Jun 17, 2016


POI DOG PONDERING - Poi Dog Pondering (Texas Hotel Records THX.11, 1989)

Poi Dog Pondering ist eine amerikanische Alternative Folk Rock Band, die aber eigentlich streng genommen ein Alleinunternehmen darstellt, das seit seiner Bestehung permanenten Personalwechseln unterlegen ist. Hinter dem originellen Namen, der sinngemäss "grüblerischer Hund" bedeutet, wobei sich der Begriff "Poi" auf das sogenannte "Poi-Spiel", eine Art der Pen Spinning Artistik der Maori bezieht, verbirgt sich der in Hawaii geborene Musiker Frank Orrall, der 1984 unter diesem Pseudonym eigentlich als Solokünstler begann, seine musikalische Vorstellung der Verschmelzung von hawaiianischer Folklore und amerikanischer Folk- und Folk Rock-Musik umzusetzen. Interessant war von Anfang an, dass Orrall, der selbst eine Fülle von verschiedensten Instrumenten beherrscht, immer ein offenes Ohr hatte für die musikalischen Präferenzen der ständig wechselnden Musiker, mit denen er gemeinsam unterwegs war. Da konnte es schon auch mal passieren, dass die Band nebst allerlei akustischem Instrumentarium auch vor Elektronik nicht Halt machte, viel Avantgarde-Elemente ausprobierte und dabei immer auch die akustischen Saiteninstrumente wie Gitarren, Mandolinen, Ukulelen, Banjos und so weiter integrierte.

Am Ende ergab das über all die Jahre nicht nur eine sehr eigenständige Musik, sondern - bedingt durch Orrall's unbändige Reisefreudigkeit - auch geographisch interessante Projekte, denn die Heimat der Band wechselte ständig. So gibt es inzwischen mehrere Stationen im Schaffen des Musikers, die zu Phasen in seiner musikalischen Biographie geworden sind, so etwa die Strassenmusiker-Phase auf Hawaii, die Texas-Phase (als die Band sich in Austin TX neu formierte), die beiden Chicago-Phasen und die bis zum heutigen Tage anhaltende sogenannte "Weltmusik"-Phase, wo Orrall inzwischen praktisch alles aufsaugt, was dieser Planet seit über 30 Jahren musikalisch so hergibt und das riesige Stil-Sammelsurium zu seinem ganz persönlichen Kosmos erklärt und verwurstet.

Orrall: "Growing up in Honolulu, we really only had one good Live Music/Disco/Club; The Wave. It was Punk Rock/New Wave kids from 9 to 2am, then a Gay Disco from 2am to 4am. Everybody mixing it up & having fun. You could hear everything from Iggy Pop's "Lust for life", to Loose Joints "Is it all over my face". I'm super thankful for that eclecticism. Music for dancing is like an elliptical orbit, it's always been around me, sometimes it swings in real close and sweeps me along full force for a while".

Am Anfang stand allerdings seine Strassenmusiker-Phase in Honolulu. Er machte sein Unvermögen, grössere Clubs oder Discos zu füllen zu seinem Markenzeichen: Er wollte der populärste Strassenmusiker auf Hawaii werden. So kam es dann auch. Und natürlich gesellten sich zu seinen Strassenauftritten auch immer die verschiedensten Mitmusiker hinzu, die zumeist nicht wirklich über eine Ausbildung an ihren Instrumenten verfügten. Das war jedoch total egal, Hauptsache man konnte zusammen miteinander Spass haben und den Menschen gefällt's. Mit der Zeit wurden die ersten Radio-DJ's auf Frank Orrall aufmerksam und sie hievten den Musiker in ihr Radioprogramm, wodurch er schnell an Popularität gewann. Der Kerl, der zumeist mit seiner Ukulele bewaffnet als hoffnungsloser Hippie allen Menschen Freude bereitete, wurde rasch zum Liebling der Hawaiianer, was sich letztlich auch bei Plattenfirmen herumsprach. Bis es allerdings soweit war, dass ein erstes offizielles Album erscheinen konnte, musste Orrall zuerst einige Platten im Eigenvertrieb und auf eigene Kosten herstellen. Zwischen 1984 und 1986 erschienen so drei in nur ganz wenigen Exemplaren unter das Strassenpublikum gebrachte Cassetten, die allerdings schon Songs präsentierten, die erst Jahre später auf dem ersten offiziellen Album "Poi Dog Pondering" zu finden sein würden. Zumeist waren die Songs dieser drei frühen Werke live und auf der Strasse, manchmal auch zuhause oder bei Freunden im Tonstuio eingespielt worden. Als Backing Band diente dazu oft die hawaiianische Band HAT MAKES THE MAN.

