Nov 15, 2017


THE MONSTERS - M (Voodoo Rhythm Records VR12100, 2016)

Beat Zeller, also known as The Reverend Beat-Man, feierte mit seinen wüsten Garagenpunks The Monsters 30 Jahre Bandgeschichte. Das 2016 erschienene Album "M" mit der Originalität im Rock 'n' Roll gleichzusetzen, war so eine Sache. Wie so oft im Leben schadete es auch in diesem Falle nicht, im Zweifelsfall lieber klug zu stehlen als schlecht zu kopieren. Sogar die alte kommunistische Doktrin von Eigentum als Diebstahl wurde vor allem in dieser kapitalistischsten aller Künste umgesetzt. Kunst ist nicht nur im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit und hier schliesslich bei möglicherweise nicht legalem Filesharing angelangt. Als Basis diente hier auch zwecks Publikumsgewinnung die nicht allzu gross zu öffnende Schere zwischen kreativem Alleinstellungsmerkmal und normativer Stilausrichtung. The Monsters kommen aus der eigentlich nicht als Rock'n'Roll-Brennpunkt konzipierten Schweizer Hauptstadt Bern. Ob man dort von den Gehsteigen essen kann, zweiminütiges Zuspätkommen mit fünf Jahren Verbannung ins im Berner Hinterland liegenden Emmental bestraft wird oder die Gehsteige tatsächlich um 20 Uhr hochgeklappt werden, das alles ist nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich existiert dort aber schon seit Jahren eine zumindest kleine Szene lokaler Tunichtgute und das Gute, Wahre und Schöne verweigernder Menschen, die selbst noch im Frührentenalter als Halbstarke durchgehen.

Trash Rock'n'Roller: Primitiver Rock aus der sprichwörtlichen Garage ist von den 60er Jahren herauf eine natürliche Verweigerungshaltung mittelstädtischer 'juvenile delinquents', die in ihrem sturen Beharren auf Antimodernität immer schon in der Provinz ihr natürliches Habitat fanden: 1. Wir wissen zwar nicht, worum es geht, wir sind aber dagegen! 2. Was man singen kann, kann man auch brüllen. 3. Diese Computer werden sich nicht durchsetzen. 4. Und überhaupt! 1986 gründete der solo auch als Reverend Beat-Man auftretende Berner Beat Zeller die Band The Monsters. Mittels primitiven, gewaltbereiten Rock'n'Rolls, Garagen-Punks und trashigen Rockabillys (ungefähre Eigenbeschreibung) sollte gegen die nicht gut genuge Gesamtsituation angekämpft werden. Nicht wenige wollten das gerne hören, aber nur wenige wollten das verkaufen müssen. Deshalb entstand 1992 das hauseigene Label Voodoo Rhythm Records.

Auf Voodoo Rhythm veröffentlichte Zeller seitdem diverse, grundsätzlich immer gleich klingende Aufsässigkeitsalben wie dieses "M". Auf diesem zu hören waren unter anderem gut gebrüllte, ewig juvenile Instantklassiker mit möglicherweise nicht immer selbstkomponierten Hooklines und Riffs. Sie trugen schöne Namen, die oft gar nicht mehr Text als den Songtitel benötigten, man wollte ja nicht geschwätzig sein: "Happy People Make Me Sick", "Too Pretty To Be Loved" oder "Let Me Spend The Night With Your Wife". Alt, aber nicht milde Im Vergleich zu über die Jahre zusammengesammelten Labelkollegen wie dem wahnsinnigen US-Pilotenhelm Mikrofon-Schreihals Bob Log III, den Zeitlupen-Balladeuren The Dead Brothers oder Bands mit lustigen Namen wie The Pussywarmers, The Hormonauts, The Watzloves oder The Sex Organs legten The Monsters Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild. Auch Friseurbesuche durften unternommen werden. Wenn dann allerdings die mit Fuzzeffekt verzerrten Gitarren beim Anschneiden der Grosshirnrinde Hits wie "Baby You're My Drug" einleiteten, der Reverend das Lob der Wollust und Triebhaftigkeit predigte und gleich zwei Schlagzeuger auf eineinhalb Schlagzeuge eindreschen liess, musste eines schon klar sein: Diese Musik ist alt, aber sie ist nicht milde.

