ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA - Out Of The Blue
(JET Records JT-LA823-L2, 1977)
Ich denke, das ist ein Album der Superlative: Vier LP-Seiten bester Unterhaltung, und dazu noch eine Raumstation zum zusammenbasteln damals als Beilage zum originalen Doppelalbum. Der Zusammenhang zwischen futuristischer Weltraum-Romantik und der Thematik dieses Doppelalbums drängte sich zwar nicht unbedingt auf - war aber trotzdem eine hübsche Idee. Als ein Jahr zuvor das Album "A New World Record" erschien, war der Vergleich mit Beatles-Mustern vielleicht noch verfrüht. Spätestens aber mit der "Out Of The Blue" war die Band nahe dran am Beatles-Universum. Vielleicht war "Out Of The Blue" tatsächlich der "Sgt. Pepper" des Electric Light Orchestra. Während sich beim Vorgänger "A New World Record" einige hervorragende Popsongs fast nahtlos aneinander reihten, konzentrierte sich Mastermind Jeff Lynne bei der 1977 erschienenen Platte wieder mehr auf Studiotüftelei. Die Doppel-LP war dadurch wesentlich anspruchsvoller geworden und natürlich auch vielseitiger. Vier LP-Seiten so zu füllen, dass der Hörer permanent weiterhört, ist nicht einfach.
Jeff Lynne und seine Mitstreiter schafften es jedoch mit geschickter Dramaturgie - man liess sich bereitwillig mitschleifen. Über Stock und Stein, kann man sagen, sowie durch relaxte und ernste Momente. Chöre und Streicher führten von Space-Gefilden hinab und zurück in die frühe Aera des Monumentalfilms, wo dramatische Geigen und Gespensterchor schon alleine für Gänsehaut sorgten. Oder es ging mitten hinein in einen tempramentvollen Percussion-Wirbel. Während dieser ganzen Reise gab es nicht einen einzigen Stilbruch: der ELO-Sound blieb immer präsent, ganz gleich ob Chor und Streicher zu kommerziellen Rocksongs verarbeitet wurden, ob Celli und Geigen in klassischer Form eingesetzt wurden, oder ob es per Synthesizer in andere Dimensionen ging.
Die Kompositionen zu diesem grandiosen Werk entstanden während eines Kurzurlaubs von Jeff Lynne in einem Chalet inmitten der Schweizer Berge. 18 Songs komponierte Lynne und schrieb auch bereits einen Grossteil der Arrangements zu den einzelnen Titeln. Von den 18 Songs schafften es 17 auf das später erscheinende Doppelalbum, den Outtake "Latitude 88 North" erhielt man erst knapp 30 Jahre später in der remasterten CD-Version erstmals als Bonustrack nachgeliefert. Alleine schon diesen einen Song einmal anzuhören lohnt sich. Wenn Jemand dermassen tolle Songs als Outtakes weglassen kann, dann ist er definitiv ein klasse Künstler. Der Titel "Turn To Stone" eröffnete das Album und das war auch der erste Song, der als Single ausgekoppelt wurde. In Grossbritannien kam die Single bis auf den 18. Platz und blieb 12 Wochen in den Charts. Es war allerdings die einzige Singleauskoppelung des Albums, die nicht in Grossbritannien in die Top Ten kam. Der Song wurde ebenso wie "Mr. Blue Sky" und "Don’t Bring Me Down" (aus dem Album "Discovery") in der Episode 'Love & Monsters' der britischen Science-Fiction Serie 'Doctor Who' gesungen.
"Mr. Blue Sky" mit der Zeile "Mr. Blue Sky is living here today": Der Himmel brach auf und der blaue Himmel brachte die Suite "Concerto For A Rainy Day" zu einem optimistischen Ende. Der Song war gespickt mit Reminiszenzen an die Vorbilder von Jeff Lynne: die Beatles. Die mehrstimmigen Chorteile erinnerten an den mehrstimmigen Gesang der Fab Four. Das orchestrale Ende lag ganz nahe bei dem Finale zu "A Day In The Life" der Beatles. Der Song galt ausserdem als Hymne auf die englischen Midlands und wurde vor jedem Heimspiel des Fussballclubs Birmingham City gespielt, um die Freundschaft zwischen Jeff Lynne und dem ehemaligen Birmingham Profifussballer Trevor Francis zu ehren. Die Single "Mr. Blue Sky" erreichte als zweite Auskopplung aus dem Album den 6. Platz der britischen Singlecharts. Der Song "Sweet Talkin' Woman" war dann die dritte Singleauskoppelung des Albums und erreichte in Grossbritannien wiederum den 6. Platz der Singlecharts. Ursprünglich sollte das Stück eigentlich "Dead End Street" betitelt werden. Während der Studioaufnahmen wurde der Song allerdings in "Sweet Talkin' Woman" umbenannt, womöglich um nicht mit dem Hit "Dead End Street" der Kinks verwechselt zu werden. Dieser war 1966 ein Top Ten-Erfolg für die britische Band. Das Intro des Songs war eine Reminiszenz an die Filmmusik zu den Miss Marple-Filmen der 60er Jahre. Der Song wurde im Jahre 1998 von der christlichen Ska-Punkband Five Iron Frenzy gecovert. Diese Version erschien auf der EP "Quantity Is Job 1".
Das "Concerto For A Rainy Day" war eine musikalische Suite, welche die gesamte dritte Seite des Doppelalbums füllte. Die vier Songs gingen nahtlos ineinander über. Die Suite handelte vom Einfluss des Wetters auf die Stimmung des Menschen. "Standin' In The Rain" war der erste Song der Suite und begann mit dem Geräusch von Regen und hellen Keyboardtönen, die dann nach ungefähr 30 Sekunden von einem Donner und einsetzenden Streichern abgelöst wurden. Jeff Lynne nahm den Regen ausserhalb des Studios in München auf. Mit "Standin' In The Rain" eröffnete die Band später ihre Konzerte zu dem Album "Out Of The Blue". Die Single "Standin' In The Rain" war genauso erfolgreich wie die Singles zuvor. Das nachfolgende Stpck "Big Wheels" nahm in der Übergangssequenz von "Standin' In The Rain" bereits das musikalische Thema des abschliessenden Songs der Suite ("Mr. Blue Sky") auf. Der Arbeitstitel des Songs war im Studio "Bad Salad", ein Wortspiel zu 'Sad Ballad'. "Big Wheels" erschien nicht als Single, auch nicht als B-Seite. Bei "Summer And Lightning" war wie auch bei den Songs "Standin' In The Rain" und "Big Wheels" weiterhin der Regen das bestimmende Thema. Die Stimmung wurde durch den Songtext jedoch optimistischer als bei den vorhergehenden Songs und führten so bereits ein in das Finale zum die Suite beschliessenden "Mr. Blue Sky".
Bei diesem Doppelalbum stimmte einfach alles: die Songs, die Stimmung, das Erscheinungsbild mit dem tollen Cover und dem Bastel-UFO (welches übrigens der aktuellen Japan Mini LP CD in klein wieder beigelegt wurde) und natürlich die hohe Klangqualität schon des originalen Doppelalbums, die durch das Remastering noch einmal dramatisch verbessert wurde. Aktuell besitze ich von dem Werk die originale deutsche Doppel-LP plus die aktuelle japanische SHM Super High Material CD-Version. Ein unvergängliches Stück Musik, Songs für die Ewigkeit geschrieben, wovon über 10 Millionen verkaufter Exemplare zeugen.
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