Apr 10, 2017


MAN - Be Good To Yourself At Least Once A Day
(United Artists Records UAG 29417, 1972)

Naja, etwas seltsam mutet es ja schon an, dass ausgerechnet jenes einzige Album der Manband, bei welchem der kurz zuvor aus der Gruppe rausgeschmissene Bandleader Deke Leonard nicht dabei war, zu einem der besten überhaupt im umfangreichen Schaffen der Jam-Urväter aus Wales geriet. Zwar erschien das siebte Studioalbum "Be Good to Yourself At Least Once A Day" nur einen Monat nach der letzten (Konzert-)Veröffentlichung "Live At The Padet Rooms Penarth", doch vollzog sich innerhalb dieser wenigen Tage eine bemerkenswerte Veränderung im Line-Up der Gruppe. Ein personeller Tornado fegte durch die Manband, indem Martin Ace die Gruppe verliess und Deke Leonard gechasst wurde, Clive John kehrte wieder zur Band zurück und brachte gleich noch die beiden Musiker Phil Ryan und Will Youatt mit. Clive John gründete mit diesen beiden Musikern später die Band Neutrons, als er Man mit seinen beiden Kollegen erneut verliess, und in der relativ kurzen Zeit ihrer Existenz veröffentlichten die Neutrons zwei hervorragende Platten: "Black Hole Star" (1974) und "Tales From The Blue Cocoons" (1975). "Be Good to Yourself At Least Once A Day" war damit das einzige Studioalbum in dieser veränderten personellen Struktur. Ein weiteres Werk in genau dieser Besetzung war das nachfolgende Live-Konzert, das auf der Platte "Christmas at the Patti" zu hören war. die Platte fiel zum einen schon mal sofort auf, weil sie ein später auch preisgekröntes Albumcover präsentierte, das es in der Form noch nie vorher gab: Das aufklappbare Plattencover war als Pop-Up Cover gestaltet, welches sich beim Aufklappen mehrfach öffnete und eine insgesamt 61 x 61cm grosse im Cartoon-Stil gestaltete knallbunte Landkarte von Wales präsentierte. Die Landkarte zeigte mehrere Ursprungsorte von Bands aus Wales, sowohl befreundete als auch andere Musikgruppen, die ihre Wurzeln in dem Gebiet hatten, sowie weitere Sehenswürdigkeiten aus Sicht der Manband. Bemerkenswert dabei: Wales wurde als eine autarke Insel dargestellt, losgelöst vom Rest von England, abgetrennt durch eine breite Wasserstrasse.

Anzumerken wäre zu den vier langen teilimprovisierten Jams auf "Be Good to Yourself At Least Once A Day", dass Will Youatt aufgrund eines noch bestehenden Vertriebsvertrages namentlich beim komponieren der Songs nicht genannt werden durfte, obschon er einen nicht unwesentlichen Anteil am ausarbeiten und arrangieren der vier Jams des Albums hatte. Aufgrund des Fehlens von Frontmann und Hauptsongschreiber Deke Leonard erwiesen sich die vier Jams erwartungsgemäss als instrumentaler als zuvor. Dem Gesang wurde nur relativ wenig Frontfläche geboten, der Gesang war eigentlich nur ein unwesentlicher Bestandteil der Songs, die hauptsächlich auf ausufernde solistische Darbietungen ausgelegt waren. Diese wiederum hatten es allerdings in sich. Es schien, als würden die Musiker quasi wie befreit aufspielen. Sie hatten jegliche instrumentalen Freiheiten und nutzten diese auch ausgiebig.

So geriet schon der Opener der A-Seite, "C'Mon" zu einem wahren Instrumental-Feuerwerk, bei welchem unterschiedliche Solo-Darbietungen, mehrere Tempo-Variationen und überaus locker fliessende Passagen einen der bis dato besten Jams der Band zeigte. Das zweite Stück auf der A-Seite mit dem Titel "Keep On Crinting" präsentierte eine fast schon ironisch-witzige Umsetzung des bewährten Man-Jammings, es waren jazzige Passagen zu hören, aber auch recht psychedelisch anmutende Momente, aber vor allem viele Synthesizer Sounds, die nicht unbedingt Man's Erkennungszeichen gewesen waren bisher. Phil Ryan probierte da sehr viel aus mit seinem Arsenal an neuen Keyboard-Gerätschaften, was den Song zwar recht ungewöhnlich machte, jedoch durchaus als eine gewisse Innovation betrachtet werden konnte, die vom Publikum auch wohlwollend aufgenommen wurde. Nichtsdestotrotz waren es aber auch hier die klassischen 'Man-like' Jams, die am meisten begeistern konnten. Neben "C'Mon" war das auch ganz sicherlich das die zweite LP-Seite eröffnende "Bananas", das zu einem der ganz grossen Klassiker im Repertoire der Band wurde.

