Beatnik's Music Corner

MEDICINE HEAD - One & One Is One (Polydor Records 2310 248, 1973)

Medicine Head starteten von Anfang an als ein Duo, das sich schon in frühester Jugend kennenlernte. Beide Musiker besuchten die Wednesfield Grammar School in Wolverhampton, danach die Stafford Art School. Sogar diese Kunstschule brachen beide Musiker ab, um gemeinsam Konzerte bestreiten zu können. Dieses Duo waren John Fiddler, geboren am 25. September 1947 in Darlaston, Staffordshire, der sich als Sänger, Gitarrist, Pianist und Schlagzeuger betätigte, sowie Peter Hope-Evans, geboren nur drei Tage später als john Fiddler, nämlich am 28. September 1947 in Brecon Powys, Wales. Er spielte Mundharmonika, Jew's Harp und die  Maultrommel. Ab Frühjahr 1968 starteten die beiden Musiker mit Auftritten in lokalen Pubs und Clubs in und um Birmingham, spielten eine recht rudimentäre Mixtur aus Blues und Rock'n'Roll Songs, die aufgrund der Duo-Besetzung öfters auch mal in die Folkecke gedrängt wurde, was allerdings tatsächlich öfters die Dominante in ihrer Musik ausmachte. Eigentlich kamen sie dem Jug Band Sound relativ nahe, den beispielsweise auch Mungo Jerry zu Beginn gemacht hatten. Medicine Head waren allerdings noch mehr von der psychedelischen Folkpop-Musik in England inspiriert als Ray Dorset dies mit seinen Mungo Jerry war. Bei einem ihrer Auftritte im Lafayette Club wurden sie von dem bekannten Radio-DJ John Peel gesehen. Dieser nahm ein Tape der beiden mit und schickte Kopien davon an John Lennon, Eric Clapton und Pete Townshend. Es war John Lennon, der John Peel empfahl, diese Musik zu veröffentlichen, was dieser dann auch tat. Er holte die beiden zu ihrer ersten Aufnahme für Peel's Plattenlabel Dandelion Records. Das Demo des Songs "His Guiding Hand" wurde als Single veröffentlicht. John Peel sagte damals zu dieser Aufnahme: "It was the cheapest single ever made and one of the classic records of all time".

Ihr erstes Album "New Bottles, Old Medicine" wurde in einer einzigen, zweistündigen Aufnahmesession quasi live eingespielt, mit nur wenigen Overdubs. Dieses erste Album im Schlepptau, konzertierten Medicine Head in der Folge zumeist im Schlepptau von Auftritten des DJ's John Peel. Für das zweite Album "Heavy On The Drum" rekrutierte John Peel den ehemaligen Yardbirds-Gitarristen Keith Relf, der dieses zweite Werk des Duos produzierte. die Single "(And The) Pictures in the Sky" schaffte es 1971 immerhin bis auf Platz 22 in den englischen Singles Charts. Interessant war die Tatsache, dass dieses Stück nicht auf der LP vorhanden war, und es war auch der erste Hit, der John Peel für sein Plattenlabel Dandelion Records verbuchen konnte. In der nachfolgenden Zeit des intensiven Tourens variierte das Live Line-Up der Gruppe mehrfach. Mitspielende Musiker an ihren Auftritten waren wahlweise Clive Edwards, Keith Relf, Tony Ashton, Roger Saunders, George Ford, John Davies, Rob Townsend und Morgan Fisher - alles durchaus bekannte und populäre Musiker in jenen Tagen. Ende 1971 trennte sich Peter Hope-Evans von John Fiddler, und dieser nahm zusammen mit dem Gitarristen Keith Relf und dem Schlagzeuger John Davies das dritte und gleichzeitig letzte Album für John Peel's Dandelion Label auf. Die Platte erhielt den Titel "Dark Side Of The Moon" und erschien knapp ein Jahr, bevor die Band Pink Floyd ihren Meilenstein selben Namens veröffentlichten. Gemäss Musikhistoriker Nicholas Schaffner änderten daraufhin Pink Floyd ihr Vorhaben und wollten ihr nächstes Werk "Eclipse" benennen. Aufgrund der schlechten Verkäufe des Medicine Head Albums "Dark Side Of The Moon" und des damit verbundenen eher wenig beachteten Titels änderten Pink Floyd schliesslich ihre Meinung wieder und benannten ihr Werk 1973 dann doch "The Dark Side Of The Moon".

In der Folge unterschrieben Medicine Head einen Plattenvertrag bei Polydor Records, worauf auch Peter Hope-Evans zurück in die Band kam. Dieser neue Plattenvertrag und die für eine erste Platte komponierten neuen Songs waren der Start zur erfolgreichsten Phase der Band Medicine Head. Schon die erste Single "One & One Is One" wurde zum grossen Hit. Die 45er erreichte Platz 3 in den englischen Charts und war auch in Deutschland und der Schweiz in den obersten Rängen der Hitlisten zu finden. Das Stück wurde zum Dauerbrenner in den Radiostationen und gilt noch heute als ihr bekanntester Song überhaupt. Allerdings fanden sich auf dem nach der ersten Single benannten Album etliche sehr gute Songs, vor allem waren die Titel samt und sonders viel eingängiger als die früheren Titel. Eine ebenfalls aus dem Album ausgekoppelte zweite Single mit dem Titel "Rising Sun" wurde ebenso zum Hit, erreichtei n England Platz 11 und wurde auch im gesamten Rest Europas erfolgreich verkauft und in den Radiostationen rauf und runter gespielt. Diese zwei Songs waren aber nicht einmal die besten Songs auf dem Album "One & One Is One", das wahrscheinlich dem Umstand zum Opfer fiel, dass die Band nicht wirklich als LP-Gruppe wahrgenommen wurde, sondern fortan als Hit-Band, und als solche konnten die beiden Hauptakteure vor allem Singles verkaufen. Das Album bietet daher etliche Perlen, die vielleicht noch entdeckt werden können, weil sie damals neben den beiden grossen Hits nahezu unbeachtet geblieben waren. Beispielsweise das Stück "Out On The Street", das als B-Seite der Erfolgssingle "One & One Is One" ausgewählt wurde. Oder die Titel "All The Fallen Teenangels", "How Does It Feel" und das brilliante und leise "Instant Karma Kid".

