Mar 14, 2017

THE CHESTERFIELD KINGS - Live Onstage If You Want It 
(Wicked Cool Record Co. 856385001381, 2009)

Die Chesterfield Kings machten schon seit 1979 in der Musikszene rund um Rochester NY Furore und wurden kontinuierlich immer bekannter mit ihrerer aussergewöhnlichen Mixtur aus allerlei Sixties Sounds, die sie auch immer wieder mal in Form eines Konzeptalbums auf Platte zelebrierten. So haben sie im Laufe der Jahre etwa Surf-orientierte Platten herausgebracht, mit "Let's Go Get Stoned" auf der anderen Seite auch mal ein Rolling Stones inspiriertes hartes Rhythm'n'Blues Album. Generell hat die Band aber immer stark in den 60er Jahren gegraben und dabei bis heute wohl alle stilistischen Felder einmal beackert: Psychedelik Rock, Hippie-Pop, harter Rhythm'n'Blues in der Art der Animals, wie bereits genannt die kalifornische Surf-Musik von Anfang bis Mitte der 60er Jahre, fühlten sich dabei aber hauptsächlich immer dem klassischen und eher hart und Garagen-haft gespielten Rock'n'Roll verpflichtet. Selbst Edelblueser Kim Simmonds (Savoy Brown) lieferte einmal auf einem ihrer Alben einige Blues-Riffs.

Die Chesterfield Kings haben im Laufe ihrer langen Karriere immer wieder durch viele Personalwechsel gekämpft, und die einzige wirkliche Konstante war dabei stets das Duo Greg Prevost (Gesang) und Bassist Andy Babiuk. Die Chesterfield Kings klingen, als würde man die Rolling Stones, die Yardbirds, Johnny Thunders, die New York Dolls, die Dogs D'Amour, die Quireboys, Paul Revere & The Raiders, die Faces, die Georgia Satellites und einige typische Garage und Psychedelic Bands der 60er Jahre wie die Seeds oder Arthur Lee's Love in einem riesigen Mixer quirlen - es käme am Ende ein bunter musikalischer Cocktail heraus, in immer wieder leicht nuancierten Geschmacksrichtungen, aber immer sehr genussvoll. Greg Prevost und Andy Babiuk wurden wurden neben ihrer konstanten Arbeit mit den Chesterfield Kings auch langjährige Mitarbeiter in der Stadt Rochester im "House Of Guitars". Das ist ein erstaunlicher Ort. Der Laden steckt voller Gitarren auf dem Boden, alle zum antesten und einfach herumjammen, und im Untergeschoss des Ladens findet sich eine Goldgrube für jeden Rock'n'Roll Fan - mit CDs, LPs und jeder Menge Rock'n'Roll Memorabilia. Die Beiden leben den Rock'n'Roll buchstäblich.

Die Band wurde dem breiten Publikum in der Mitte der 00er Jahre ein immer grösserer Begriff, als ihre Songs vom Album "The Mindbending Sounds Of The Chesterfield Kings" regelmässig in Little Steven's Underground Garage Radio Show zu hören waren. Little Steven nahm die Band auch unter Vertrag bei seinem Label Wicked Cool Records und die Chesterfield Kings veröffentlichten dieses Album im Jahre 2006 erneut auf Wicked Cool Records und gingen auf Tournee als Anheizer bei der Underground Garage Tour mit den New York Dolls. Im Jahre 2007 veröffentlichte die Band ihr zweites Album auf Wicked Cool Records mit dem Titel "Psychedelic Sunrise". Beide dieser Alben wurden auch klanglich so arrangiert und abgemischt, dass sie in den späten 60er Jahren hätten veröffentlicht worden sein können.

"Live Onstage...If You Want It" erschien im Jahre 2009 und präsentierte eine grossartige Kombination aus Songs ihrer beiden zuvor veröffentlichten Alben, sowie einigen Rockern ihres Albums "Let's Go Get Stoned". Das Tolle an dieser Konzertveröffentlichung war, dass es sich um ein Heimspiel handelte: Das Konzert wurde in Rochester aufgezeichnet, und entsprechend begeisternd war die Stimmung im Publikum, als ihre Lokalmatadoren zu diesem herrlichen Garagerock-Rundumschlag ausholten. Die CD wurde auch mit einer beigelegten DVD erweitert: Die Aufnahmen des Konzerts in voller Länge auch im Bild festgehalten - ein Fan-Package erster Güte, zumal die Chesterfield Kings sich in allerbester Spiellaune zeigten und dies nicht nur musikalisch, sondern vor allem auch äusserlich: Die Jungs waren gestylt, als hätte sie ein Mode-Designer im Jahre 1968 eingekleidet: Peppig elegant, im Mod-Style. Besonders Greg Prevost zeigte sich im legendären Johnny Thunders-Look (New York Dolls), spielte die Mundharmonika, das Tamburin und die Hi-Hat, sang dazu leicht krächzend und das einfach saugut. Andy Babiuk spielte abwechselnd mal den Bass, mal die Gitarre und wirkte dabei wie ein später Brian Jones, sowohl, was seinen Spielstil, als auch seine Attitüde betraf. Das Trio umfasste hier den Schlagzeuger Mike Boise, ein knallharter Rocker mit enormem Bums an der Schiessbude. Ausserdem präsentierten sich bei diesem Konzertauftritt auch einige Gastmusiker: Paul Morabito an der Leadgitarre, Zachary Koch an der Rhythmusgitarre, Paul Nunes an den Keyboards, die sehr Sixties-like klangen, Chris Dochte am Saxophon (sehr geil!) und Lonnie Bennett an der Pedal Steel Guitar. 

