BADGER - One Live Badger (Atlantic Records K 40473, 1973)
Nachdem Tony Kaye, der vormals erste Keyboarder der Progressive Rock Legende Yes die Gruppe Flash, die er zusammen mit Peter Banks, der zuvor ebenfalls ein Originalmitglied von Yes war, gegründet hatte, bereits nach relativ kurzer Zeit wieder verliess, lancierte er Anmfang des Jahres 1972 zusammen mit dem Bassisten David Foster, der bereits zusammen mit dem Yes-Sänger Jon Anderson bei The Warriors gearbeitet hatte, die Band Badger als seine eigene 'Progressive Supergroup'. Die Band wurde ergänzt durch den Schlagzeuger Roy Dyke, ein ehemaliges Mitglied der Gruppen Remo Four, Family und Ashton, Gardner & Dyke, mit denen er 1971 den Welthit "Resurrection Shuffle" aufnahm. Das vierte Mitglied wurde Brian Parrish, ehemals Medicine Head (wo er bereits mit Roy Dyke zusammentraf), Three Man Army und Paul Gurvitz.
Das Debütalbum der neu formierten Gruppe, betitelt "One Live Badger" aus dem Jahre 1973 enthielt, ähnlich wie bei den ersten Yes-Alben, lange instrumentale Stücke. Das Interessante und mithin auch Besondere an diesem Debutalbum war indes, dass es keine Studioaufnahmen präsentierte, sondern ein Live-Mitschnitt war. Das Album wurde co-produziert von Jon Anderson und Geoffrey Haslam und die Aufnahmen stammten von zwei Auftritten der Gruppe am 15. und 16. Dezember 1972, als sie für die Band Yes das Vorprogramm bestreiten konnte im legendären Londoner Rainbow Theatre. Die Verbindung zur Gruppe Yes zahlte sich in mancherlei Hinsicht für Badger aus: Nicht nur durfte die Gruppe Badger über das Live-Equipment der Band Yes spielen - ihre Performance konnte dadurch über eine hervorragende Technik auf Band aufgenommen werden - sondern es gab auch eine direkte Connection zum Künstler Roger Dean, welcher einige der Yes Plattencovers designed hatte. So bekam die erste Platte von Badger (übersetzt: Dachs) ein wunderschönes Cover von Roger Dean verpasst, das zwei Dachse in einer Schneelandschaft zeigte.
Insgesamt präsentierten Badger auf diesem Debutalbum sechs Songs, sämtlich aus eigener Feder, von denen fünf von der ganzen Band gemeinsam geschrieben worden waren, sowie ein weiterer Titel aus der Feder von Brian Parrish stammte ("The Preacher"). Der Gesamtsound auf diesem Livealbum war sehr ausgewogen, mal dominierte die Gitarre von Brian Parrish, dann wieder die Keyboards, zumeist die Orgel, gespielt von Tony Kaye. Schon der Opener "Wheels Of Fortune" liess aufhorchen, denn der Track war von einer energetischen Dynamik und verfügte sowohl über eine prägnante Grundmelodie, als auch über einen nachhaltigen kompositorischen Anspruch. Dabei klangen Badger jedoch keineswegs kopflastig oder gar an Yes erinnernd, sondern ziemlich forsch und recht rockig. Auch das nachfolgende "Fountain" setzte auf diese Formel, allerdings mit etwas gebremsterem Tempo. "Wind Of Change" erhöhte dann den Dynamikpegel wieder. Auch die restlichen Songs "River", "The Preacher" und das finale "On The Way Home", das als das rockigste und härteste Gitarrenstück des Auftritts in Erscheinung trat, wussten zu überzeugen. Das Besondere an diesen teils exzellenten Stücken dürfte der Umstand gewesen sein, dass alle Songs zuvor nicht als Studioversionen verfügbar waren, sondern von der Band geschrieben und live aufgeführt wurden und auf dieser Live-Platte zum ersten und einzigen Mal veröffentlicht wurden.
Als die Gruppe im Jahr darauf die Möglichkeit erhielt, ein Studioalbum aufzunehmen, hatte sich das Band Line-Up geändert: Auf der Suche nach neuen musikalischen Inspirationen fanden Tony Kaye und Roy Dyke den Ex-Stealers Wheel Gitarristen Paul Pilnick, der David Foster ersetzte. Gleichzeitig wurde Roy Dyke's alter Wegbegleiter Kim Gardner als Bassist verpflichtet. Die Suche nach einem Frontmann und Songwriter endete bei Jackie Lomax aus Liverpool, der sich zuvor mit The Undertakers und als Soloartist auf dem Beatles Label Apple Records verdient gemacht hatte. Lomax transformierte Badger von einer progressiven Rockband zu einer Soul-orientierten Rhythm & Blues-Band und schrieb alle Songs für die zweite LP der Band. Das Album "White Lady" wurde in New Orleans im Tonstudio des renommierten Produzenten Allen Toussaint aufgenommen, jedoch löste sich die Band nach einem Auftritt in der Croydon's Fairfield Hall als Vorgruppe des Electric Light Orchestra auf. Es muss dabei angemerkt werden, dass dieses Studioalbum in keinerlei Hinsicht mit der Qualität und der Dynamik des Debutalbums mithalten konnte. Natürlich war die Musik eine komplett andere als jene, welche Badger live ein Jahr zuvor präsentiert hatte. In qualitativer Hinsicht war es aber eine mittlere Katastrophe, denn auch die von Jackie Lomax geschriebenen Songs konnten in keinster Weise überzeugen.
Nach dieser ernüchternden Erfahrung kehrte Jackie Lomax zurück zu seiner Solokarriere und nahm weitere Alben für Capitol Records und Warner Brothers auf. Als Studiomusiker arbeitete er zusammen mit Rod Stewart auf dessen "Foolish Behaviour"-LP. Roy Dyke fand man an Projekten im Cafe Society zusammen mit Pat Travers und Chris Barber, während Tony Kaye Mitglied nach kurzen Auftritten bei Detective (mit Michael Des Barres) und Badfinger im Jahre 1983 zu Yes zurückkehrte. Paul Pilnick war bei der Gruppe Deaf School und bei Joe Egan aktiv, Kim Gardner wurde Session-Bassist bei der Dwight Twilley Band. "One Live Badger" blieb ein Unikum in der Rockgeschichte: Eine Band veröffentlichte eine denkwürdige Liveplatte eines mitreissenden Konzertauftritts im Vorprogramm einer der herausragendsten Progressive Rock Bands (Yes), um nach einer absolut faden und uninspirierten Studioplatte den Bettel wieder hinzuschmeissen. Auch nicht eben eine alltägliche Geschichte aus den Annalen der Rockgeschichte. "One Live Badger" aber gehört zu den richtig guten Konzertalben der 70er Jahre.
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