Sep 8, 2017


GREENSLADE - Bedside Manners Are Extra
(Warner Brothers Records K 46259, 1973)

Die nach seinem Nachnamen benannte Band Greenslade wurde im Jahre 1972 von dem Keyboarder Dave Greenslade gegründet. Er und der Bassist Tony Reeves hatten bereits vorher zusammen bei der Jazzrock-Band Colosseum gespielt. Der Keyboarder Dave Lawson stiess von der Band Samurai dazu und Andrew McCulloch war als Mitglied von King Crimson bekannt geworden. Er spielte Schlagzeug auf deren drittem Album "Lizard", welches im Jahre 1970 veröffentlicht wurde. Dave Greenslade wurde zunächst vor allem durch seine Mitgliedschaft in der Jazzrock-Band Colosseum bekannt, für die er die später legendär gewordene und albenseitenfüllende Suite "Valentyne Suite" komponierte. Nach dem frühen Ende der ersten Inkarnation der Band im Jahre 1971 arbeitete er als Sessionmusiker weiter, bevor er seine eigene Gruppe ins Leben rief.

Dave Greenslade wurde später vor allem wegen seines aufwändigen Doppelalbums "The Pentateuch Of The Cosmogony" aus dem Jahre 1978 bekannt, das er zusammen mit dem Fantasy-Künstler Patrick Woodroffe gestaltete. Woodroffe hatte 'The Pentateuch' als Buch bereits fertiggestellt und bat Dave Greenslade, für dessen Band Greenslade er einige Jahre zuvor ein Plattencover gestaltet hatte, eine passende Musik zu seinem Buch zu schreiben. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit, der wohl ambitionierteste Versuch eines Gesamtkunstwerks im Progressive Rock, erschien als aufwändiges Gatefold-Album mit einem 50-seitigen Buchteil, das eine Science Fiction-Schöpfungsgeschichte in einer eigens entwickelten piktographischen Schrift (mit Übersetzung ins Englische) und zahlreiche Illustrationen Woodroffes enthielt, während die Platte von Dave Greenslade ersponnene und alleine umgesetzte Musik der entsprechenden untergegangenen ausserirdischen Zivilisation bot. Das Album war mit einer Auflage von lediglich 50000 Exemplaren erschienen und geriet bald zum sehr geschätzten Sammlerstück. In den 90er Jahren wurde es im CD-Format wiederveröffentlicht, mit vollständigem, aber verkleinertem Buchteil.

Doch zurück zu Dave Greenslade's erster Band. In der ersten Besetzung spielte die Band drei Alben ein, "Greenslade" (1972), "Bedside Manners Are Extra" (1973) und "Spyglass Guest" (1974). Als Covergestalter konnte der populäre Fantasy-Künstler und Yes-Hofmaler Roger Dean gewonnen werden. Er entwarf die für Greenslade ikonisch gewordene vielarmige Figur. Allerdings wurde keines der Alben ein herausragender Erfolg. Tony Reeves verliess die Band im Jahre 1974 und schloss sich der Gruppe Curved Air an, er wurde während einer US-Tournee sowie auf dem vierten Album "Time And Tide", welches 1975 erschien, durch den Bassisten Martin Briley ersetzt, der auf "Time And Tide" auch einige Gitarrenpassagen beitrug. 1976 löste Dave Greenslade seine Band auf.

Bemerkenswert an der Gruppe war, dass sie zwar mit zwei Keyboardern, jedoch ohne festen Gitarristen agierte, im Falle des Albums "Bedside Manners Are Extra" sogar gänzlich ohne Gitarenklänge auskam. Dies tat der musikalischen Spannung jedoch keinen Abbruch. Der Titelsong "Bedside Manners Are Extra" begann äusserst verhalten und sanft mit einem leichten Bass und subtilen Klavierklängen, sowie mit Dave Lawson's dezentem Gesang, erfreulicherweise noch ohne seinen späteren Hang zum kreischen. Dann trat das Mellotron hinzu, nicht bombastisch wie so oft, sondern auch sehr sanft. Abrupt ging es dann in einen flotten Part mit jazzigem E-Piano über, gegen Ende setzte noch ein etwas burlesk wirkender Synthesizer ein. Das instrumentale "Pilgrim's Progress" geriet vielleicht schon zum frühen Highlight auf dieser Platte. Eingeleitet wurde das Stück vom atmosphärischen Mellotron, das hierbei fast Flöten-artig klang, dann setzte ein furioses Orgelspiel ein. Der Mittelteil wirkte eher getragen, hier stand das Mellotron wieder im Vordergrund. Schliesslich ging es wieder in einen furiosen Orgelteil über.

