Oct 14, 2016


FRANK ZAPPA - Hot Rats (Bizarre Records RS 6356, 1969)

"Hot Rats" war der Titel eines Albums von Frank Zappa, das 1969 veröffentlicht wurde und für den Musiker den endgültigen Durchbruch bedeutet haben dürfte. In Grossbritannien erreichte das Album immerhin die Top 10, was die beste Platzierung eines Zappa Solo-Albums war. In den USA dagegen hielt sich der Erfolg in Grenzen, es reichte dort gerade einmal für den Einstieg in die Billboard 200 Charts. Zappa Alben sind grundsätzlich sehr spezielle Alben. Das gilt auch für "Hot Rats", obwohl Zappa gerade für dieses Album kurzzeitig enttäuscht Abschied von seiner Art Avantgarde nahm. Zappa zeigte sich enttäuscht vom geringen Zuschauerzuspruch für seine avantgardistischen Vorgängeralben und versuchte sich hier in einem, für seine Verhältnisse, relativ eingängigen Album. Heute wird das Album allgemein dem Jazz Rock zugeordnet. Fachleute sind sich nicht ganz einig, ob das im selben Jahr erschienene "Bitches Brew" von Miles Davis das erste Jazz Rock/Jazz-Fusion Album der Geschichte oder doch "Hot Rats" von Frank Zappa war. Egal wie man die Frage letztlich beantwortet: Zappa gilt seit der Veröffentlichung dieses Werks auch als einer der Initiatoren des Jazz-Rock.

"Hot Rats" wurde ein nahezu komplett instrumentales Album, mit Ausnahme des von Don van Vliet (Captain Beefheart) gesungenen Titels "Willie The Pimp", und zugleich war "Hot Rats" ein für Zappa's Verhältnisse erstaunlich eingängig arrangiertes Album. Obwohl er sich oft in langen Improvisationen erging, verzichtete Zappa weitestgehend auf die patchworkartigen Collagen und 'Musique Concrete' Elemente, mit denen er zuvor ausgiebig experimentierte. Nicht unwichtig ist ausserdem, dass Frank Zappa auf "Hot Rats" auf die damals neueste Studiotechnologie setzte. Das war zu der Zeit beispielsweise eine 16-Spur Tonband Maschine, die ihm enorme Möglichkeiten zu Soundspielereien und ausgefeilten Arrangements eröffnete. "Hot Rats" wurde als Soloalbum von Frank Zappa veröffentlicht. Vor dem Erscheinen der LP hatte er seine langjährige Band The Mothers Of Invention aufgelöst. Trotzdem spielte auf dem Album mit Ian Underwood (Klavier, Pipe Organ/Organus Maximus, Flöte, Klarinetten, Saxophone) einer seiner alten Wegbegleiter mit. Mit dabei waren ausserdem Captain Beefheart (Gesang), Don Sugarcane Harris (Violine), Jean-Luc Ponty (Violine), die Schlagzeuger John Guerin, Paul Humphrey und Ron Selico sowie die Bassisten Max Bennett und Shuggy Otis. Interessant war das Mirwirken von Shuggy Otis, dem Sohn des berühmten Bluesmusikers Johnny Otis. Den jungen und sehr talentierten Musiker hatte Frank Zappa als eine Art Bandleader ins Boot geholt und über Johnny Otis kam der Kontakt zu Shuggy, aber auch zu Don Sugarcane Harris, zustande.


Das Album "Hot Rats" bot einige der bis heute bekanntesten und stärksten musikalischen Momente aus dem riesigen Oeuvre von Frank Zappa. Das verstörende "Peaches En Regalia" wirkte wie eine kurze Ouvertüre: Zappa packte die Möglichkeiten damals verfügbarer Technik in den Song und präsentierte ein dichtes Arrangement zwischen Jazz-Rock und Prog Rock. Der Song gehört längst zu den grossen Klassikern im nicht gerade kleinen Zappa Katalog. Das bereits erwähnte und von Captain Beefheart gesungene "Willie The Pimp" war der einzige nicht rein instrumentale Song des Albums. Wie "Peaches En Regalia" gehört "Willie The Pimp" heute zu den bekanntesten Zappa Songs. Der Song erzählte vom Zuhälter Willie, der seine Frauen feilbietet. Ein bissiger und gleichzeitig witziger Song. Musikalisch bot Zappa hier einen bunten Strauss aus Riff Rock, klassisch anmutenden Jazz-Basslines, bluesigen Violinparts, kratzigen Scatparts von Captain Beefheart sowie einen ausgiebigen Solopart des Meisters himself. "Son Of Mr. Green Genes" war als Fortsetzung des Songs "Mr. Green Genes" vom Album "Uncle Meat" gedacht. Wieder ein Song mit einem üppigen jazz-rockigen Arrangement, dazu gab es wieder ausgiebige und recht rockige Soloparts des Meisters an der Gitarre.