Seit 30 Jahren schlichen sich The Monsters immer wieder aus ihrem modrigen Kellerloch, nachts, um mit einer einzigartig schmutzigen Mischung aus Trash-Pop, Garage und Sex-Soul-Beat die Haupt- und Nebenstrassen der Musikmetropolen heimzusuchen. Den Monsters ging es damals wie heute darum, dem hässlichen, strahlenden Gesicht des Mainstream in selbiges zu schlagen, ein Kampf, der laut, fies und wild geführt werden musste. Und genauso klang ihr Soundtrack zu dieser Dresche: Schrill, heftig, aber auch immer mit voodooeskem Humor, mit Selbstironie, bei allem Angriffsgeist. Fritz Lang, der grosse Expressionisten-Regisseur, dessen Serienmörder-Meisterwerk 'M - eine Stadt sucht einen Mörer' zu diesem Album inspiriert hatte, wäre wahrlich stolz gewesen. Und stolz war der Reverend beim Hauslabel Voodoo Rhythm auch, weil auf einer zweiten CD gleich 15 befreundete Bands aus diesem herrlichen Schmuddel- und Kellerkinder-Umfeld bis nach Neuseeland und den USA einen Sampler mit Coverversionen der Monster-Songs beigesteuert hatten.

The Monsters hatten im Jahre 1989 die LP "Masks" in gerade einmal drei Tagen im Sedel, Schweinesound Studio eingespielt, und die Platte wurde damals auf dem Berner Label Record Junkie Records in einer Auflage von 666 Stück veröffentlicht. Die Auflage war fix ausverkauft und danach nie wieder nachgepresst worden. Von wegen CD oder digital: Damals kannte noch niemand diese Worte, doch irgendwann war die Zeit gekommen, diese ersten Gehversuche der Monsters einer grösseren Öffentlichkeit vor die Füsse zu werfen. Die Songtexte waren immer noch sehr stupid und instrumentalistisch war die Band im Neandertaler-Stadium, und das war, was dieses Machwerk ausmachte. Purer Teenage Trash-A-Billy. Im Probenraum wollte niemand singen und die Instrumente waren zu laut und die PA zu leise, so musste Beat-Man singen. Er hatte die lauteste Stimme. Ihre damalige Liebe für Rockbilly und 60's Garagenpunk wurde so im Primitivsten umgesetzt

1991, exakt in der Zeit, als kommerzieller Techno, Grunge und Heroin Groove Punk die Welt übersäten, veröffentlichten The Monsters aus Bern in der Schweiz ihr zweites Studioalbum "The Hunch", benannt nach einem Hasil Adkins Song. Man hatte den Monsters damals nahegelegt, in ein großsses, properes Tonstudio zu gehen und eine fette Aufnahme zu machen und so hatte man das dann 1990 auch gemacht - und glücklicherweise auch zum letzen Mal in ihrer Karriere. Das Tonstudio war allerdings so enorm teuer für ausgebrannte Punk Rock Teenagers wie es die Monsters damals waren, sodass sie sich nur Aufnahmen für eine Seite der Platte leisten konnten. Die zweite Seite wurde dann bei einem Konzert 1991 im ISC Club in Bern, ihrer Heimatstadt, zusammen mit Sam von The Radiations und Jimmy Ochsenbein aufgenommen. Diese Platte brachte den Monsters damals den kommerziellen Durchbruch und wurde überdurchschnittlich oft verkauft. Es gab Song-Auskopplungen und Lizenzierungen von anderen Labels; so wurde unter anderem der Song "The Creature From The Black Lagoon" auf dem Los Angeles Label Dionysus Records herausgebracht unter dem Musikstil 'Grungeabilly'. The Monsters wurden dann auch sehr aktiv und tourten durch ganz Europa. 1990 und 1991 gab es noch einen Wechsel am Schlagzeug. Und so spielte auf der ersten Seite der LP "The Hunch" noch Peppe mit, auf der Live-Seite dafür schon der neue Schlagzeuger Di Putto

