May 2, 2017


DEREK AND THE DOMINOS - Layla And Other Assorted Love Songs
(Polydor Records 2625 005, 1970)

Derek And The Dominos war eine britische Rockband, die 1970 von Eric Clapton gegründet wurde. Bandmitglieder waren neben Clapton auch Bobby Whitlock, Carl Radle und Jim Gordon. Die Band erwuchs aus Clapton's Frustration durch den Hype, der um die Supergroups Cream und Blind Faith entstanden war. Nach deren Auflösung trat er Delaney & Bonnie And Friends bei, die er kennengelernt hatte, als diese als Vorgruppe für Blind Faith auf einer Tour durch England spielten. Nachdem diese Band sich ebenfalls auflöste, tat sich Bobby Whitlock, ein ehemaliges Mitglied von Delaney & Bonnie And Friends, mit Clapton zusammen. Die beiden verbrachten einige Monate damit, Songs zu schreiben, nur um etwas zum Spielen zu haben, wie Whitlock es ausdrückte. Diese Titel machten später den Grossteil des Materials auf "Layla And Other Assorted Love Songs" aus. Nach einer Tournee zusammen mit Joe Cocker stiessen noch weitere frühere Mitglieder von Delaney & Bonnie zu Clapton's neuer Gruppe. Er versuchte, das Rampenlicht in einer Gruppe namens Derek And The Dominos zu meiden, und setzte eine Tour durch kleinere englische Clubs an. Berichten zufolge entstand der Name der Band durch einen Versprecher des Ansagers bei ihrem ersten Auftritt, der den provisorischen Namen der Band - "Eric & The Dynamos" - fälschlicherweise "Derek & The Dominos" aussprach. Tatsächlich wählte Clapton den Namen Derek And The Dominos, weil er seinen Namen und seine Bekanntheit nicht mit der Aufrechterhaltung des Bandhintergrunds vereinbaren konnte. Nach dieser Tournee führte sie der Weg in die Criteria Studios in Miami, um ein Album aufzunehmen.

Dieses Werk, das im Dezember 1970 unter dem Titel "Layla And Other Assorted Love Songs" veröffentlicht wurde, spaltet bis heute die Meinungen der Hörer, insbesondere aber der Fans des Gitarristen Eric Clapton: Die einen sehen in dem Werk das Beste, was Clapton jemals veröffentlicht hat, andere Kritiker behaupten, es handle sich bei der Platte lediglich um eine Art Selbstzerfleischung, ein Spielen um jeden Preis, um den Schmerz einer unerwiderten Liebe zu dämpfen. Diese Quelle der Inspiration für das "Layla"-Album war Clapton's Privatleben: er hatte sich in Pattie Boyd, die Frau seines Freundes George Harrison, verliebt. Dave Marsh schrieb im Buch 'The Rolling Stone Illustrated History of Rock and Roll', dass es nur wenige Momente in der Geschichte der aufgezeichneten Rockmusik gab, in denen ein Sänger oder Schreiber so tief in sich selbst hineinschaute, dass der Effekt beim Hören dem Beobachten eines Mordes oder Selbstmordes nahekommt. In seinen Augen sei "Layla" der grossartigste von diesen Momenten. Clapton hatte die Arbeit von Duane Allman, die er durch Aufnahmen von Aretha Franklin und anderen kannte, schon lange bewundert und ihn schon lange treffen wollen. Allman verehrte seinerseits, wie viele andere Musiker zu dieser Zeit, Eric Clapton und dessen Gitarrenkünste. Tom Dowd, welcher der Produzent von beiden war, ermöglichte schliesslich das folgenreiche Zusammentreffen.