"Time to Dream" war insgesamt etwas einfacher gestrickt, eine Tendenz, die bei den Gesangsstücken von Greenslade häufiger zu beobachten war. Seinen Reiz gewann der Song durch das Greenslade-typische üppige Keyboard-Arsenal, das die Musik allerdings nie in Bombast ersticken liess. Das Stück "Drum Folk" war ein weiterer Favorit; wie der Titel schon andeutete, spielte das Schlagzeug hier eine dominierende Rolle. Es war das einzige Greenslade-Stück, bei dem der Schlagzeuger Andrew McCulloch als Mitkomponist genannt wurde. Über weite Strecken kam hier eine eher jazzige und leicht Canterbury-orientierte Seite der Band zum Tragen, besonders im furiosen E-Piano Wirbel. Den Mittelteil des Stücks bildete ein langes Schlagzeugsolo, gefolgt von einem schönen lyrischen Flöten-Mellotronsolo. Die anschliessend einsetzende Orgel verlieh diesem Teil des Stücks einen leichten Pink Floyd Einschlag. Beim nachfolgenden "Sunkissed You're Not" zeichnete Dave Lawson sowohl für den Songtext, als auch für die Musik verantwortlich, und das bedeutete auch hier ein etwas einfacher strukturiertes Stück. Aber das wunderschöne und trotzdem abwechslungsreiche Keyboardspiel machte den Song äusserst interessant. Mit "Chalkhill" folgte danach ein weiteres Instrumentalstück, diesmal in eher gemächlichem Tempo.

Auf Greenslades drittem Album "Spyglass Guest", das "Bedside Manners Are Extra" folgte, hatte der Gitarrist Dave 'Clem' Clempson, der zuvor bei Humble Pie und auch bei Colosseum mitgespielt hatte, einen Gastauftritt, er war auf zwei Songs des Albums zu hören. Alle Greenslade-Alben wiesen insgesamt eine charakteristische Balance zwischen Songs und Instrumentals, akustischen und elektrischen Parts, Progressive Folk und Rock auf, eingekleidet zumeist in weiche Sounds, die hauptsächlich aus Greenslade's Keyboards stammten. Dave Greenslade's Kompositionen und Soli waren dabei auch immer wieder durch leichte Jazzfärbungen geprägt. Nachdem er die Gruppe Greenslade aufgelöst hatte, veröffentlichte Dave Greenslade mit dem Album "Cactus Choir" quasi ein erstes Soloalbum, das inhaltlich ein Quasi-Konzeptalbum war, das die Kolonisation des Wild West Amerikas abbilden sollte. Das inhaltlich eher fragwürdige Konzept wich allerdings einer üppigen und durchaus hörenswerten Instrumentierung. Die Songs hatten zwar mit dem Progressive Rock der Alben, welche unter dem Namen Greenslade erschienen waren, nicht mehr viel gemein, doch spielten auf "Cactus Choir" eine ganze Reihe hochkarätiger Musiker mit, unter ihnen etwa der Schlagzeuger Simon Phillips, der Bassist John G. Perry (ehemals bei der Canterbury-Gruppe Caravan tätig) oder auch der Rare Bird Sänger Steve Gould und der Procol Harum Gitarrist Mick Grabham.

Im Jahre 2000 veröffentlichte die Plattenfirma Mystic Records das Live-Album "Live". Daraufhin beschloss Dave Greenslade, ein neues Greenslade-Studioalbum einzuspielen. Er versuchte, die Band wiederzuvereinigen und konnte von der Originalbesetzung zumindest den Bassist Tony Reeves für das Projekt gewinnen. Die beiden gingen mit dem Schlagzeuger Chris Cozens und dem Sänger und Keyboarder John Young (vorher bei Asia und Qango) ins Studio und nahmen das Album "Large Afternoon" auf. Es wurde von Chris Cozens produziert. Für die darauffolgende Tour wurde Cozens allerdings durch John Trotter ersetzt. Eine Live-Veröffentlichung namens "Greenslade 2001 - Live: The Full Edition" dokumentierte diese Konzerte. Die Band wurde bis heute nicht offiziell aufgelöst und spielt hin und wieder Konzerte. Im Frühjahr 2007 bestand sie aus Dave Greenslade, Tony Reeves und John Young.







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