"Bananas" gehört noch heute zu einer der am meisten gespielten Nummern der Band an Konzerten, und es gibt den Titel in den verschiedensten Variationen, denen eines immer gemainsam ist: Sie sind allesamt einfach hervorragend. Vielleicht haben Man einige prägnante Songs komponiert, an denen man sie stilistisch festmachen kann, aber "Bananas" ist bestimmt so etwas wie das herausragende Paradestück im grossen Repertoire der Manband, zumindest eines von ganz Wenigen. Was "Bananas" besonders auszeichnet, sind die Interaktionen der beiden Gitarristen Clive John und Micky Jones, die sich hier immer wieder genial die solistischen Bälle zuwarfen und dabei auch ganz toll mit dynamischen Elementen spielten. Das Ganze klang dazu erst noch richtig locker und unverkrampft. In diesen Momente des Jammens waren Man schon immer eine Klasse für sich, aber bei "Bananas" klang das perfekt veredelt, und dies, obwohl ja Phil Ryan erst grad zur Band gestossen war. Man kann heute natürlich mutmassen, ob ein "Be Good to Yourself At Least Once A Day" bei einer Realisation mit Deke Leonard ebenso locker zustande gekommen wäre, aber man darf esdurchaus bezweifeln. Das nachfolgende Bluesrock-Stück "Life On The Road" war ebenfalls ein hervorragendes, diesmal recht bluesrockig klingendes Jam-Stück, das erneut von den beiden Gitarristen dominiert wurde. Auch "Life On The Road" fehlte in der darauffolgenden Zeit nach der Veröffentlichung der LP kaum einmal im Live-Repertoire der Band.

"Be Good To Yourself At Least Once A Day" wurde vom Publikum wohlwollend aufgenommen, die Platte verkaufte sich erfreulich gut. Die Promotion des Albums umfasste sowohl ein Auftritt beim legendären britischen DJ John Peel, aus welchem später dann insgesamt drei wurden (am 29 August. 1972, am 18. September 1973 sowie am 31. Oktober 1974), sowie eine Party am 19. Dezember 1972, an welcher Dave Edmunds, die Gruppen Help Yourself, The Flying Aces und andere auftraten, die schliesslich in der Veröffentlichung des Live-Dokuments "Christmas At The Patti", einem 10" Doppelalbum mündeten, welches erneut die sogenannten 'Budget Album Charts' toppte, wie zuvor bereits die einige Monate früher veröffentlichte Live-Veranstaltung "Greasy Trucker's Party". Noch heute gehört die LP "Be Good To Yourself At Least Once A Day", was wortwörtlich genommen eigentlich ein Aufruf des täglichen an sich Rumspielens bedeutet, zu den besten Studiowerken der Manband. Aber auch danach spielte die Gruppe noch etliche hervorragende Alben ein, wie etwa das nur wenige Monate später aus einer Live- und einer Studio-Platte bestehende Nachfolgerwerk "Back Into The Future" beweist, das eingespielt wurde, als Deke Leonard wieder zur Manband zurückgekehrt war. Wiederum drehte sich das Personalkarrussell, und mit dem erneuten Ausscheiden von Clive John kam Alan "Tweke" Lewis von der Band Wild Turkey zu Man.


Am 24. Juni 1973 zeichneten die Musiker einen Live-Auftritt im Londoner Roundhouse auf, zusammen mit dem Gwalia Male Choir, der bereits zuvor mit Man aufgetreten war, als diese für Frank Zappa das Opening bestritten. Als "Back Into The Future" erschien, startete die Manband erneut zu einer umfangreichen Europatournee, in deren Verlauf auch der ehemalige Man-Kopf Deke Leonard mit seiner neuen Gruppe Iceberg spielte. Noch während dieser Tour sprachen Micky Jones und Deke Leonard über ein neues Man Line-up, als Phil Ryan und Will Youatt die Band verliessen, um die Gruppe The Neutrons im Dezember 1973 zu gründen. Deke Leonard löste seine Band Iceberg auf und kam zu Man zurück, zusammen mit zwei ehemaligen Gründungsmitgliedern der Gruppe Help Yourself, nämlich Malcolm Morley (Keyboards) and Ken Whaley (Bass), die beide mit Leonard auch in dessen Gruppe Iceberg spielten. Der Kreis schloss sich also - zumindest für Deke Leonard - wieder. Für Chronisten und Man-Afficionados bleibt es aber dennoch interessant, dass das einzige Studioalbum, auf welchem Deke Leonard nicht mit von der Partie war, zu einem der grossen Klassiker im Repertoire der Band geriet. Zu den Fussnoten bezüglich des Albums "Be Good To Yourself At Least Once A Day" gehört abschliessend auch noch, dass der britische Rock'n'Roll-Musiker auf dem Album die Pedal Steel Gitarre beim Stück "C'Mon" spielte.







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