NEKTAR - Remember The Future (Bacillus Records BLPS 19164, 1973)
1972 schaffte eine Nektar-LP überraschend und völlig unerwartet den Sprung in die amerikanischen Charts. "A Tab In The Ocean" wurde eigens für die Vereinigten Staaten neu abgemischt. Diese Aufnahme mit mehr Tempo und klarer zu unterscheidenden Instrumenten sollte den Geschmack der US-Amerikaner besser treffen. Die Gruppe entschloss sich zu einer Tournee durch Amerika und erzielte einen Achtungserfolg. Mehr als 100000 Amerikaner wollten Nektar sehen. Kennzeichnend für die Live-Auftritte der Band war die Lightshow, die auf grossen Leinwänden hinter den Musikern vom 'Lichtmusiker' Brockett virtuos inszeniert wurde. Das im folgenden Jahr veröffentlichte vierte Album "Remember The Future" galt dann vielen Fans und Kritikern als der musikalische Höhepunkt im Schaffen der Gruppe. In den zwei Teilen von "Remember The Future" erzählten Nektar die Geschichte von Bluebird, einem blauhäutigen und mit Flügeln versehenen Ausserirdischen, der auf die Erde kam, mentalen Kontakt mit einem blinden Jungen aufnahm, weil er bei früheren Besuchen festgestellt hatte, dass die sehenden Erdbewohner entweder mit Angst oder aber Angriff reagierten. Bluebird berichtete dem blinden Jungen von seinen Visionen, heilte ihn von seiner Blindheit und verschwand wieder.
Im Gegensatz zur vielleicht eher etwas hausbacken wirkenden Geschichte und den bisweilen recht anspruchslosen Songtexten, konnte die Musik auf diesem Album hundertprozentig begeistern, und kann auch nach all den vielen Jahren noch immer überzeugen. Einen sehr schwungvollen Hardrock setzten Nektar hier in Szene, getragen vom abwechslungsreichen Gitarrenspiel von Roye Albrighton und den klangfüllenden, meist von der Hammond vorgetragenen Keyboards von Alan Freeman. Die Keybords nahmen auf dem Album "Remember The Future" eine ziemlich zentrale Rolle ein, waren wesentlich präsenter und dominierender in Szene gesetzt worden als auf den zuvor veröffentlichten Werken. Freeman schaffte es mit seinem Orgel- und Klavierspiel so manches Mal, die Gitarrendominanz zu brechen, insbesondere im ersten Teil der Platte, dem seitenfüllenden "Part 1", bei welchem er gegen das Ende hin sogar mehrere ausgejammte Soli präsentierte. Nektar waren hier so nahe wie nie zuvor und niemals später am klassischen symphonischen Progressive Rock. Geboten wurde letztlich die inzwischen zwar Nektar-übliche Mixtur aus sirrenden, manchmal rockigen Gitarren über eher schlichten, aber treibenden Rhythmen, gepaart mit gutem Solo- und Chorgesang. Aber mindestens im ersten Teil von "Remember The Future" spielten die Keyboards mehr Parts, hatten mehr tragende Anteile als auf den anderen Nektar Alben. Dies beschwörte eine Atmosphäre herauf, die aus einer eigenwilligen Mischung aus Psychedelic- und Spacerock auf der einen, und symphonischem, teilweise sogar mit Mitsing-Passagen ausgestatteten Progressive Rock auf der anderen Seite bestand.
Im zweiten Part, also auf der B-Seite der originalen LP, wurde diese Linie dann ein Stück weit aufgegeben. Hier dominierte wieder eindeutig die Gitarre als führendes Instrument und brillierte in verzerrten Slide-Soli und Wah Wah-Attacken. Insgesamt geriet der zweite Teil auch deutlich rockiger und die Keyboards waren wieder in den Hintergrund gedrängt. Insgesamt kam in diesem zweiten Teil eher so etwas ein Flower Power-Feeling von Ende der 60er Jahre mit deutlich hörbarem Hard Rock Anteil auf. "Remember The Future" war vor allem in den USA auch kommerziell sehr erfolgreich. Möglicherweise lag dies an der Ähnlichkeit zum West Coast Psychedelic Rock, den man etwa von Bands wie Grateful Dead gewohnt war. Dass Nektar so gerne in die Hardrock-Ecke eingeordnet wurden, kann vielleicht an einigen rockigen Momenten des zweiten Teils von "Remember The Future" liegen, die allerdings nur eine Facette von Nektar darstellten. Die Kompositionen der Formation auf "Remember The Future" neigten stark zum vergleichsweise sanften, canterburyesk-funkigen Psychedelic Rock mit US-amerikanischer Ausprägung, der sowohl angejazzt als auch rockig daherkam. Dessen treibende Rhythmen liessen zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen. Ab ungefähr der zwölften Minute des zweiten Teils gaben sich Nektar für einige wenige Minuten auch sehr floydig, was vielleicht die vom Label aufgestellten Vergleiche mit "The Dark Side Of The Moon" erklären könnte. Als ein grosser Nektar-Fan, der "Remember The Future" schon viele Male gehört hat in seinem Leben, würde ich behaupten, dass all diese Ingredienzien vorhanden waren. Persönlich würde ich die Musik auch über weite Strecken als Man-ähnlich bezeichnen. Auch die Waliser Jam-Band hatte diese manchmal fast schon zauberhaft und melancholisch wirkenden langen Instrumental-Passagen, die immer kurz vor dem völligen Bekifftsein wieder die Kurve kriegten.
