May 18, 2017


THE KANE GANG - Miracle (Kitchenware Records KWLP 7, 1987)

The Kane Gang wirkten auf den ersten Blick wie ein typisches Pop-Trio der 80er Jahre. Das wird der tollen, stark vom Northern Soul inspirierten Band jedoch nicht gerecht. Die Gruppe stammte aus dem Nordwesten Englands und durfte einige Hits in den USA und in England feiern. Hierzulande war das Trio jedoch kaum bekannt, bestenfalls mit einem Song, der von ihrem ersten Album "The Bad And Lowdown World Of The Kane Gang" stammte: "Respect Yourself", das vorwiegend auf den Tanzflächen der Clubs zumeist in verschiedenen 12"-Extended Versions und Re-Mixes gespielt wurde. Das Trio benannte sich nach dem Filmklassiker "Citizen Kane" mit Orson Welles und nahm für das britische Plattenlabel Kitchenware Records, auf welchem auch die erfolgreiche Band Prefab Sprout einige Platten veröffentlichte, zwei LPs und mehrere Singles auf. Das Trio bestand aus den beiden Sängern Martin Brammer und Paul Woods, plus dem Multi-Instrumentalisten Dave Brewis. Gegründet wurde die Band im Jahre 1982, nachdem sich die drei Musiker aus diversen lokalen Bands trafen, um fortan gemeinsam Musik zu machen. Sie konnten auch bald einen Plattenvertrag unterzeichnen, der sie anschliessend zum renommierten Plattenlabel London Records (einem Decca Pendant) brachte.

Ihr Debutalbum "The Bad And Lowdown World Of The Kane Gang", das in den USA nur unter dem kurzen Titel "Lowdown" erschien, kam 1985 heraus und überraschte die Kritiker und auch die Musikhörer mit einer sehr ansprechenden Mixtur aus Northern Soul, Rhythm'n'Blues britischer Ausprägung, wusste aber auch mit einigen sehr modern arrangierten und tanzbaren Pop-Nummern, die da und dort gar an Steely Dan erinnerten, zu gefallen. Das Werk warf zwei Single-Hits in England ab, nämlich das erstveröffentlichte "Closest Thing To Heaven", eine recht soulig arrangierte Popballade, die es bis auf Rang 12 in den britischen Charts schaffte, sowie eine Coverversion des alten Soulhits "Respect Yourself" der Staples Singers. Diese zweite Single entpuppte sich in verschiedenen Stretching Versionen als Dauerbrenner auf den weltweiten Dancefloors und kam auch in Australien in die Hitparade (Platz 19). Das erste Album wurde von Keyboarder Pete Wingfield produziert, der gleichzeitig auch einige Keyboard-Passagen zu dem Werk beisteuerte. Ausserdem spielten als Gastmusiker P.P. Arnold und Sam Brown als Backgrondsängerinnen mit.

Das nach einer Pause von zwei Jahren 1987 veröffentlichte zweite Album "Miracle" klang insgesamt wesentlich gereifter als der Erstling und klang auch deutlich amerikanischer. Hier erreichte die Band einen Flow in ihrer Musik, der wesentlich näher am souligen Pop der Band Steely Dan war, obwohl sich diese stilistischen Tendenzen schon auf ihrem Debutalbum ausmachen liessen. Am ehesten konnte man diese Musik mit jener der Band China Crisis vergleichen, die auf deren Album "Flaunt The Imperfection" mehr nach Steely Dan klangen als die Herren Becker und Fagen selber. Auch "Miracle" zeigte durchgehend diesen lockeren und sehr eleganten Steely Dan-Sound, der nahezu perfekt als ein einziger, das ganze Album durchziehender Ohrwurm, wahrgenommen wurde. Auf der Strecke blieb dafür die stilistische Vielfalt, die noch auf dem Debutalbum wesentlich hörbarer vonstatten ging. Das Debutalbum hatte dafür nicht im geringsten diesen wunderschönen durchgängigen Flow. Auch auf "Motortown" fanden sich zwei Songs, welche als Singles ausgekoppelt wurden und auch diese beiden Stücke wurden zu veritablen Hits in den Charts. Das Titelstück "Motortown" erreichte in England Platz 45, in den USA Platz 36. Erfolgreicher war dann das zweite, aus dem Album ausgekoppelte Single-Stück "Don't Look Any Further", ein Re-Make des Hits von Dennis Edwards, mit welchem die Kane Gang die Spitzenposition in den amerikanischen Dance Charts erreichte.

Auch die weiteren Stpcke auf diesem zweiten Album waren wunderbar. "What Time Is It" beispielsweise klang, als wäre hier eine typische Westcoast-Poprock Band am Werk gewesen. Ebenso "King Street Rain" und "Looking For Gold": Beides Titel, die den puren Sonnenschein einzufangen verstanden und gute Laune verbreiteten. Das Titelstück "Motortown" klang indes wie ein nicht veröffentlichter Song aus Donald Fagen's Album "The Nightfly" von 1982. Herauszuheben ist unbedingt die klare, transparente und druckvolle Produktion von Pete Wingfield, der auch für das zweite Werk der Kane Gang verantwortlich zeichnete. Es gab auch Momente auf dem Album, insbesondere, wenn der Pop-Anteil etwas grösser wurde, in welchen das Trio an die Band Love And Money oder an den Sänger Danny Wilson erinnerte. Insgesamt waren The Kane Gang eine zwar typische und dennoch aussergewöhnlich gute und im Ohr bleibende Band der 80er Jahre, die qualitativ weitaus mehr zu bieten ahtte als so manch anderen Epigonen in jenen zumeist elektronischen und synthetischen Tagen. Die Musik der Kane Gang klang zwar modern und absolut zeittypisch , aber trotzdem auch sehr organisch, zeitlos und vor allem dank der hervorragenden Songs auch sehr mitsingbar, und das bis heute.

Die Kane Gang veröffentlichte kein weiteres Album mehr, war aber während der nächsten drei Jahre permanent auf Tour. Dann, 1991 entschloss sich der Sänger Paul Woods, die Band zu verlassen, um eine Solokarriere zu starten. Martin Brammer und Dave Brewis entschlossen sich dazu, als Duo noch ein weiteres Album einzuspielen, bevor sie der Kane Gang den endültigen Stecker zogen, weil dieses dritte Album nicht veröffentlicht wurde. Martin Brammer etablierte sich in den folgenden Jahren als Songschreiber für recht viele und unterschiedliche Musiker und Bands, komponierte unter anderem Songs für Tina Turner, Beverley Knight, die Lighthouse Family und James Morrison.


Dave Brewis betätigte sich nach der Kane Gang hauptsächlich als Produzent, beispielsweise der Band Prefab Sprout und der Lighthouse Family, aber auch der Folkrock-Band Martin Stephenson And The Daintees. Bei all seinen Produktionen spielte Brewis jeweils auch als Musiker mit und/oder begleitete die entsprechenden Acts auch als Livemusiker auf deren Konzertreisen.









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