May 13, 2017


THE NEW DYLANS - The American Way (Red House Records RHR CD 75, 1995)

Die New Dylans starteten im Jahre 1986 in Warren, Pennsylvania und nahmen noch im selben Jahr ihre erste EP auf. James Reilley und Reese Campbell präsentierten sich schon auf dieser ersten Veröffentlichung als hervorragende Musiker und Songschreiber und die EP kam denn auch dank der tatkräftigen Unterstützung von John Lombardo und Jerry Augustyniak der populären Popgruppe 10'000 Maniacs zustande. Die Band presste von dieser EP insgesamt nur 1000 Stück als Vinyl und sie verschickten die meisten Exemplare an Namen und Adressen, die sie auf einer Liste von wichtigen Business- und Presse-Kontakten der Band 10'000 Maniacs fanden. Das war einerseits natürlich sehr originell, aber ebenso hilfreich, denn einige wichtige Empfänger konnten sich dadurch einen ersten akustischen Eindruck der New Dylans machen, und das blieb schlussendlich nicht ohne Folgen. Der renommierte Musikkritiker und Journalist Robert Christgau von 'The Village Voice' beispielsweise hievte die EP auf den respektablen Platz 5 im Jahres-Ranking der besten EP's von 1987 in seinem in der Szene unumstrittenen und mit viel Prestige versehenen 'Village Voice Pazz and Pop Poll'. Dies wiederum machte weitere Musikverantwortliche auf die New Dylans aufmerksam.

Michael Stipe von R.E.M. nannte die New Dylans als eine seiner grössten neuen Musikhoffnungen des Jahres 1987 und die New Dylans konnten noch im selben Jahr bereits in Musikshows im Fernsehen und im Radio auftreten, unter anderem bei BBC Radio One und in den MTV Shows '120 Minutes' und 'The Cutting Edge'. Die New Dylans spielten ausserdem eine Handvoll Live Shows im Jahre 1987, bevor sie sich ganz überraschend zu Ende des Jahres hin trennten. 1992 kamen sie jedoch wieder zusammen, und James Reilley und Reese Campbell begannen damit, Demos von neuen Kompositionen einzuspielen, bevor sie dann im Jahr darauf beim Plattenlabel Red House Records in Minneapolis einen Vertrag über drei Veröffentlichungen unterzeichneten. Diese beiden Alben gerieten zu absoluten Kritikerlieblingen, die sich kaum verkaufen konnten. Das erste Werk erschien noch 1993 und trug den Titel "Warren Piece". Der typische Musikstil der New Dylans war ein oftmals recht forciert und sehr druckvoll gespielter Folkrock mit Betonung auf Rock - nicht mit verzerrten Gitarren, dafür mit einer kernig-knalligen Attitüde und oftmals glasklaren Gesängen und Instrumenten, die kaum mit Effekten ausgestattet wurden. Diese relativ trockene Abmischung machte einerseits den typischen Sound der Gruppe aus, könnte aber letztlich der Grund gewesen sein, warum das Publikum nicht zahlreicher war. 

Nach dem selben Strickmuster war auch das 1995 erschienene zweite Album "The American Way" gestrickt. Wieder erntete die Band hervorragende Kritiken in fast allen wichtigen US-amerikanischen Musikzeitschriften wie zum Beispiel in den Magazinen Rolling Stone, Spin, Stereo Review, Audio, Pulse, CMJ New Music Report, Goldmine, CD Review, Request, Sing Out, Dirty Linen und der Zeitschrift Leak. Ausserdem wurden viele ihrer Songs regelmässig im Radio gespielt, zumeist bei Stationen, die sich auf die Ausstrahlung von Americana-Sound spezialisiert hatten. "The American Way" präsentierte eine wundervolle Sammlung hervorragender Kompositionen, von denen etliche, obwohl sie nicht als Singles veröffentlicht wurden, im Radio ein grosses Airplay erreichten. Viele ihrer Platten wurden auf diesem Weg verkauft, weil Zuhörer anriefen und sich nach dem Bezug der Platten erkundigten, weil die Werke der New Dylans zumeist nicht in den weniger gut sortierten Plattengeschäften oder im Internet bestellt werden konnten. Doch durch das stetige Radio-Airplay und der kontinuierlich sich steigernden Nachfrage nach Konzerten und Platten ergaben sich für die New Dylans auch immer mehr Möglichkeiten, sich vor grossem Publikum zu beweisen. 

