TOM SCOTT - Apple Juice (Columbia Records FC 37419, 1981)
Mit einer traumhaften Spitzen-Crew hervorragender Jazz- und Fusionmusiker spielte der Saxophonist Tom Scott vom 15. bis 17. Januar 1981 im Bottom Lione Club in New York drei Konzerte, die live mitgeschnitten wurden. Die besten Performances dieser drei Abende wurden für das Live-Album "Apple Juice" ausgewählt, das im Frühling desselben Jahres erschien. Tom Scott zeigte darauf seine typische Vorstellung von jazziger Musik: Einerseits schrappte der Musiker manchmal nur knapp an der Popmusik vorbei, auf der anderen Seite erhielt seine Musik oft genau deswegen diesen leichten, flüssigen und mitunter recht eleganten Touch, der einen unwillkürlich an das gemütliche cruisen in einem Cabrio entlang der Westküste erinnerte. Mit Tom Scott's stilistischer Art eines schon fast als Easy Listening Jazz zu bezeichnendem Spiel konnten auch Popfans oder Hörer, denen ansonsten das Verständnis für die Jazzmusik fehlte, eigentlich fast immer etwas anfangen. Er spielte stets mitdem richtigen Quentchen Funk, dem nötigen Jazzanteil und wirkte dabei stets der leichtverdaulichen Popkost ebenfalls nicht abgeneigt. Ganz im Gegensatz etwa zum Gitarristen Lee Ritenour, der gelegentlich schon arg an der Grenze zur beinahe belanglosen Unterhaltungsmusik stand, gelang Tom Scott stets die perfekte Verbindung zwischen Anspruch und Unterhaltung. Scott setzte sein Saxophon oft als eine Art Gesangsersatz ein, wodurch seine gespielten Saxophon-Melodien oftmals wie eine Gesangslinie wirkten.
An diesen drei Abenden spielte Tom Scott mit einer aussergewöhnlich prominenten Begleittruppe, die sich allesamt längst einen individuellen Namen als Topcracks nicht nur in der Jazzszene gemacht hatte. So waren zum Beispiel mit dem Keyboarder Richard Tee und dem Schlagzeuger Steve Gadd zwei aktuelle Bandmitglieder der Gruppe STUFF mit dabei, der hervorragende Funkjazz-Bassist Marcus Miller steuerte hervorragende Basslinien bei, die Gitarristen Eric Gale (Jazz) und Hugh McCracken (Rock) vereinten die typischen Sounds des Jazz und des Rock und beim Titel "So White And So Funky" wirkte Dr. John als Gastsänger mit. Der Perkussionist Ralph MacDonald rundete das achtköpfige Line-up ab.
Der als Tom Wright Scott am 19. Mai 1948 in Los Angeles geborene Allrounder ist als Komponist, Arrangeur, Produzent, musikalischer Direktor und Saxophonist tätig. Er ist unter anderem mit den Filmmusiken zu den Filmen 'Starsky & Hutch', 'Der Volltreffer', 'Die Strassen von San Francisco' und 'Cannon' bekannt geworden. Scott spielte bereits als Schüler in einer Jazz-Band. Im Alter von 20 Jahren veröffentlichte Tom Scott sein erstes Album "Honeysuckle Breeze". Es folgte die Gründung der sehrerfolgreichen Gruppe L.A. Express, mit welcher er die beiden Alben "Tom Scott & The L.A. Express" und "Tom Cat" sogar in die amerikanischen Charts bringen konnte. Im Laufe der Jahre komponierte er erfolgreich Filmmusiken, spielte aber auch als Studio- und Sessionmusiker bei berühmten Künstlern und Bands mit, so etwa bei Joni Mitchell, den Blues Brothers, Whitney Houston, Barbra Streisand, George Harrison, Eddie Money, Carole King, Steely Dan, Quincy Jones oder Frank Sinatra.
Die Musik von Tom Scott ist letztlich von vielen Musikrichtungen beeinflusst. Seine Musik und die ursprünglich eher im Fusion-Bereich angesiedelte und permanent weiterentwickelte Spielweise geht auf John Coltrane und Gerry Mulligan zurück, es werden aber auch Elemente aus der indischen Musik und der Popmusik verwendet. Seinen typischen Stil kann man vielleicht am ehesten mit Easy Listening, aber auch mit Crossover bezeichnen, je nachdem, in welche musikalische Richtung seine Projekte und die Wahl der beteiligten Mitmusiker pendelten. Tom Scott's Musik wirkt dabei aber immer sehr elegant, wird oft auch als etwas zu glatt und sanft empfunden. Gerade auf "Apple Juice" jedoch erzeugen seine eher atmosphärischen und sanften Songs eine eigentümlich romantische Grundstimmung, nachzuhören etwa auf "We Belong Together" oder dem sehr schönen "In My Dreams". Zum Highlight des Konzerts geriet hier das finale, fast 10 Minuten lange "Instant Relief", bei welchem die Musiker Einzel-Solobeiträge präsentierten, bei welchen sie sich zwar entsprechend in Szene setzen konnten, jedoch niemals zu abgehoben wirkten, alles blieb stets im Fluss und so behielt auch dieser tolle Jam von Anfang bis zum Ende diese angenehm leichte Feeling, das weder verkopft, noch zu bieder wirkt.
Als Studiomusiker spielte Tom Scott ausserdem bei der Gruppe Spyro Gyra und bei Tony Williams mit. Mit seiner Gruppe L. A. Express war er Bestandteil der Jazzrock-Bewegung, die ab Mitte der 70er Jahre ziemlich grosse Popularität erlangte. Drei seiner Alben erhielten seit 1975 einen Grammy. Tom Scott ist nachwievor sehr aktiv, als weitere Platten empfehle ich vor allem die beiden erwähnten Alben mit seiner Band L.A. Express von 1973 und 1974, sowie die späteren Werke "New York Connection" (1975), "Blow It Out" (1977) und "Target" (1983). Ausserdem wurden Teile seiner Musik als Samples von Dutzenden Musikern und Bands verwendet, so etwa von 2Pac, Madonna, Bruno Mars, Snoop Dogg, Massive Attack, dem Wu-Tang Clan, N.W.A. und den Chemical Brothers.
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