THE SAMPLES - Transmissions From The Sea Of Tranquility
(What Are Records 60029, 1997)
Die Idee ist schon originell: Man stelle eine Best Of Doppel-CD zusammen, wähle dafür auch die vermeintlich populärsten Songs aus, verwende aber nicht die Originalversionen, sondern entscheide sich für zuvor nicht veröffentlichte ausgesuchte Live-, Unplugged- und Akustik-Varianten der Titel, die bei den Fans über die Jahre am besten angekommen sind. Die SAMPLES (hoffnungsloser Bandname, wenn man danach googeln will!) haben genau das gemacht, als sie mit diesem Doppelalbum ihre Fans überraschten. Die nur über Direktimport erhältliche Compilation war eher zufällig in meine Hände geraten, nachdem von den SAMPLES lediglich ein einziges von vielen Alben in Europa erschienen war ("Outpost" bei Sony Music). Praktisch alle anderen Platten der Gruppe gab und gibt es in Amerika nur über die Webseite der Band und einige noch vorrätige Titel auch über den kleinen Independent Vertrieb What Are Records. Die Samples entstanden im Jahre 1987 in Boulder, Colorado. Der Bandname entstammt der Beschäftigung eines der Bandmitglieder, welcher damals "Food Samples" für ein lokales Lebensmittelgeschäft kreierte. Die Musik der SAMPLES ist sehr eigen, jedoch total eingängig und ungemein rhythmisch. Immer wieder spielen die lockeren Herren Reggae-ähnliche Songs, die zumeist vom knackigen und tighten Schlagzeugspiel des Drummers Jeep McNichol lebt. So ergibt sich am Ende ein Mix aus ungemein melodiösem Rock, ähnlich der Band Police (auch der Sänger Sean Kelly erinnert stellenweise frappant an Sting) und edlem Champagner getränkten Reggae, mit öfters mal auch exzessiv ausgelebten Jam-Sounds, ähnlich denjenigen von Grateful Dead.
Die Band bestand ursprünglich aus Sean Kelly (Guitar/Vocals), Charles Hambleton (Guitar), Andy Sheldon (Bass/Vocals), Jeep MacNichol (Drums/Vocals) und Al Laughlin (Keyboards/Vocals), wies in den Jahren ihres Bestehens bis heute jedoch zahlreiche Personalwechsel auf, deren einzige Konstante bis heute lediglich Songschreiber Sean Kelly ist. Der Hauptanteil der Songs, welche die Band hier für ihre Fans zusammengestellt hat, sind Live-Aufnahmen von einem Konzert im Fox Theater in Boulder, Colorado im Juli 1997. Die Band war zu dem Zeitpunkt auf ihrem kreativen und musikalischen Zenit angelangt und viele ihrer Songs klangen inzwischen wesentlich ausgereifter und lockerer als noch in ihren Originalversionen, die immer nach dem entscheidenden Hit-Element suchten - live jedoch in ihrer locker-gejammten Form wesentlich eindrücklicher wirkten. Einige weitere Titel wurden an derselben Location aufgenommen, jedoch nicht öffentlich. Will heissen: Aufgenommen im Fox Theater, aber ohne Publikum; zwar live eingespielt, aber im intimen Bandrahmen interpretiert.
Bei der Zusammenstellung des Programms dieser Doppel-CD berücksichtigte die Gruppe ausschliesslich jene Titel, die bei ihrem Publikum seit jeher am besten angekommen waren - als originale Studioversionen, wie auch an den Konzerten. Während diese Zusammenstellung also so etwas wie eine liebevoll gestaltete Best Of darstellt, kommen dafür ausschliesslich Song-Varianten zum Zug, welche von den Fans bislang nicht gehört werden konnten, ausser, sie wären an jenem Konzert im Juli 1997 in Boulder dabeigewesen. Neben den bereits bekannten Songs spielten die SAMPLES ausschliesslich für diese Veröffentlichung auch eine herrlich Reggae-infiszierte Version des Jjohn Lennon-Titels "Watching The Wheels" ein. Dazu ein brandneuer Song mit dem Titel "Sacred Stones", der dieses Album auch eröffnet, sowie die weiteren neuen Kompositionen "Flying" und "Prehistoric Bird".
In der heutigen Zeit dieser ganzen kommerziellen, gesichtslosen und beliebig austauschbaren Figuren stehen die SAMPLES wie ein unverrückbarer Fels in der Brandung. Ihre Musik wirkt wie ein Silberstreifen in einer ansonsten eintönigen Wolke aus digitalem Quark, den man heute hört und morgen vergessen hat. Die Stücke der Band hallen lange nach, sind Ohrwürmer, die sich festbohren, aber niemals anfangen zu nerven. Zeitlos schön und für diese Compilation auch perfekt gespielt und klanglich auf lebendigem, bedingt durch die tollen Arrangements sehr transparenten Top-Niveau inszeniert. Ein Muss, nicht nur für den Fan dieser Gruppe, sondern auch für Jeden, der gerne mal wieder dem Alltag entschwinden will und sich einfach wundervoll berieseln lassen will. Ich empfehle zu den SAMPLES immer einen nicht allzu schweren fruchtigen Rotwein. Am besten einen italienischen oder südfranzösischen Merlot, oder aber einen lieblichen kalifornischen Rosé.
Zu den musikalischen Höhepunkten gehören auf diesem Doppelalbum auf jeden Fall die gegenüber den jeweiligen Originalversionen teils frappant abgeänderten Varianten von "Did You Ever Look So Nice", einem treibenden, von einem heftig peitschenden Reggae-Drum angetriebenen Reggae-Rock mit tollem Chor, der im Gehörgang kleben bleibt, das nicht minder geniale und ähnlich in Szene gesetzte "Weight Of The World", das gegenüber der originalen Version auf's instrumentale Minimum heruntergeschraubte rein akustische "Who Am I", einem meiner persönlichen Favoriten der Band seit jeher, sowie die John Lennon Cover-Version von "Watching The Wheels". "Streets In The Rain" gehört ebenfalls zu den Favoriten. Dabei handelt es sich um eine wundervolle Ballade, die geschickt mit der Melancholie der Worte im Text und dem gemütlichen Schaukeln des Grooves spielt. Das fast 10 Minuten lange "Feel Us Shakin'" schliesslich, bei dem der Titel schon musikalisches Programm bedeutet, treibt die tolle Live-Atmosphärik eines SAMPLES-Konzertes auf die Spitze. Die akustisch gehaltenen, ohne Publikum eingespielten "African Ivory" und "Still Water" runden dieses in jeder Hinsicht perfekte Doppelalbum äusserst gefühlvoll ab. Für mich auch die perfekte Wahl, wenn man die SAMPLES nicht kennt und sich in ihren abwechslungsreichen und qualitativ hervorragenden musikalischen Kosmos begeben möchte.
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