The New Dylans teilten sich in den folgenden Jahren die Bühnen mit Grössen wie The Band, mit Townes Van Zandt, der Poprock-Sängerin Shawn Colvin, dem legendären, schon bei Woodstock berühmt gewordenen Richie Havens. Sie spielten zusammen mit The Fleshtones, mit Syd Straw, The Silos, Steve Forbert und selbstverständlich auch immer wieder mit ihren persönlichen Mentoren der Anfangstage, den 10'000 Maniacs. Ihr Repertorie war voll von wunderbaren Songs mit Melodien, die sich als hartnäckige Ohrwürmer entpuppten und das Publikum stets gut unterhalten konnten. Nur der eine wichtige Hit, der gelang den New Dylans leider nicht, obwohl ihre Songs über genügend Zutaten hierfür verfügten. Nach einigen Jahren intensiven Tourens und dem Versuch, noch ein drittes Album einzuspielen, für das zwar schon Aufnahmen getätigt wurden, das aber letztlich leider doch nicht mehr erschien, trennten sich die New Dylans 1998.

James Reilley übersiedelte nach Nashville und unterzeichnete einen Songschreiber-Vertrag für die Musik-Vertriebsfirma Curb. Die Songs, welche er in den folgenden Jahren komponierte, wurden von vielen namhaften Künstlern veröffentlicht, so unter anderem von Tim O'Brien, Sam Bush, Hal Ketchum, Vince Gill und Jack Ingram. Reilley's Musik fand auch Verwendung in mehreren Kinofilmen. Im Jahre 2003 veröffentlichte er sein erstes Soloalbum seit dem Split der New Dylans mit dem Titel "The Return of Buddy Cruel". Das Werk wurde zu jenem Hit, den Reilley zuvor mit den New Dylans nicht feiern konnte: Es verblieb ganze drei Monate lang in den Top 20 der 'Americana Album Charts'. "The Return Of Buddy Cruel" wurde auch weltweit überall im Radio gespielt und in Holland erreichte das Album gar Platz 10 der Album Charts. Auch die amerikanische Presse schwärmte von dem Album und der Titel "Won't Let You Make Fool Of Me" wurde gar zu einem der besten Songs des Jahres 2003 gewählt. James Reilley nahm daraufhin ein zweites Album auf, diesmal mit sehr prominenter Unterstützung etwa von Ken Coomer (Wilco), Al Perkins (Gram Parsons), Audley Freed (The Black Crowes), Jen Gunderman (The Jayhawks) und Tom Petersson (Cheap Trick).

Auch Reese Campbell blieb nach dem Auseinanderfallen der New Dylans weiterhin sehr aktiv, gründete die Band The Billups, die auch unter dem Namen The Hopheads auftraten, mit den 10'000 Maniacs Musikern John Lombardo und Scott Miller. Im Jahre 2007 gründete Campbell eine weitere Combo mit dem Namen The American People, zusammen mit Dan Warmbrodt, John McGuire und Paul Liuzzo. Im Januar 2014 kam es dann endlich zu der von vielen Fans heiss ersehnten Reunion der New Dylans, bei denen jetzt neu Ken Coomer und Chris Autry spielten. Die Band begann mit den Arbeiten an einem neuen Album mit lauter neuen Stücken, es sollte das erste Werk seit 18 Jahren werden. Es erhielt schliesslich den Titel "Meta" und wurde in den USA am 7. April 2015, in Europa im Sommer 2015 veröffentlicht. Wieder erhielt das neue Werk etliche hervorragende Kritiken, und trotzdem fiel für die New Dylans bis heute der richtig grosse Hit nicht ab.

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