1976 verliess Roye Albrighton die Band. Das Album "Magic Is A Child" wurde mit dem Gitarristen und Sänger Dave Nelson aufgenommen, fand jedoch nicht die Beachtung, die frühere Werke von Nektar erhalten hatten. Es war letztlich die einzige LP in dieser Besetzung. 1980 fanden sich Albrighton und Freeman noch einmal zusammen, um mit Carmine Rojas am Bass und David Prater am Schlagzeug das Album "Man In The Moon" zu produzieren. Danach war es lange still um Nektar. 2001 wurde die Gruppe von den früheren Gründungsmitgliedern Albrighton und Freeman zusammen mit Ray Hardwick (Schlagzeug) wiederbelebt und konnte überraschenderweise an die alten Erfolge anknüpfen. 2002 tourte die Band in der Originalbesetzung zunächst in den USA, es folgten Konzerte in Grossbritannien und Deutschland. Der Bassist Moore sah sich dem Tournee-Stress jedoch nicht mehr gewachsen, sodass er sich bald darauf zurückzog. Er wurde ersetzt durch Randy Dembo, der auch auf der "Evolution"-CD mitspielte. Seit September 2004 war Tom Hughes an den Keyboards, insbesondere an der Hammond-Orgel, zu finden. 2006 wurde Nektar wieder neu besetzt und spielte das Werk "Book Of Days" ein. Randy Dembo (Bass) wurde durch Desha Dunnahoe und Tom Hughes (Keyboards) durch Steve Mattern ersetzt. Dazu kam Steve Adams als zweiter Gitarrist. Die drei neuen Mitglieder spielten auch in der Band von Steve Adams. Im September 2007 fand eine grössere Tournee durch Deutschland und angrenzende Länder statt. Neu dabei waren Klaus Henatsch, der unter anderem bei den legendären deutschen Jane und der Jutta Weinhold Band gespielt hatte, an den Keyboards und Peter Pichl (von Running Wild und Yargos am Bass. Im Juli 2010 spielten Nektar auf dem inzwischen legendären Burg Herzberg Festival und in der Balver Höhle im Sauerland in der Nähe von Hagen.
Aufgrund der Besonderheit, dass das Album "Remember The Future" zum Zeitpunkt seines Erscheinens sowohl in Stereo, als auch in einer in jenen Tagen besonders angesagten quadrophonischen Variante auf den Markt kam, ist bei einem Kauf einer neueren Version Vorsicht geboten. Sowohl als Original-Vinyl, als auch bei einer CD-Variante sollte man darauf achten, möglichst auf das ursprüngliche Stereo-Mixing zurückzugreifen. "Remember The Future" wurde im Laufe der Zeit mehrmals wiederveröffentlicht und es gibt inzwischen einige Varianten, die nicht empfohlen werden können. Am umfangreichsten und klanglich am besten restauriert und in der originalen Stereo-Version verblieben, ist die 3 CD's umfassende Version von 2014, die beim britischen Label Cleopatra Records erschienen ist. Hier erhält der Interessierte neben dem originalen und klanglich hervorragend restaurierten Album eine zweite CD mit interessantem Bonusmaterial, sowie eine dritte CD mit Aufnahmen, welche die Gruppe Nektar im Jahre 1974 in den Chipping Norton Studios eingespielt hatte. Einige andere Wiederveröffentlichungen griffen entweder auf eine Quarophonic Version zurück, was in einer neuerlichen Version zu Verzerrungen und einem veränderten Klangbild führte, oder sie waren nicht von den originalen Mastertapes gezogen worden. Ebenfalls sehr empfehlenswert sind die audiophilen Remasters aus Japan, und zwar sowohl in der Mini LP CD-, aber auch der SACD-Version.
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