Sep 2, 2017


QUICKSILVER MESSENGER SERVICE - Happy Trails (Capitol Records ST-120, 1969)

Die Originalbesetzung der US-amerikanischen Psychedelik Rockband Quicksilver Messenger Service, die sich später nur noch Quicksilver nannte, bestand aus John Cipollina (Gitarre, Gesang), Gary Duncan (Gitarre, Gesang), David Freiberg (Bass), Greg Elmore (Schlagzeug) und Jim Murray (Gesang und Mundharmonika), der die Gruppe jedoch noch vor den Aufnahmen zum ersten Album 1968 verliess. Die Gruppe wurde ursprünglich von John Cipollina als Begleitband für den Folksänger Dino Valenti (bürgerlich Chester William Powers Jr., kurz Chet Powers und auch unter anderen Künstlernamen wie Jesse Oris Farrow bekannt) gegründet. Dino Valenti musste jedoch kurz nach der Bandgründung wegen des Besitzes von Marihuana und anderer Drogen eine zweijährige Haftstrafe absitzen und kehrte erst Ende 1969 als Sänger und Songschreiber zur Gruppe zurück.

Quicksilver Messenger Service bestritten ihren ersten bezahlten Auftritt im Dezember 1965. In dieser Zeit fing die Band an, an der Westküste der USA zu touren und erspielte sich vor allem im Avalon Ballroom den Ruf eines herausragenden Live Acts. Sie spielten den für die damalige Musikszene San Franciscos typischen, erdigen und drogengeschwängerten Blues Rock, wie auch ihre Mitstreiter Jefferson Airplane, Big Brother And Te Holding Company oder The Grateful Dead. Besondere Erwähnung findet in dieser Zeit auch der von Cipollina und Freiberg angezettelte Streit mit Mitgliedern der Band The Grateful Dead, der von beiden Gruppen fanwirksam vermarktet wurde.

Quicksilver Messenger Service hatten sich lange eisern gegen einen Plattenvertrag gewehrt, erst als der Sänger Jim Murray ausstieg und man den Soundtrack zum Film 'Revolution' beisteuern konnte, unterschrieben Duncan, Cipollina, Elmore und Freiberg bei Capitol Racords einen mit 50000 Dollar dotierten Plattenvertrag. Unter der Führung der Produzenten Nick Gravenites und Harvey Brooks, die beide damals auch als Musiker b ei der Gruppe The Electric Flag spielten, sowie Pete Wilding bedurfte es gleich zweier Versuche, um den Sound von Quicksilver Messenger Service in die richtige Form zu giessen. Der erste Anlauf klang zu sehr nach dem typischen Sound der Gruppe The Electric Flag und wurde bis auf wenige Aufnahmen verworfen. Im zweiten Versuch liess man den Bandmitgliedern genügend Freiraum, um eigene Ideen zu entwickeln. Das Ergebnis in Form der ersten Langspielplatte "Quicksilver Messenger Service" konnte sich hören lassen.

"Pride Of Man" war eine Coverversion einer Hamilton Camp-Folknummer, deren Höhepunkte eindeutig Cipollinas kratzendes Gitarrensolo darstellte. "Light On Your Window" war eine von Freiberg und Duncan zusammen geschriebene Nummer mit einer leicht melancholischen Grundstimmung. Dino's Song hiess im Original "I Don't Want To Spoil Your Party, Babe" und wurde von Quicksilvers Mentor Dino Valenti eigentlich als Livenummer verfasst. Der Höhepunkt der ersten Seite des Debutalbums war das von den beiden Gitarren getragene Instrumental "Gold And Silver", das deutlich die beiden unterschiedlichen Temperamente der Gitarristen Duncan und Cipollina zeigte und aufgrund ihrer unterschiedlichen Spielweise einen bemerkenswerten Spannungsbogen aufbaute. Als Komponisten wurden zwar letztlich Gary Duncan und Steve Schuster genannt, aber die Grundmelodie für die Soli wurde von dem Jazz-Klassiker "Take Five" vom Dave Brubeck Quartett ausgeliehen. Manager Ron Polte steuerte zu Beginn der zweiten LP-Seite den Titel "It's Been Too Long" bei. Den Abschluss des Albums und den Höhepunkt von Seite 2 bildete die gut 12-minütige Nummer "The Fool", auf der jeder der Musiker sein Können und seine Vielseitigkeit unter Beweis stellen konnte. So spielte Freiberg nicht nur den Bass und schrieb den Text, er war in der Endsequenz des Stückes auch mit einem Cello zu hören.

Die zweite LP "Happy Trails", eines von zwei Alben, welche beide im Jahre 1969 erschienen (die dritte LP war dann "Shady Grove") stellte bereits den ultimativen Höhepunkt im Schaffen von Quicksilver Messenger Service dar. Mitgeschnitten im Fillmore West und Fillmore East wurde auf diesem Live-Album eindrucksvoll dokumentiert, dass die Musiker von Quicksilver Messenger Service keine Studiomusiker waren, sondern es sich um Livearbeiter handelte. Im Zentrum der Band standen zu dieser Zeit die ausufernden Improvisationen des Gitarristen John Cipollina. Die Klangfarbe seiner Gibson SG Gitarre erzielte der Gitarrist durch ein Vibrato-System der Firma Bigsby.