Das Stück "Little Umbrellas" geriet noch klarer strukturiert, paradoxerweise war dieser Song aber recht komplex aufgebaut. Es hjandelte sich dabei wiederum um so einen Song, der zwischen Jazz-Rock und Prog-Rock gekonnt tänzelte. Kernstück des Albums "Hot Rats" war das überlange  "The Gumbo Variations". Dieser Jam Titel lief über 16 Minuten. Zu relaxten Basslines gab es viele improvisiert wirkende Solobeiträge. Hier durften sich neben dem Meister selbst auch der Saxophonist Ian Underwood, der Violinist Don Sugarcane Harris sowie in kleinerem Mass auch der Schlagzeuger und der Bassist einbringen. Die "Gumbo Variations" stellten zeitgemässe Jazz Rock-Kunst dar, die damals durchaus als extrem innovativ und anspruchsvoll angesehen werden durften. Mit heutigen Ellen gemessen ist es einfach ein extrem spannender Jam, der alles sein kann, nur nicht langweilig. In langen Jams wie diesem bewies Frank Zappa immer wieder, dass er auch ein begnadeter Improvisator sein konnte, der sich weit hinauslehnen, aber immer wieder zum Kernpunkt seiner Stücke zurückkehren konnte, ohne der simplen Wiederholung zu verfallen.

"It Must Be A Camel" war ein weiterer, allerdings wieder recht kurzer Song. Der Titel war wiederum komplex aufgebaut und, im direkten Vergleich etwa zu "Little Umbrellas", nicht ganz so eingängig, faszinierte aber mit der Dichtheit der kompositorischen Fülle. Das war wieder ganz der Avantgardist Zappa, der es immer wieder schaffte, in relativ kurze Songs eine unmöglich scheinende Fülle an Spielereien und kleinen Arrangement-Kunststücken einzubauen, miteinander zu verflechten,dass man manchmal beim anhören meinte, das eben gehörte Stück müsste mindestens 10 Minuten lang gewesen sein, dabei war nach der Hälfte der Zeit bereits alles vorbei. Frank Zappa gelang mit "Hot Rats" eine wunderbare Synthese von Jazz und Rock und ganz nebenbei lieferte er hier auch noch einige seiner besten und schönsten Gitarren Soli ab.

Der geniale Musiker legte mit "Hot Rats" einen
Meilenstein der modernen Rockmusik vor, der so klingt, als würde man ein Gemälde betrachten und je länger man es betrachtet, desto mehr kleine und sehr filigrane Einzelheiten lassen sich erkennen, sodass es immer vollständiger und zusammenhängender wirkt. Ob es dazu dann das erste Jazz Rock Album der Geschichte ist oder nicht, erscheint dabei fast schon nebensächlich. Im Erscheinungsjahr war es zweifellos etwas relativ Neues und Zappa kann man damit getrost auch als Pionier des Jazz Rock (und vielleicht sogar des Prog) bezeichnen. Was er auf der Platte "Hot Rats" als Komponist vorlegte, hatte eine spezielle Klasse. Und er bewies bei der Auswahl der ins Studio bestellten Musiker ein mehr als gutes Händchen. Den guten Ruf und nachhaltigen Erfolg des Albums dürfte vor allem Zappa's Zugeständnis an den Hörer ausgemacht haben. Auf seine Art blieb "Hot Rats" daher bis heute, wenngleich mit ein paar Längen versehen, einer der besten Zugänge ins nicht immer einfach zu verstehende Zappa Universum.





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