Mit dem Umzug von Hawaii nach Texas erschien dann 1987 die erste LP, betitelt "From Hawaii To Texas", die im weitesten Sinne Aufnahmen präsentierte, die Orrall aus seinen privaten Archiven von der Qualität her okay fand, dass man sie auf eine Platte presst. Ausserdem waren etliche Live-Stücke dabei, die inzwichen unter halbprofessionellen Bedingungen mitgeschnitten werden konnten. Mit diesem Werk ging der Musiker auf die Suche nach einem Plattenlabel und fand sehr schnell Gehör bei Texas Hotel Records, einem überregional tätigen Label, das allerdings einen Vertriebs-Deal mit Columbia Records hatte und dadurch natürlich für Orrall die grosse weite Welt bedeutete. Das in der Folge veröffentlichte Album "Poi Dog Pondering", im Oktober 1989 erschienen, war dann quasi schon so etwas wie eine Best Of, und enthielt perfekt eingespielte und aufwändig produzierte Varianten seiner seit Jahren gespielten Songs und dazu wurde auch die kurz zuvor ins Rennen geschickte EP "Circle Around The Sun" in die Platte integriert.

Auf dem Werk finden sich wundervolle Folkrock-Nummern unterschiedlichster Färbung, so etwa den Opener "Living With The Dreaming Body", den Orrall schon einige Jahre im Repertoire hatte und der zuvor den Titel "Metaphisical Section" trug. Die Instrumentierung nicht nur bei diesem Song war ganz auf Strassenmusik ausgelegt. Zwar fanden sich auf allen Songs auch Bass und Schlagzeug, aber ansonsten waren allerlei akustische Instrumente im Vordergrund, so etwa Pfeifen und Flöten, akustische Saiteninstrumente aller Art, Orrall's Ukulele und etliche Blasinstrumente. "Aloha Honolulu" geriet zur herzlichen Hommage an Hawaii und seine schönen Strände, musikalisch umgesetzt als liebevoller Swing im traditionellen Hawaii-Stil der 40er Jahre, inklusive entsprechendem Instrumentarium und dem typischen mehrstimmigen Gesang der Vaudeville-Zeit. Daneben erdete Orrall zwischenzeitlich auch ziemlich rockig, indem er sich beispielsweise im herzhaften Kracher "Wood Guitar" an die selbst erlebte Punk-Zeit erinnerte.

Auf der Platte dominieren folkrockige Songs, die in ihrer Art sehr eigenständig und originell klingen, weil sie perfekt das einerseits staubige Wüstenkolorit von Texas einfangen und gleichzeitig an die unbeschwerte Lebensfreude von Hawaii erinnern. Eingespielt als insgesamt zehnköpfiges Team, das in der Folge der Veröffentlichung auch eine sehr originelle Tournee zumeist an Strassenecken bestritt, aber auch Clubs und zuletzt auch mittelgrosse Hallen zu füllen vermochte. Die sogenannte Busking Tour führte die Gruppe quer durch die Vereinigten Staaten und dauerte insgesamt fast ein ganzes Jahr. Viele ihrer Auftritte waren nicht einmal angekünmdigt, sondern fanden einfach irgendwo in einem Stadtpark oder an einem grossen Platz spontan statt.

Als sich die Popularität der Gruppe landesweit zu steigern begann, entschloss sich Orrall dazu, zuerst in Austin sesshaft zu werden. Es entstanden in der Folge drei weitere Alben in ständig wechselnder Besetzung. Danach dislozierte er nach Chicago, hob auch dort wieder eine Band mit vielen Musikern aus der Taufe. Dort begann er auch damit, ernsthaft nicht mehr nur als Strassenmusiker zu spielen, sondern mit Orchestern zusammenzuarbeiten. Er begann, sich für die moderne elektronische Musik zu interessieren und fügte diese neuen Stilelemente auch immer in seine Musik mit ein, sodass sein Stil einem steten Wandel unterzogen wurde. Dabei baute er auch House und Soul-Elemente in seinen akustischen Rock ein. So arbeitete er kontinuierlich mit immer neuen musikalischen Ausdrucksmitteln weiter bis zum heutigen Tag. Auch die Besetzung seiner Band Poi Dog Pondering wechselte stets von Platte zu Platte.


Sein letztes und somit aktuelles Werk "Everybody's Got A Star" erschien am 15. September 2015 auf Platectonic Music und bietet nachwievor eine immens breitgefächerte Stilmixtur, die mit einem orchestralen, akustischen und elektronischen Allerlei aufwartet und dabei äusserst geschickt mit allen möglichen Stilrichtungen kokettiert: Rock Band, Discosound, Chicago Stepper Soul und der inzwischen bandtypische sogenannte "Soul Sonic Orchestra" Sound.








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