PSYCHEFUNKAPUS - Skin (Atlantic Records 7 82331-2, 1991)
Nun ja, das sind so diese Zungenbrecher-Bandnamen, die sich wohl kaum einer merken kann. Die Band Psychefunkapus lief mir erstmals über den Weg, als ihr Debutalbum im Jahre 1990 erschien. Das war so eine wilde, funkig rockige Scheibe, die vielleicht den Funk von George Clinton und den Rock von Mother's Finest verbinden wollte. Ein Album jedenfalls, das man eigentlich nicht in der Sammlung brauchte, als In-DJ aber einfach haben musste, weil da dieses unwiderstehliche Funkrock-Feuerwerk "We Are the Young" drauf war. Und mit dem Song riss ich damals regelmässig die Kids aus den Knautsch-Ecken auf die Tanzfläche.
Aus den Socken haute mich dann allerdings das zweite und leider letzte Album der Band, betitelt "Skin", nur knapp ein Jahr später erschienen. Das Album ist ein Meilenstein in Sachen gutem Stil-Mix. Hier geht ein Feuer ab, das ist einfach grossartig. Nach vielen Jahren habe ich mir diese CD nun wieder mal aufgelegt und ich bin noch immer gleichermassen fasziniert wie damals, als ich das Ding gekauft hatte. Einige der Songs sind totale Highlights:
Evol Ving
Was für ein Einsteiger! Ein kerniges Bluesrock-Brett der harten Sorte mit einem von der ersten Sekunde an vorwärts preschenden messerscharfen Gitarrensolo und einer kernigen, absolut taffen Rhythm Section. Man riecht den Funk, der Bass ist hart und gemein angeschlagen, die Drums gespielt, als würde das Drum-Set aus höchstens 4 Teilen bestehen. Ein Hammer, wenn man stattdessen bei dieser Band als Einstieg einen Funktitel erwartet hätte. Ein Kritiker schreibt über den Song: "Evol Ving" is still one of the coolest songs I've ever heard, and it was one of those that appeared on many a mix tape, always prompting the listener to say, "Who the hell is this?". With a killer bass line, some amazing funk-rock style guitar and powered drums, it is nothing if not unique. The 6-minute song stops several times, just when you think it's over, only to take off again. There's an entire section where the singer just gasps and moans almost orgasmically. It builds and drops, finally getting mellow. And it builds again, sort of a cross between Primus and Nine Inch Nails and Spacemen 3 and some hardcore band and half a dozen other things, it's so much fun."
New Beginning
Da ist er wieder: Der hardrockige Funk, wie ihn Mother's Finest mal ganz am Anfang gespielt haben. Nur mit dem Unterschied, dass der hier immer "stillzustehen" droht, so abgehackt funkig kommt der daher. Nix mit fliessendem Sound, stoisch harter Funk, wie von Joe Farrell (zu "Canned Funk" Zeiten) gespielt. Really tough!
Surfin' on Jupiter
Ja heiliger Bimbam: Ein waschechter Surf-Knaller, funk-rotzig heruntergedrescht und Surf-Legende Dick Dale an der Leadgitarre. Das kracht so mächtig, dass deswegen wohl mal Ebbe und Flut entstanden sind: Das Wasser erschrak dermassen über diese Wuchtbrumme, dass es sich erschreckt zurückzog und nun ab und zu wiederkommt um zu sehen, ob dieser Dampfhammer schon weg ist: The Perfect Wave - denn man geht ja auch mit 'nem Brett da raus, und nicht mit Schwimmflügelchen, gell ? Dagegen wirken die Beach Boys wie für's Babybecken im Plansch-Pool.
Autumn Leaves
Dieser Versuch klappt bei den meisten anderen Bands leider nie so richtig: Funk goes Pop. Hier wird allerdings nicht mit den Charts geliebäugelt, sondern eher mit dem Sound von Phish, Primus und Co. Die ganze Grundmelodie ist auf 7ner-Tönen aufgebaut, das gibt dem Song diese immer leicht erhabene Steely Dan-jazzy Note, die ich einfach unwiderstehlich finde. Der Refrain dann ziemlich billig unterhaltend, aber doch immer interessant, auf dur-Akkorden gespielt. Im nächsten Moment dann wieder diese 7ner-Griffe. Unspektakulär, aber sehr angenehm.
Hillbilly Happy Smash
Ein echter Plattler! Da wird auf die Oberschenkel gehauen, und sonst passiert fast eine Minute mal einfach gar nüscht. Danach mündet Oberbayern aber in einen waschechten Rockabilly-Rumpler. Mach mir den Brian Setzer! Das ist voll abgefahren. Da kommt zum knochenharten Funkbass noch ein Banjo hinzu. Was für eine Mischung. Ne Du, das ist wirklich starker Tobak.
Banana Slug King
Eine grossartige, 8-minütige Nummer, die Pink Floyd-ähnlich sphärisch beginnt, und in einem sehr stimmungsvollen Chor wächst, bis – tja – bis wieder dieser unausweichliche Bass einsetzt. Der macht aus Pink Floyd-Sphärik dann innert Sekunden wieder ein Funkrock-Brett, das diesmal stark an „One Nation under A Groove“ von Funkadelic erinnert. Nur diese Härte: Die hat auch George Clinton’s Truppe nicht gebracht. Das ist vielleicht schon fast Hardrock – allerdings ohne die obligaten Marshall-Türme. Dazu dann voll psychedelische Lyrics, die stark an die Faszination von „Alice im Wunderland“ erinnert: "He's the Banana Slug King, and he's like that too…Enie meanie minie moe, catch a dreamer by the toe, touch my slime and then you'll see, you're on your way boy, stick with me." Tüten ins Gesicht, meine Herren, hier werden Sie gedröhnt!
Alles in allem ist „Skin“ ein starkes Album. Warum das ? Nun ja, es passieren Dinge auf diesem Album, die man anderswo wirklich nicht in derartiger Vielfalt vorfindet. Es ist schon auch erstaunlich, zu welch phantastischer Entwicklung die Band im Vergleich zum Erstlingsalbum – das nicht wirklich umwerfend ist - fähig war, und daraus trotzdem langfristig kein Kapital schlagen konnte. Sicherlich war auch die übergrosse Atlantic als veröffentlichende Plattenfirma daran schuld, dass die Band nicht den Zuspruch erhielt, den sie eigentlich verdient gehabt hätte. Erstaunlich ist dann auch die ellenlange Liste an Bands, mit denen Psychefunkapus und speziell ihr zweites Album „Skin“ immer wieder verglichen wurde: Spin Doctors, Red Hot Chilli Peppers, Primus, Ned’s Atomic Dustbin, Fishbone usw. Vielleicht wollten sie aber auch einfach zuviel.
Ich persönlich kenne all diese Bands mehr oder weniger gut – eher weniger. Mir fallen eher Bands ein wie Parliament, Mothers Finest oder die funk-jazzigen Joe Farrell und Herbie Mann. Aber eben: Fett rockend, das Ganze. Wirklich eigenständig, sprottentrocken und atemberaubend rhythmisch. Wer die CD irgendwann mal auf ebay oder im Flohmarkt-Kistchen erspäht: Hier darf man zulangen ohne Reue. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass die Scheibe von Genie Jerry Harrison produziert wurde (er spielt auch Keyboards), und neben Surf-Legende Dick Dale auch Bernie Worrell an der Hammond B-3 (von Parliament und Funkadelic - voilà: so klein ist die Welt!!) und Ray Martinez (den man von Platten von Robert Plant, Big Joe Williams und als Producer kennt) mitmischten.
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