Jul 29, 2017


SWEET - Sweet Fanny Adams (RCA Victor Records LPL 1 5038, 1974)

Die Glam Rock Pioniere Sweet stammten aus dem englischen Middlesex und die Gruppe nannte sich ursprünglich Sweet Shop, trat bis 1970 sowohl in Clubs als auch in Diskotheken auf. Nach ersten erfolglosen Plattenaufnahmen wie "Lollipop Man" im September 1969, "All You'll Ever Get From Me" im Januar 1970, sowie einer Cover-Version der Gruppe The Archies, "Get On The Line" im Juni 1970 und einem gekündigten Plattenvertrag holte der Produzent und ehemalige Schlagzeuger Phil Wainman die Musiker ins Tonstudio. Mit einer Serie von Hits aus der Feder von Mike Chapman und Nicky Chinn gelang der Gruppe der Einstieg in die deutschen Charts. Bereits die zweite Single dieser Zusammenarbeit, "Co-Co", landete in den deutschen Charts auf Platz 1. Nach weiteren Singles wie "Poppa Joe", "Little Willy" und "Wig Wam Bam" wurde ihnen ab 1973 ein härteres, zeitgemässes Image als Glam Rock-Band nebst entsprechendem Hit-Material verpasst. Nun, ganz auf der modischen Höhe der Zeit, landeten sie mit "Block Buster", das 1973 der grösste Erfolg für Sweet in Grossbritannien wurde, "Hell Raiser", "The Ballroom Blitz" und "Teenage Rampage" eine Serie von Rockhymnen, die mit Sirenen und Donnerschlag aufgepeppt allesamt die Spitzen der Charts erreichten.

In der Originalbesetzung Brian Connolly (Gesang), geboren am 5. Oktober 1945 in Glasgow, gestorben am 9. Februar 1997 (er starb in einem Londoner Krankenhaus an den Folgen eines Nierenversagens, zuvor hatte er mehrere Herzinfarkte erlitten), Andy Scott (Gitarre), geboren am 30. Juni 1949 in Wrexham (vor Scotts Einstieg 1970 hatte Gitarrist Mick Stewart in den Jahren 1969 und 1970 drei erfolglose Singles eingespielt. Erster Gitarrist war das Gründungsmitglied Frank Torpey, der die Band nach der Debütsingle Slow Motion (1968) verliess), Steve Priest (Bass), geboren am 23. Februar 1948 in Hayes (nachdem Brian Connolly die Gruppe verlassen hatte, übernahm Priest zusammen mit Scott 1979 auch den Gesangspart. Später ging er in die USA und zog sich für lange Zeit aus der Musikwelt zurück. Seit 2008 betreibt er mit vier neuen Musikern eine eigene Sweet-Formation, mit der er vornehmlich durch die USA tourt) und Mick Tucker (Schlagzeug), geboren am 17. Juli 1947 in London, gestorben am 14. Februar 2002 (verliess die Gruppe 1991. Er starb in Welwyn Garden City, Hertfordshire an Leukämie) spielte die Gruppe das Album "Sweet Fanny Adams" 1974 ein.

Im englischen Slang bezog sich der Ausdruck "Sweet Fanny Adams" auf den englischen Kindermörder Frederick Baker, der 1867 die achtjährige Fanny Adams umbrachte, und bedeutet ungefähr 'absolut nichts'. Gleichzeitig bezog sich der Euphemismus 'F. A.' auf 'fuck all'. Obwohl The Sweet in den 70er Jahren eher für ihre Glam rock Songs bekannt waren und als reine Singleband galten, überraschten sie auf einigen Alben mit kräftigem Hard Rock. Dafür war "Sweet Fanny Adams" ein ausgezeichnetes Beispiel. So verband zum Beispiel der Opener "Set Me Free" furiose Gitarrenrifs mit harmonischem Gesang, was zusammen in einer Art Speed Metal-Finale endete. Zahlreiche Bands, wie zum Beispiel Saxon spielten diesen Song live wie auch auf Alben. "No You Don’t" ähnelte den musikalischen Anfängen von Queen. Der Song wurde später von Pat Benatar gecovert. Der Song "Into The Night" wiederum enthielt überraschend funkige Schlagzeug Beats, die später von den Beastie Boys gesampelt wurden. Das rockende Meisterstück auf diesem Album war jedoch zweifellos der Titelsong "Sweet F.A.", welcher,  gepaart mit brutaler Lyrik, nahezu einen Punk-Charakter entwickelte.

Die Coverversion "Peppermint Twist", ein Song, der im Original im Jahre 1962 von Joey Dee & the Starliters die Hitparaden gestürmt hatte, bildete einen Ausreisser, dennoch kann das Album getrost als Hardrock-Album eingestuft werden, das einen guten Blick auf die Gruppe The Sweet hinter ihren üblichen Hitsingles bot. Das Album erreichte Platz 27 der britischen LP-Charts und war mit Platz 2 die erfolgreichste Sweet-LP in Deutschland. In den USA wurde "Sweet Fanny Adams" nicht veröffentlicht, lediglich einige ausgewählte Songs des Werks waren später auf der amerikanischen Ausgabe des Nachfolgealbums "Desolation Boulevard" zu finden. 1999 erschien eine restaurierte CD-Fassung bei Sony BMG Music, welche die zusätzlichen Tracks "Burn On The Flame" und "Own Up, Take A Look At Yourself" enthielt. Eine weitere CD-Fassung aus dem Jahre 2005, erschienen auf RCA International, enthielt neben den regulären neun Titeln zusätzlich eine Livefassung von "Hell Raiser" sowie die Stücke "Burning", "Ballroom Blitz" und "Rock & Roll Disgrace".