Als Eric Clapton von Tom Dowd hörte, dass die Allman Brothers Band vorhatten, in Miami zu spielen, bestand er darauf, ihren Auftritt zu sehen. Nach dem Auftritt gingen Clapton und Allman zusammen ins Studio, wo über Nacht ein starkes Band zwischen ihnen entstand; Dowd berichtete, dass die beiden Gitarrenläufe austauschten, ihre Gitarren tauschten und fachsimpelten - uneingeschränkt, nur Bewunderung für die Technik und Leichtigkeit des jeweils anderen. Allman fragte, ob er im Studio vorbeikommen könnte, um ein paar der Aufnahmesessions beizuwohnen, aber Clapton lehnte ab: "Bring deine Gitarre mit, Du musst spielen!" Obwohl das ursprüngliche Konzept vorsah, dass Duane Allman lediglich auf einem oder zwei Stücken mitspielen sollte, wie Allman sagte, trug er am Ende zu fast allen Titeln auf "Layla And Other Assorted Love Songs" bei, sogar zu denen, an denen bereits gearbeitet worden war. "Er brachte das Beste von uns allen zum Vorschein", sagte Bobby Whitlock. 1971 kam der Slidegitarrist Duane Allman bei einem Motorradunfall ums Leben. Wenige Wochen später löste Claptondie Gruppe Derek And The Dominos, die gerade mit der Arbeit an ihrem zweiten Album angefangen hatten, auf und stürzte in eine schwere Heroinsucht, die ihn drei Jahre lang gefangen hielt und nicht selten 1000 Dollar pro Woche verschlang. Erst 1974, mit Ausnahme des Bangladesh Concerts und des Rainbow Concerts, wurde Clapton wieder musikalisch aktiv.

Das aus meiner Sicht grossartige Werk "Layla And Other Assorted Love Songs" wurde im Dezember 1970 veröffentlicht, die Rezeption durch die Kritiker war zu dieser Zeit durchwachsen, ebenso wie die Verkaufszahlen. Das Album erzielte zwar den respektablen Platz 16 in den Billboard 200 Charts und gilt als einer der Höhepunkte in der Karriere von Eric Clapton. 2003 belegte "Layla And Other Assorted Love Songs" gar Platz 89 auf der Liste der grössten Alben aller Zeiten des Fernsehsenders VH1. Im selben Jahr erreichte das Album dann auch den Platz 117 in der Liste der 500 besten Alben aller Zeiten der Zeitschrift Rolling Stone. Also insgesamt betrachtet wurde Clapton's Werk erst im nachhinein gewürdigt, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass die Platte einerseits zeitlos gute Jams und Songs bereithielt, aber sicherlich auch, weil Duane Allman kurz nach den Aufnahmen starb und zu einer der grossen Rocklegenden wurde, und Eric Clapton gleichzeitig in der Popmusik seine kommerziell erfolgreiche Zeit fand, allerdings zum Preis der weitgehenden Aufgabe des Blues, was ihm nicht immer behagte und ihn später auch wieder zurück zu seinen Wurzeln führte.

Die meisten Songs auf dem Doppelalbum waren aus Clapton's and Whitlock's Kooperation entstanden, aber eine Reihe von Klassikern war ebenso enthalten, einschliesslich der Bluesstandards "Nobody Knows You When You're Down and Out", "It's Too Late", "Have You Ever Loved A Woman" (ein Song von Billy Myles, der ursprünglich von Freddie King aufgenommen worden war) und "Key To The Highway". Letzterer kam nur durch puren Zufall auf das Album: die Band hörte Sam Samudio (ehemals Sam The Sham & The Pharoahs) in einem anderen Raum des Tonstudios, als er diesen Song gerade für sein Album "Hard And Heavy" aufnahm. Clapton und seine Mitmusiker mochten den Song und begannen spontan ihn zu spielen. Tom Dowd wies die Tontechniker an, das Aufnahmegerät zu starten, was auch der Grund dafür ist, dass der Song schliesslich auf dem Album eingeblendet wird - der Anfang des Stücks fehlte.

