept von Les Smith, Vincent Cavanagh und einem Glas Guinness gestaltet worden sei, zeigte das Bild eines Strandes und des Meeres aus Sicht der Frontscheibe eines Autofensters. Über den Strand waren Schuhe und Kleidung einer Person verteilt. Vor dem Tacho des Wagens war das Bild einer dreiköpfigen Familie, Mann, Frau, Sohn zu sehen. Am Armaturenbrett klebte ein Memo-Klebezettel mit dem Albumtitel. Auf dem Handy, das neben einer Pistole, Tabletten und einer Flasche Jack Daniels auf dem Armaturenbrett lag, wurde ein Anruf in Abwesenheit angezeigt. Im Rückspiegel war das Augenpaar einer Person zu sehen. Das rückseitige Cover zeigte einen Wagen aus der Innenperspektive auf dunkler Landstrasse. Im Scheinwerferlicht tauchte schemenhaft das Bild eines Kindes auf. Die Songtexte im Booklet waren in einer Collage in gekritzelter Schrift wiedergegeben. Nur eine Nachricht vom 3. Juli 2001: "Hey man, where the fuck are you ?" war in Schreibmaschinenschrift zu lesen.

Das siebte Studioalbum von Anathema, im Jahre 2003 beinahe komplett von Danny Cavanagh geschrieben, war danach "A Natural Disaster". Die Bandbesetzung bestand nun und in der Folge nach den vielen Wechseln konstant aus den Gebrüdern Danny, Vincent und Jamie Cavanagh, dem ursprünglichen Schlagzeuger John Douglas und Les Smith. In der Folgezeit hatten Anathema keinen Plattenvertrag, arbeiteten aber dennoch an neuem Songmaterial. Drei neue Stücke standen zunächst auf der Homepage der Band zum Download bereit. Im Herbst 2007 trat die Band als Support einiger Konzerte von Porcupine Tree auf. Am 25. August 2008 wurde das semi-akustische Album "Hindsight" durch das Label K-Scope veröffentlicht. Das Album enthielt eine Zusammenstellung älterer Songs in neuen Versionen sowie ein komplett neues Stück. Im Mai 2010 erschien das nächste Studioalbum der Band, "We’re Here Because We’re Here". Steven Wilson, der Sänger und Songwriter von Porcupine Tree, stand am Mischpult.

Am 13. September 2011 gaben Anathema auf ihrer Website den Austritt von Keyboarder Les Smith aufgrund musikalischer Differenzen bekannt. Im April 2012 veröffentlichte die Band das Album "Weather Systems", das den Weg der Band hin zu immer melodiöseren Songs mit ausgeprägt melancholischer Grundstimmung fortsetzte. Nach Erscheinen des Albums begann in Polen eine Tournee durch Europa, welche sich von April bis November 2012 erstreckte und die Band in der Folge auch nach Deutschland, Belgien, die Niederlande, Italien, die Schweiz, Frankreich, England, Schweden, Litauen und Österreich führte. Seit November 2012 war Live-Keyboarder Daniel Cardoso vollwertiges Mitglied der Band. Von der Weather Systems Tour erschien im September 2013 der Livemitschnitt des Konzertes von Plowdiw in Bulgarien. Mit "Distant Satellites" veröffentlichten Anathema im Juni 2014 ihr zehntes Studioalbum. Im Zuge der Veröffentlichung gab es einige Umstrukturierungen in der Band. Daniel Cardoso wechselte ans Schlagzeug. Bei Liveauftritten wechselten sich Daniel Cardoso und John Douglas am Schlagzeug ab. In den Passagen wo Daniel Cardoso am Schlagzeug spielt, übernahm John Douglas die Perkussionsinstrumente. Wenn John Douglas am Schlagzeug spielte, übernahm Daniel Cardoso das Keyboard. Zeitweise übernahm auch Danny Cavanagh das Keyboard. Anathema gelten bis heute wohl auch aufgrund ihrer grossen Personalbewegungen als eine der wandlungsfähigsten und interessantesten neueren Bands im Bereich Progressivem Rock in vielen seiner Schattierungen.






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