Fast 40 Jahre nach der Erstveröffentlichung des Albums veröffentlichten Sweet das Livealbum "Sweet Fanny Adams Revisited", aufgenommen in der Besetzung Andy Scott (Gesang und Gitarre), Pete Lincoln (Gesang und Bass), Tony O`Hara (Gesang, Gitarre und Keyboards) und Bruce Bisland (Gesang und Schlagzeug). In abweichender Reihenfolge waren von dem Studioalbum sämtliche Titel enthalten ausser zwei Songs, hinzugefügt waren dafür die Nummern "The Sixteens", "Fox On The Run" und "Ballroom Blitz". Der Konzertmitschnitt war 2012 in Osnabrück entstanden als "A Scott Free Production", der Vertrieb erfolgte über die Gesellschaft H'Art.

 
In der Folgezeit, also nach den erfolgreichen Singles-Jahren und nach der Veröffentlichung von "Sweet Fanny Adams" liess der Erfolg der Band etwas nach, und die Bandmitglieder wollten sich auch verstärkt mit eigenen Songs einbringen. Auf den LPs und B-Seiten der meisten Singles waren sie bereits mit eigenen Songs vertreten. Die erste selbstverfasste Single hiess "Fox On The Run", und der Song war zunächst nur als Rocksong auf der LP "Desolation Boulevard" zu hören. Die Single und eine überarbeitete LP mit der neuen Version kam kurze Zeit später auf den Markt. Das Album "Desolation Boulevard" war der erste Tonträger, bei dem das 'The' im Namen der Gruppe nicht mehr auftauchte. Fortan nannte sie sich nur noch Sweet.

Die Band brachte weitere LPs wie "Give Us A Wink" mit Songs wie "Cockroach", "The Lies In Your Eyes", "Healer" und "Action" sowie das Album "Off The Record" mit Songs wie "The Fever Of Love", "Lost Angels" und "Windy City" heraus. Anschliessend wechselte die Band die Plattenfirma. Die folgende LP "Level Headed" erschien bei Polydor Records, in Japan und den USA bei Capitol Records. Von dieser LP stammte die Single "Love Is Like Oxygen", die 1978 die Top Ten in Deutschland, Grossbritannien und den USA erreichte. Insgesamt hatten The Sweet in Deutschland 16 Hits in den Top Ten, von denen acht den ersten Platz belegten. In den offiziellen englischen Single-Charts erreichte nur "Block Buster" die Nummer eins, allerdings kamen fünf weitere Singles bis auf den zweiten Platz. Schliesslich zerbrach die klassische Bandbesetzung, nicht zuletzt wegen des alkoholbedingt schlechten Gesundheitszustands des Sängers Brian Connolly. Er verliess die Band im Jahre 1979. Die verbleibenden Mitglieder brachten die LP "Cut Above The Rest" heraus. In derselben Besetzung kamen noch das Album "Waters Edge", das in den USA schlicht mit "Six" betitelt war, und schliesslich in Deutschland und Südamerika die LP "Identity Crisis" heraus. Laut Steve Priest fand das letzte Konzert dieser Besetzung am 20. März 1981 in der Glasgow University statt.

Brian Connolly veröffentlichte drei erfolglose Singles. Auch eine in den 80er Jahren veröffentlichte LP hatte nur mässige Verkaufszahlen. Daneben gründete er die Band New Sweet und war mit dieser Combo bis zu seinem Tod 1997 oft bei den immer beliebter werdenden Oldieshows zu Gast, wo er Sweet-Stücke aus der Frühphase der Band wie "Little Willy" oder "Wig-Wam Bam" spielte, während The Sweet mit Mick Tucker und Andy Scott weiterhin auf grossen Bühnen auftraten. 1991 verliess Mick Tucker die Band, er starb 2002 an Leukämie. Andy Scott trat weiterhin mit der nun neu benannten Gruppe Andy Scott’s Sweet auf. Zudem betätigte er sich seither auch noch als Produzent. The Sweet treten auch heute noch unter der Leitung und Mitwirkung von Andy Scott auf und spielen live die Stücke der 70er Jahre sowie neuere Titel in der Besetzung Andy Scott, Bruce Bisland (ehemals Praying Mantis), Peter Lincoln und Tony O’Hora (früher bei Onslaught und Praying Mantis).

2016 wurde "The Ballroom Blitz" für den dritten Trailer des Films 'Suicide Squad' aus dem DC Extended Universe genutzt.Im gleichen Jahr wurde ebenfalls der Song "Fox On The Run" für den zweiten Trailer des Marvel-Films 'Guardians of the Galaxy Vol.2' verwendet.





 

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