Im Anschluss an das Debütalbum von 1968 gab es allerdings zuerst einmal eine Tournee durch die USA, welche die Band unter anderem nach New York, Philadelphia und Kansas führte. Da Quicksilver Messenger Service immer improvisationsfreudig waren und ihre Stücke regelmässig zu längeren Jam-Sessions ausbauten, gab es Unzufriedenheiten mit den Beschränkungen einer weiteren Aufnahme in einem Tonstudio. Die Band entschied sich daher einige Auftritte im Fillmore East und Fillmore West für die kommende Veröffentlichung aufzuzeichnen. Aber bereits nach der zweiten Tour an der Ostküste und bevor das Album fertig gestellt werden konnte, verliess Gary Duncan die Gruppe, um mit dem aus dem Gefängnis entlassenen Dino Valenti eine eigene Formation zu gründen. Laut Freiberg spielte auch der Methadongebrauch Duncans eine Rolle, dass dieser sich nicht mehr in der Lage sah, weitere Konzerte mit Quicksilver Messenger Service zu bestreiten. Jedoch konnte er von der Band überredet werden, noch bei der Aufnahme der langen Jam "Calvary" am 19. November 1968 in den Golden State Recorders Studios in San Francisco mitzuwirken. "Happy Trails" wurde schliesslich im März 1969 veröffentlicht. Die durch Duncans Ausstieg zu einem Trio geschrumpfte und entzweite Band spielte 1969 so gut wie keine Konzerte, sondern war auf der Suche nach einem Ersatz, den sie später dann in Nicky Hopkins fand.

Die ersten sechs Stücke des Albums, welche die gesamte erste Schallplattenseite einnahmen, waren keine getrennten einzelnen Songs, sondern stellten einen über 20 Minuten dauernden Jam dar, der mit Bo Diddley's Hit "Who Do You Love" begann und auch wieder beendet wurde. Bei den dazwischen eingeflochtenen Titeln, die lediglich Titelvariationen des Hauptsongs trugen, nämlich "When You Love", "Where You Love", "How You Love" und "Which Do You Love", wurden die im jeweiligen Abschnitt als Solisten im Vordergrund stehenden Musiker als Autoren genannt. Beim Abschnitt "Where You Love" erstellte die gesamte Band eine gemeinsame Soundcollage, ohne dass ein einzelnes Gruppenmitglied dabei herausstach. Bei diesem Track wurde als Co-Autor die Fillmore Audience genannt, da in den ruhigeren Passagen das Publikum mit rhythmischem Klatschen und Zwischenrufen in die Improvisation mit einstieg.

George Hunter schlug sein Bild 'The Cowboy' als Cover während der Aufnahmen zu "Calvary" vor. Die Malerei zeigte einen galoppierenden Pony Express-Reiter, der mit seinem Stetson einer zurückbleibenden jungen Frau winkte. Die Band fühlte sich den Werten der frühen Siedler der USA verbunden, von denen sich nach Ansicht der Gruppe die damalige amerikanische Gesellschaft zu sehr entfernt hatte und wählte daher das Bild als Plattencover aus.


Nach der Veröffentlichung von "Happy Trails" verliess Gary Duncan vorübergehend die Band und wurde auf dem zweiten, im Jahre 1969 erschienenen dritten Album "Shady Grove" von Nicky Hopkins abgelöst, der auch auf Platten der Rolling Stones mitwirkte. Danach trat Duncan der Gruppe wieder bei, weil Freiberg ohne seinen Kumpel Gary keine Liveauftritte absolvieren wollte, und ihm folgte Dino Valenti, der seit der 1970er LP "Just For Love" Hauptsongwriter, Sänger und Bandchef wurde. Nach der Veröffentlichung des fünften Albums "What About Me" im Jahre 1970 verliess John Cipollina die Gruppe. Das Bandprojekt wurde in den Folgejahren von Dino Valenti, Gary Duncan und Greg Elmore am Leben gehalten und mehrere Platten in unterschiedlicher Qualität veröffentlicht. 1975 erschien die letzte LP unter dem Titel "Solid Silver", auf der auch Freiberg und Cipollina nochmals mitwirkten und ein paar gemeinsame Konzerte spielten. Die darauffolgende Tour wurde von Gary Duncan, Dino Valenti, Greg Elmore mit Skip Olson und W. Michael Lewis bestritten. Sie endete 1979 mit der endgültigen Auflösung der Band.

Es gab im Jahre 1986 eine Reunion unter dem Namen Quicksilver, bei der aber nur Duncan als Initiator und Freiberg als einzige Urmitglieder mit von der Partie waren. Seither veröffentlichte Gary Duncan in unregelmässigen Abständen einige Alben, die in seinem Studio in San Francisco entstanden und starke Blues- und Jazz-Einflüsse aufwiesen. Das zweite Album "Happy Trails" von Quicksilver Messenger Service gilt heute als einer der grossen Klassiker des typischen US-amerikanischen Psychedelic Rocks der 60er Jahre.





No comments:

Post a Comment