Der Beginn des sogenannten 'Primitive Rock'n'Roll Chainsaw Massacre Trash Garage' folgte dann mit dem Album Nummer drei, betitelt "Youth Against Nature". Aufgenommen wurde dieses Album Ende 1994 zusammen mit Robert Butler (Pantichrist) und Kat Allen (Reithalle Bern) als erste Aufnahme für die Band ohne Kontrabass und geschrumpft in ein Trio (der erste Gitarrist Yves hatte 1992 die Band verlassen). Der Gitarre wurde ein Fuzz Pedal und dem Gitarrenverstärker nun das Level 13 eingebaut. Dies war der musikalische Wendepunkt der Band.  Nach den etwas Psychobilly lastigen Veröffentlichungen "The Hunch" und "Masks" war man des relativ cleanen Studiosounds überdrüssig geworden, mietete beim lokalen Musikgeschäft ein Homerecording Studio (Akai-1214) und nahm die Sache selbst in die Hand. Für den Gesang mussten die Mikrophone aus der benachbarten Reithalle dran glauben. Um die Kosten möglichst gering zu halten, wurde das gesamte Material in lediglich zwei Tagen aufgenommen und abgemischt. Die acht Songs umfassende EP "Jungle Noise" wurde 1995 auf dem Deutschen Label Jungle Noise als 10" veröffentlicht und die überschüssigen Songs als Singles über diverse andere Labels vertrieben. Der Song "It's Not My Way" wurde ursprünglich für eine Anti Kriegs-Compilation aufgenommen, dann aber nicht verwendet, da der Song den Verantwortlichen zu trashig war. Seit diesem Zeitpunkt starteten die Monsters durch und begeisterten ihre seither stetig gewonnene Nachfolgerschaft mit unzähligen Konzerten auf zahlreichen Touren in ganz Europa.

Nach 30 Jahren im musikalischen Zerstören gutbürgerlicher Werte waren die Monsters schliesslich im Jahre 2016 nach Toulouse gefahren, um in einen stinkigen, modrigen Übungsraum zusammen mit LoLo Spider von Destination Lonely ihr Album "M" einzuspielen. Das Album startete mit einem Fuzz Trash Garage Punk-Knaller mit dem Titel "Baby You're My Drug" und ging fliessend in die Hardcore Boogie-Nummer "Dig My Hair" über. So ging es im Grunde auch das ganze Album lang weiter, Verschnaufpause nicht inklusiv, eine knappe halbe Stunde pures Vollgas. Als Alternative zu dem Geschwätz und dem allwissenden Nichtwissen der Menschheit im Heute, hatte sich die Band entschlossen, gemeinsam dagegen anzutreten und alle Songtexte auf ein paar Worte zu beschränken, um sich irgendeinem sinnfreien Geschnatter zu verweigern. So war es dann gekommen, dass weit weg von jeglicher Poesie, sich nicht einmal die Wörter reimen durften - So what the Fuck. Der Song "Voodoo Rhythm" war erstens ein Tribut an ihr Platten Label Voodoo Rhythm Records, anderseits für Muddy Roots Music (Tennessee), wo die Monsters an etlichen Festivals gespielt hatten. Dass Reverend Beat-man und seine Monsters bis heute ohne jede vermeintliche Stilfähigkeit herumbolzen, spricht letztlich für sich. Ehrlichere Musik findet man bis heute absolut nirendwo, ausser in diesem musikalischen Bereich. It's only Rock'n'Roll and know waht ? I fucking like it!



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