Der Titel "Tell The Truth" war ursprünglich im Juni 1970 als ein schneller up-beat Song aufgenommen und kurz darauf als Single veröffentlicht worden. Während der Sessions für "Layla And Other Assorted Love Songs" wurde "Tell The Truth" aber erneut aufgenommen, als ein langer und langsamer instrumentaler Improvisationstitel. Die endgültige Version des Songs, die auch auf dem Album erschien, war letztlich eine Mischung dieser beiden Aufnahmen: die ungestüme Geschwindigkeit der Singleversion wurde auf die gemütliche Geschwindigkeit der Instrumental-Version verlangsamt. Die zwei früheren Versionen wurden auf "The History of Eric Clapton" (1972) veröffentlicht. Ausserdem war Jimi Hendrix' Song "Little Wing" auf dem Album enthalten. Eric Clapton entschied sich erst dazu, das Lied auf der LP zu veröffentlichen, als er von Hendrix' Tod erfuhr - als eine "Verbeugung vor Hendrix". Die lange Klavier-Koda, die den zweiten Teil des Titelsongs "Layla" darstellt, wurde unabhängig von Jim Gordon geschrieben, der erst überzeugt werden musste, bevor er die Erlaubnis gab, sein Stück zu verwenden. "Layla" ist bis heute einer der am häufigsten gespielten Rocksongs der 70er Jahre, und dies, obwohl das Stück und auch die Doppel-LP damals nicht durchstarteten.

Es gibt aber eine ganze Reihe weiterer äusserst hörenswerter Titel auf diesem Album, die in punkto Abwechslung und Feeling weit über das hinausgehen, was man von Clapton bislang gehört hatte. Entscheidenden Anteil etwa am Southern- und Country-Flair von gewissen Songs hatten sowohl Bobby Whitlock und auch Duane Allman. Dass manche Songs aus meiner Sicht so lebendig wirken, und dies bis zum heutigen Tag, liegt wahrscheinlich daran, dass etliche Songs aus lockeren Jams heraus entstanden waren, und nicht von Anfang an als feste Kompositionen, so wie man sie schliesslcih auf dem Album hören konnte, geplant waren. Alle Songs haben sich irgendwie dieses kleine, spontane Element beibehalten können. Schöne Beispiele hierfür sind etwa der "Bell Bottom Blues", ein wunderschöner Bluessong, der vor allem durch Duane Allman's phantastisches Slidespiel und das mehrstimmige Gesangsarrangement brilliert. "Keep On Growing" wiederum ist ein Paradebeispiel für einen Rock-Jam. Hier agieren die Musiker so selbstverloren wie homogen - sie suchen und finden einander innerhalb des Jammens praktisch blind, ziehen sich nicht zurück, wenn der nächste Soloeinwurf folgt, sondern verschmelzen buchstäblich miteinander, auch im Solieren, was immer dann herrlich anzuhören ist, wenn sich Duane Allman und Eric Clapton gemeinsam in einen regelrechten Spielrausch hineinsteigern.

Kontrapunkte auf dem Werk sind zum Beispiel der Opener "I Looked Away", die Countryrock-Nummer, die noch stark den Geist von Delaney & Bonnie in sich trägt, oder die akustische Nummer "I Am Yours", schon immer einer meiner ganz persönlichen Favoriten auf dieser Platte: Mit einer akustischen Gitarre, einigen wohlplatzierten Slidesprenkeln und einer warmen und weichen Hammond Orgel verströmt das Stück eine wunderbar sehnsuchtsvolle Atmosphäre: Näher am Schmerz über eine unerwiderte Liebe war Clapton auf diesem Werk ausser beim Titelstück "Layla" an keiner anderen Stelle. "It's Too Late" schliesslich war eine fast schunkeli gespielte Bluesnummer, die viel Soulfeeling in sich hat. Da war wohl Duane Allman massgeblich für die Gesamtatmosphäre des Stücks verantwortlich. Und dann dieses Bluesbrett "Have You Ever Loved A Woman": Unabhängig davon, dass sich Duane Allman und Eric Clapton hier beim Solieren vermeintlich um Kopf und Kragen spielen, erachte ich diesen Song als den besten Blues, den Clapton je gespielt hat. Nicht nur aufgrund seiner Soloarbeit, sondern auch, weil dieser Blues so einzigartig wild und ungezügelt wirkt, und das bis heute, fast 50 Jahre nach seiner Einspielung. Der letzte Titel auf dem Album ist ein Lied von Bobby Whitlock mit dem Titel "Thorn Tree In The Garden", bei dem Whitlock sogar selbst gesungen hatte und sich auf einer akustischen Gitarre begleitete. Es war der Moment, bei dem sich der Zuhörer fassungslos und glücklich zugleich über das eben Gehörte imaginär unter einen Baum setzen konnte und alles nochmal Revue passieren konnte.







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