Nov 13, 2017



BRYN HAWORTH - Grand Arrival (A&M Records SP 4682, 1978)

Bryn Haworth ist ein britischer Rocksänger und Gitarrist, der sich als Solokünstler wie als Sessionmusiker seit Anfang der 70er Jahre einen Namen gemacht hat. Haworth kam in den 60er Jahren aus Lancashire nach London und schloss sich 1966 der Band Les Fleur de Lys an. Ihre wenigen Aufnahmen waren kein kommerzieller Erfolg; da die Band aber professionell war, spielte sie im Studio und live für viele Künstler ihres Labels Polydor Records als Begleitgruppe, vor allem für Sharon Tandy, deren von den Fleur de Lys aufgewerteten Singles zu den sicherlich aufregendsten, tanzbarsten und schrillsten Veröffentlichungen des Jahres 1967 gehörten. Als die Band im Frühjahr 1969 aufgelöst wurde, ging Haworth nach Kalifornien, von wo aus er mit diversen Gruppen wie der Jackie Lomax Band oder der von Bill Graham zusammengestellten Band Wolfgang durch die Vereinigten Staaten tourte. 1973 kam er zurück nach Grossbritannien und nahm für Island Records seine erste Solo-LP auf. An "Let The Days Go By" wirkten unter anderem Gordon Haskell und Pete Wingfield mit. An seiner zweiten LP für Island, betitelt "Sunny Side Of The Street" (1974), waren Musiker von Fairport Convention, Madeline Bell und wieder Pete Wingfield beteiligt. In dieser Zeit spielte er nebenher auch als Sessionmusiker für Gallagher and Lyle, Andy Fairweather-Low und andere.

Seit 1974 wandte sich Bryn Haworth dem christlichen Glauben zu, was einen starken Gospeleinfluss in seine Musik brachte. Für das nächste Soloalbum ging er zurück in die USA. Sein drittes Werk "Grand Arrival", das im Jahre 1978 veröffentlicht wurde, nahm der Künstler in Nashville auf. Durch die Wahl des Aufnahmeortes ergab sich auch eine durch die Plattenfirma wohlwollend und grosszügig ausgelegte Besetzungsliste, die alleine schon aufhorchen liess, denn sie gehörte zum qualitativ Besten, was die Musikszene in Nashville zur damaligen Zeit als Gast- und Studiomusiker zu bieten hatte. So waren an den Aufnahmen zu "Grand Arrival" unter anderem folgende Musiker beteiligt: Der Schalgzeuger der Muscle Shoals Rhythm Section Jerry Carrigan, der schon in der Band von Elvis Presley gespielt hatte bildete zusammen mit dem Bassisten Jessie Boyce das Fundament, über das der Multi-Instrumentalist Bryn Haworth seine diversen Gitarrensounds und seine Stimme legte. Dazu gesellten sich zu den entsprechenden Songs zahlreiche Gastmusiker von Rang und Namen, wie beispielsweise der weltbekannte Mandolinenspieler Sam Bush, der Steel Gitarrist Buddy Emmons, der Gitarrist Billy Sanford, der legendäre Bassist Tommy Cogbill sowie einige weitere damals ebenso populäre wie hervorragende Sessionmusiker.


Trotz des Aufnahmeortes und auch der Wahl der Musiker geriet "Grand Arrival" nicht zu einem Country-Album, wie man das aufgrund dieser Konstellation vielleicht hätte vermuten können. Vielmehr gelang Bryn Haworth mit dieser Platte ein sehr vielseitiges, eher dem Countryrock, respektive einer frühen Form der Americana-Musik zuträgliches Werk, das bisweilen auch angenehm rocken konnte, wie zum Beispiel im Titelstück "Grand Arrival". Dazu kam ein unüberhörbarer Gospel-Touch, der sich allerdings nicht nur auf gelegentliche Hallelujahs in den Songtexten beschränkte. Die Zuordnung zum christlichen Poprock könnte einerseits das Schicksal dieser hervorragenden Platte in kommerzieller Hinsicht bedeutete haben, andererseits war sie kein missionarisches Unternehmen. Was allen Songs gemeinsam war: Sie verfügten über wundervolle Melodien, die sich sofort im Gehör festkrallen konnten, alleine dieser Umstand führte dazu, dass man die wirklich nur moderat christlichen Songtexte manchmal geflissentlich überhören mochte und dies auch konnte. Die Musik stand eher im Vordergrund und nicht wie bei manch anderer christlichen Plattenveröffentlichung zugunsten von missionarischen oder gar Bibeltexten eher im Hintergrund.

Instrumental war die ganze Platte ein Genuss, und auch gesanglich präsentierte Bryn Haworth einen stimmungsvollen und bunten Strauss voller emotionaler Songs, die seine angenehme Stimme stets ins rechte Licht stellten, immer wieder unterstützt allerdings durch hervorragende Chorstimmen, für die ebenfalls ausgewiesene Studio- und Sessionmusiker aus Nashville verantwortlich zeichneten, wie etwa die vielbeschäftigten und auf zahlreichen Plattten namhafter Künstler und Bands zu findenden Imperials, die auch schon Elvis Presley begleitet hatten, oder die Halladay Sisters. Der Kontrapunkt war beispielsweise der Keyboarder Bobby Woods, der ursprünglich namhafte Jazzmusiker begleitet hatte, zu denen etwa Herbie Mann und Hubert Laws zählten, der sich später aber insbesondere in der hiesigen Countryszene zu einem der begehrtesten Keyboarder mauserte, dessen Dienste denn auch von Weltstars wie Willie Nelson, Johnny Cash oder Bobby Womack in Anspruch genommen wurden. Titel wie "We're All One" rockten sehr gemütlich und klangen wie ein Mix aus J.J. Cale und The Tractors, während zum Beispiel der Opener "Come See What Love" auch glatt einem Doobie Brothers Album hätte entstammen können. "Woman Friend" und ganz besonders "Full Day" hingegen waren Countryrock in Reinkultur. Alle Songs hatte Bryn Haworth selbst verfasst und mit Don Everly (von den legendären Everly Brothers) hatte er einige wunderschöne Duette eingesungen.

In den folgenden Jahren tourte Bryn Haworth ausgiebig in Europa, als Supporting Act unter anderem für die Bands Traffic, Bad Company, Gallagher And Lyle und Fairport Convention. Weitere Alben und Tourneen folgten solo und als Bryn Haworth Band. Als Sessionmusiker war er von 1975 bis 2005 unter anderem für Chris de Burgh, Joan Armatrading, Marianne Faithfull, Cliff Richard, Ian Matthews, John Cale und Gerry Rafferty im Studio. Lulu, Sandy Denny und Mary Black haben ausserdem Titel des Songwriters Bryn Haworth interpretiert. Seit Anfang der 90er Jahre widmet sich Bryn Haworth auch karitativen Aufgaben. So geht er regelmässig in Gefängnisse, um Musik zu machen und Bibelstunden zu geben. Dabei veranstalteten Bryn Haworth und seine Ehefrau Sally 2006 unter anderem im Hochsicherheitsgefängnis Highdown in Surrey mehrere Musik-Workshops mit den Insassen. Auch seine Aufnahmen widmen sich zunehmend christlichen Themen, wie an den Titeln seiner Alben "Songs & Hymns" ("Lieder und Hymnen", 1999) und "Keep The Faith" ("Bewahre den Glauben", 2005) deutlich wird. Bryn Haworth ist einer der hervorragendsten unbekannten Gitarristen, den man unbedingt kennen sollte.









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