Das Album "One & One Is One" wurde damals von Tony Ashton produziert, der auf dem Werk auch mitspielte. Daneben wirkten viele Studiomusiker mit, von denen einige durchaus grosse Namen trugen. Beispielsweise der Bassist Pat Donaldson, der in jenen Tagen mit Ian Matthews und auch mit der Band Fotheringay von Fairport Convention-Sängerin Sandy Denny unterwegs war. Oder der Gitarrist Brian Parish vom Duo Parish & Gurvitz, der spätere Gitarrist von Badger, der Graeme Edge Band und Mott (The Hoople). Schliesslich spielte auch der Schlagzeuger Roy Dyke mit (Ashton, Gardner & Dyke), was naheliegend war, da der Produzent Tony Ashton mit ihm zusammen musizierte. Ashton selbst steuerte auf dem Album die Keyboards bei: Orgel, Klavier und Mellotron. Gäste waren zusätzlich der Schlagzeuger Clive Thacker (Ian Carr, Brian Auger) und der Gitarrist Jack Liber (Third World War). Für ihr nachfolgendes Album mit dem Titel "Thru' A Five", traten Medicine Head wieder als kompakte Band in Erscheinung mit einem festen Line-Up, bestehend aus Fiddler und Hope-Evans, plus dem Schlagzeuger Rob Townsend, der zuvor bei Roger Chapman's Family gespielt hatte, dem Gitarristen Roger Saunders und dem Bassisten Georde Ford. Das Album präsentierte mit dem Song "Slip and Slide" eine Covernummer von Slim Harpo, die sich zum nächsten kleineren Hit der Band entwickelte, der immerhin Platz 22 in den englischen Charts schaffte. Es war letztlich dem intensiven Touren, oftmals lediglich im Vorprogramm wesentlich berühmterer Bands und Musiker geschuldet, dass sich die entsprechende LP der Band nicht wirklich gut verkaufte. Zum Zeitpunkt ihres nächsten und zugleich letzten Albums mit dem Titel "Two Man Band" waren Medicine Head wieder zum Duo geschrumpft, das mit Pete Townsend (The Who) einen weltberühmten Produzenten erhielt, ausserdem waren wieder Tony Ashton und Morgan Fisher als populäre Gastmusiker mit von der Partie bei den Aufnahmen. Das auf Chas Chandler's Plattenlabel Barn Records veröffentlichte Album verkaufte sich so gut wie gar nicht mehr, ebenso wie die zwei finalen Singles "It's Natural" und "Me And Suzie Hit The Floor", die beide noch 1976 nachgereicht wurden, worauf sich die Gruppe im darauffolgenden Jahr auflöste.

John Fiddler stieg später bei der Band British Lions als Leadsänger ein, Peter Hope-Evans trat ab und zu als Studiomusiker in Erscheinung, etwa bei den Alben von Pete Townsend, Linda Lewis und Roger Chapman, Kevin Coyne, Ronnie Lane und Tears For Fears nebst einigen anderen. In den 80er Jahren konnte man John Fiddler bei der Yardbirds-Rumpfgruppe Box Of Frogs hören, später bei Freeway und Western Front, wo er immerhin mit so bekannten Musikern wie ehemaligen Thin Lizzy- und Mott The Hoople-Musikern zusammenarbeitete. Ab 1991 hat Fiddler dann die Gruppe Medicine Head reaktiviert, aber keine grossen Wellen mehr geschlagen. 2005 veröffentlichte das englische Plattenlabel Angel Air Records das Album "Don't Stop The Dance". Dabei handelte es sich nicht um ein neues Werk, sondern um ein sogenanntes 'Lost Album', das einige damals erfolglose Singles samt deren B-Seiten präsentierte, welche Medicine Head für das nur kurz existierende WWA Label (Snafu, Jackie Lynton) aufgenommen hatten. Angereichert wurde diese Veröffentlichung mit bislang nicht zugänglichen Studiosessions, ebenfalls aus den 70er Jahren. Im Mai 2009 veröffentlichte das Plattenlabel Cherry Red Records die Zusammenstellung "One And One Is One - The Very Best Of Medicine Head", welche jedoch nicht alle Songs des originalen Albums "One & One Is One" kompilierte, sondern einer Art "Greatest Hits" Album lediglich den Namen ihres grössten Hits gab. Das originale Werk wurde bis heute nicht wiederveröffentlicht. Es ist als originales Gimmick-Cover, das mehrfach ausklappbar war, heute sehr gesucht und erzielt in Sammlerkreisen durchaus Preise von bis zu 100 Euro in tadellosem Zustand.