ASAF AVIDAN & THE MOJOS - The Reckoning (Telmavar Records TMR 002, 2008)
Der israelische Folk- und Rockmusiker Asaf Avidan, dessen auffälligstes Merkmal seine Falsettstimme ist, wird manchmal wie ein Mix aus Janis Joplin und Robert Plant bezeichnet, was zwar einerseits etwas weit hergeholt scheint, letztlich aber doch gar nicht so schlecht passt. Der Sohn eines israelischen Diplomaten wuchs unter anderem in Jamaika auf. Musikalisch beeinflusst wurde er laut eigener Aussage vor allem durch die umfangreiche Plattensammlung seiner Eltern, in der sich verschiedenste Stilrichtungen fanden. Später kamen auch Platten seines älteren Bruders hinzu, der als Manager eines Plattenladens arbeitete. Als wichtige Einflüsse nennt Asaf Avidan die Bands und Musiker Bob Dylan, Leonard Cohen, Tom Waits, Nirvana, Soundgarden, Pearl Jam, Led Zeppelin, Jimi Hendrix, The Doors, Radiohead, Muddy Waters, John Lee Hooker und Blind Willie McTell, aber auch klassische Musik, etwa von Chopin und Beethoven als seine wichtigsten Einflüsse.
Nachdem Asaf Avidan als Jugendlicher ein Metallica-Konzert besucht hatte, wünschte er sich ein Schlagzeug, weil er im Spiel des Metallica Schlagzeugers Lars Ulrich seine Leidenschaft für die Rhythmik des Rock entdeckte. Da ein Schlagzeug für die Wohnung zu gross und zu laut war, bekam er eine elektrische Gitarre. Doch über eine Gitarrenstunde kam er nicht hinaus. Erst während des Wehrdienstes holte er sie wieder hervor. Der schmächtige Avidan galt in der Armee als Aussenseiter. Er brachte sich als Autodidakt einige Akkorde bei und schrieb und spielte Lieder, um seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Meist schrieb er dazu Texte, die eine gewisse Traurigkeit als zentrale Botschaft zum Ausdruck brachten. Nachdem er nach Ende seines Wehrdienstes dieses Ventil für seine Emotionen nicht mehr benötigte, legte er die Gitarre allerdings wieder beiseite und studierte Film und Animation. Erst nach der Trennung von seiner langjährigen Freundin holte er die Gitarre wieder hervor, um die Musik als Ausdrucksmittel zu nutzen und entschied sich, Musiker zu werden. Sechs Lieder, in denen er das Zerbrechen seiner Beziehung verarbeitete, veröffentlichte er 2006 in Israel als Debüt-EP "Now That You're Leaving". Avidan veröffentlichte die EP – wie auch alle weiteren Alben – auf dem eigenen Label Telmavar Records, das er gemeinsam mit seinem Bruder Roie Avidan gründete. Für eine Tour durch Clubs in Israel stellte er mit dem Bassisten Ran Nir, dem Schlagzeuger Yoni Sheleg, dem Gitarristen Roi Peled und der Cellistin Hadas Kleinman eine Band zusammen, die sich Asaf Avidan & the Mojos nannte.
Die Band veröffentlichte 2008 das unfassbar schöne Debutalbum "The Reckoning". Die Reaktionen auf dieses Meisterwerk waren wenig überraschend einhellig positiv und brachten diesem Ausnahmekünstler eine Nominierung als bester israelischer Künstler bei den MTV Europe Music Awards ein. Der Titel "Weak" des Albums "The Reckoning" war Teil des Soundtracks zum Film "The Tree" (2010). Für das Album "The Reckoning" und auch für das ein Jahr später veröffentlichte "Poor Boy/Lucky Man" schlossen Asaf Avidan & the Mojos einen Lizenzvertrag mit Sony/Columbia Records für den Vertrieb der Alben in Europa ab. Dadurch wurde Asaf Avidan auch hierzulande einem breiteren Publikum bekannt. Die Alben wurden mit einiger Verzögerung auch in Deutschland offiziell veröffentlicht ("The Reckoning" im Jahre 2010 und "Poor Boy/Lucky Man" dann 2011). Bei ihren Touren in Israel konnten Asaf Avidan & the Mojos eine beachtliche Fangemeinde gewinnen. Sie füllten bei ihren Auftritten schließlich große Hallen. Ihre Alben erreichten in Israel Goldstatus. Es folgten Auftritte in Europa, unter anderem zwei Auftritte im WDR-Rockpalast. Avidan war zudem im Vorprogramm zahlreicher bekannter Musiker zu hören, so zum Beispiel für den Musiker Morrissey in Tel Aviv im Jahr 2008, für Bob Dylan im Ramat-Gan-Stadion im Juni 2011 oder bei einem Tribute- und Benefizkonzert für die Gruppe The Who in der Carnegie Hall in London.
Ein Teil von Asaf Avidan's "Reckoning Song" fand als Sample-Edit einen Einsatz in dem Remix "One Day" des Berliner Musikers und DJs Wankelmut. "One Day" erfreute sich grosser Beliebtheit auf der Internetplattform SoundCloud und bei YouTube und wurde im Juni 2012 als Single veröffentlicht. Nach sechs Wochen war das Lied in den deutschen Top 10 und nach drei weiteren Wochen erreichte es Platz 1. Daraufhin wurde es auch in den Nachbarländern veröffentlicht und stieg in Österreich und der Schweiz sowie in Belgien, den Niederlanden und später in Italien ebenfalls bis an die Chartspitze. Im August 2012 wurde das Album "The Reckoning", auf dem der Originalsong ursprünglich erschienen ist, mit dem Remix als zusätzlichem Bonus-Track wiederveröffentlicht. Der Re-Release des Albums stieg auf Platz 23 der deutschen Album-Charts ein. Das offizielle Musikvideo zu "One Day" wurde seit der Veröffentlichung auf YouTube über 100 Millionen Mal angesehen.
Seit dem grossen Erfolg des Remixes von DJ Wankelmut ist Asaf Avidan zu einer festen Grösse im Bereich Folkrock avanciert. Sein Debutalbum "The Reckoning" überzeugt durch seinen sehr abwechslungsreichen Mix aus teils catchy Rocknummern wie zum Beispiel "Hangwoman", aber auch durch die grossartigen folkigen Stücke wie "Weak", "Little More Time", "Maybe You Are" und selbstverständlich dem Original des traumhaft schönen "Reckoning Song".
Seine einnehmendsten und berührendsten Augenblicke präsentiert Asaf Avidan, wenn er über gescheiterte Beziehungen resümiert. In solchen Momenten erinnert er gar an die poetische Melancholie eines Leonard Cohen: “They met when he was in a hospital, he whispered "I ain't got no heart" into the room. She said "I'll make you smile again" and made an airplane out of some pretty words put in a spoon. She broke from all his words but she was made of mercury, she'd come together later piece by piece. And it became a game they played, under the blankets In the bed, pretending she was small and he was big. She became so small, he could lift her body and heart and all (“Maybe You Are”)
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