Der Einfluss der Rolling Stones war hier deutlich hörber: dieser ruppige britisch-gefärbte Rhythm'n'Blues in Kombination mit leicht psychedelischem Rock'n'Roll und einer guten Portion hartem Blues machte schon immer die Kernkompetenz der Chesterfield Kings aus. Auch der Titel des Albums "Live Onstage...If You Want It" ist eine klare Verneigung vor den Glimmer Twins. Die Rolling Stones veröffentlichten ihr erstes Live-Album im Jahre 1966 unter dem Titel "Got Live...If You Want It". Die Band wird denn auch eingangs des Konzerts liebevoll und augenzwinkernd als die "zweitgrösste Rock'n'Roll-Band der Welt" vorgestellt, bevor diese Einleitung in den nach tiefsten 60's-Stones klingenden Rocker "Up & Down" mündet. "Sunrise (Turn On)" verströmt die psychedelische Atmosphäre der späten 60er Jahre. "Transparent Life" ist ein unglaublicher Song, der das klassische "Paint it Black" der Stones mit dem explosiven "7 & 7" von Arthur Lee's Gruppe Love quasi verbindet, mit einem herrlichen Gitarrensolo von Paul Morabito.

"Non-Entity" fühlt sich an wie eine 60er Garagenband, ähnlich der Standells. Greg Prevost jammert auf der Mundharmonika und das Highlight des Songs kommt kurz vor dem Ende, als die Band sich die Melodie in eine energiereiche Jam hineinsteigert, bei welcher Prevost sich selbst fast wegbläst auf der Harp (die J. Geils Band lässt grüssen!) währenddem er die Maracas mit der anderen Hand schüttelt. "Flashback" ist ein deutlich hörbares Tribut/Rip Off von "Jumpin' Jack Flash". Aber wie immer man das auch betrachten will: es ist eine grossartige Melodie mit einigen fabelhaften Gitarrenläufen. Nach diesem ergetischen ersten Teil des Konzerts machen es sich die Musiker auf Stühlen in Front der Bühne bequem und starten zu einem sogenannten "unplugged"-Teil. Sie eröffnen den kurzen Akustik-Set mit ihrer Single "I Don't Understand", das trotz fehlender Rockbegleitung ein ziemlich cooles Yardbirds Feeling hat. Die nächsten drei Songs "Gone", "Sing Me Back Home" (der Merle Haggard Hit), und "Drunkhouse" vermitteln wieder Rolling Stones-Feeling in der Art von "Salt Of The Earth", "Dead Flowers", "Sweet Virginia" und so weiter. Danach ist die Band ist wieder auf den Beinen und rockt das Haus wieder mit roher Kraft in "Stayed Too Long". Der nächste Song ist aus ihrem Album "Let's Go Get Stoned" und ist eine Hommage an Johnny Thunders. "Johnny Volume" heisst dieser Track, was übrigens dessen früherem Künstlernamen entspricht, den Thunders benutzte, bevor er sich bei den New York Dolls "Thunders" nannte. Der Song ist ein Kick Ass Rocker, der jenen Titeln der New York Dolls durchaus ähnelt. Auch Erinnerungen an Stiv Bators und die Lords Of The New Church werden hier wach. Die Band rockt weiter mit Garage Rock vom Feinsten auf "Outtasite" und "I Walk In Darkness", welcher das Leitthema von Booker T.'s "Green Onions" aufgreift. Ein hochenergetischer Rocker, betitelt "Rock'n'Roll Murder" haut wieder in die harte Kerbe und klingt fast wie die Stooges zu "Raw Power"-Zeiten, bevor ein letzter harter Garagerocker mit dem Titel "I'm So Confused, Baby" dieses hochexplosive Konzert noch einmal schweisstreibend und vorwärtspreschend beendet.



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